Der Kampf mit der Hose

Passend zum nachweihnachtlichten “Völlegefühl” hier ein Artikel aus dem letzten Magazin.

Bei der Firmenbezeichnung steht „medizinische fitness“ gleich dabei. Alle Vorurteile über Muckibuden und Fitnesstempel, in die hauptsächlich Menschen kommen, um sich und ihre Astralkörper zu zeigen, werden damit vom Start weg ausgeräumt. So sieht es zumindest das Konzept im Tegernseer „medius“ vor. Die beiden Geschäftsführer sind in der Branche äußerst umtriebig und haben sich mittlerweile ein kleines Fitness-Imperium aufgebaut.

Depressionen behandeln statt Muskelmassen aufbauen

Was ihr Konzept von normalen Fitnessstudios unterscheidet, merkt man schon beim Besuch der Homepage. Da wird nicht von Schönheit und Muskelpaketen gesprochen, sondern von Sport zur Behandlung von Depressionen. Von Angeboten zur Vorbeugung von Rückenschmerzen und zum gesunden Abnehmen.

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Sowohl in Tegernsee als auch in Schliersee haben die medius-Gründer Niederlassungen. Dazu noch ein Beratungs- und Analyseunternehmen für Sportwissenschaften und zu guter Letzt noch den Minigolfplatz im Tegernseer Kurpark. Sport, Gesundheit, Fitness und Freizeit. Ein Geschäftsfeld, in dem wohl viele gerne arbeiten würden.

Ist ein Fitnessstudio für mich das Richtige?

Wenn die meisten Kunden ankommen, wollen sie am liebsten sofort loslegen. Und am besten alles auf einmal: abnehmen, Muskel aufbauen und fit werden. Das Ganze natürlich mit möglichst wenig Aufwand. Wenn man schon einmal den inneren Schweinehund überwunden und sich ins Fitnessstudio geschleppt hat, soll es bitte auch schnell gehen mit dem Erfolg und der Traumfigur.

Die Realität sieht dagegen für Andrea schweißtreibend aus. Der Kurs zum „Gesund Abnehmen“ steht heute auf dem Programm. Dreimal pro Woche zwei Stunden, Aqua-Gymnastik im Badepark Bad Wiessee, Joga- und Pilateskurse, Wirbelsäulengymnastik und Training an den Geräten. Alle Teilnehmer haben vor Beginn des Kurses einige Tests zu absolvieren. So werden Fett- und Blutwerte sowie der Stoffwechsel und der persönliche Energiebedarf ermittelt. Dann heißt es Trainieren und auf die richtige Ernährung achten.

Und erstmal geht das Gewicht hoch

Das gilt auch für Andrea. Die 35-Jährige hat sich für den Abnehmkurs eingetragen und wie die meisten anderen Teilnehmer auch große Ziele und klare Vorsätze: Die Lieblingshose soll wieder passen, etwas fitter werden wäre auch nicht schlecht, und beim Thema „Bauch-Beine-Po“ wird Andrea sowieso gleich hellhörig.

Anstatt direkt auf die Couch geht die Rottacherin seit einigen Wochen regelmäßig nach der Arbeit ins Fitnessstudio. Den ersten Durchhänger hatte sie nach etwa zwei Wochen: Anstatt weniger hat sie erst mal mehr gewogen.

Die Trainer kennen das Phänomen. So geht es vielen, wenn sie nach jahrelanger Sportabstinenz das erste Mal wieder aktiv werden. Anstatt Fett abzubauen, baut der Körper zuerst Muskelgewebe auf. Der Fettabbau kommt dann im nächsten Schritt. Leider.

Die sichtbaren Erfolgserlebnisse kommen bei manchen erst nach vielen Wochen regelmäßigen Trainings. Man spürt zwar schnell, dass man sich wieder gesünder und fitter fühlt, aber die Waage zeigt nichts an, und im Spiegel tut sich auch nichts. Da hilft nur Geduld und eben Durchhaltevermögen.

Die absolute Traumfigur ist für die Trainer auch viel weniger das Ziel als für die Kunden. Und trotzdem kann man es sich auch bei medius nicht verkneifen, auf der Homepage mit den Abnehmerfolgen der Kunden zu werben: „Gisela, 54 Jahre, 10 kg in 4 Monaten“ oder „Marc, 34 Jahre, 30 kg! in 5 Monaten“ steht dort dann zu lesen. Das ist dann wohl einfach Marketing – medizinische Fitness hin oder her.

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