Der lange Weg zum Tegernseer Feuerwehrhaus

Es sollte nur um die Kubatur des neuen Feuerwehrhauses gehen. Doch die weit über einstündige Diskussion im Tegernseer Stadtrat vor dicht besetzten Zuschauerreihen offenbarte zwei Lager: die Traditionalisten und die Erneuerer. Am Ende gab es gestern Abend ein klares Votum.

Die Skizze zeigt das „L-förmige“ Feuerwehrgebäude. Auf den kurzen Trakt in Nord-Süd-Richtung soll nun eine weiteres Gebäude für Wohnungen mit Satteldach errichtet werden / Quelle: Architektin Claudia Schreiber

Nur eines war zu Sitzungsbeginn bereits beschlossene Sache: Der L-förmige Neubau in Ost-West-Richtung sollte in zwei Obergeschossen bis zu sieben Wohnungen bekommen. Die Kosten dafür würden von der Münchner Architektin Claudia Schreiber auf knapp 10 Millionen Euro kalkuliert. Offen war bis gestern, ob der Aufsatz auf den Feuerwehrgaragen stufenförmig mit Terrassen und Flachdächern, die auch begrünt werden könnten, konzipiert werden soll oder ein zweistöckiger Riegel mit Satteldach auf dem kurzen Teil des „L“ in Nord-Süd-Richtung.

Mit „diesem Haus auf dem sechs Meter hohen Feuerwehrgebäude würde ein langer Baukörper entstehen“, urteilte Schreiber. In der Praxis wären es zwei Häuser aufeinander. Auf die Leinwand im Ratssaal projektierte sie auch einen „Holzbau auf dem Sockel, damit es anders aussieht“. Damit „stülpe man einen Hut“ über den Zweckbau. Das sei „deutlich eine andere Dimension“.

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Grundsätzlich seien die beiden Bautypen zwei völlig verschiedene. Da sei der stufenförmige Aufsatz und als Gegensatz der Riegel, den man allerdings nicht als für am Tegernsee typisches Landhaus gestalten könne. Denn mit dem riesigen Sockel stehe das Haus auf dem Haus „immer irgendwo oben“. Wenn sich der Stadtrat dafür ausspreche werde eine Lösung schwierig, so Schreiber, „aber wir werden sie lösen“.

„Keine Schildbürgerstreiche“

Schwierig war auch die Meinungsbildung am Ratstisch. Während Norbert Schußmann (CSU) noch „im Dilemma“ war, denn jeder Entwurf habe etwas „Stimmiges“, sprach sich Thomas Mandl (SPD) gegen den Riegel mit Satteldach aus. Denn schließlich wolle man etwas „Schönes“ bauen und nicht etwas „Zusammengewürfeltes“. Bei ihm „provoziere“ die Satteldachlösung „Achselzucken“. Das sei „nichts Halbes und nichts Ganzes“. Für ihn aber gehe es um die Wohnqualität und eine ästhetische Lösung. Daher „plädiere er sehr stark“ für die terrassenförmige Pyramidenlösung. „Das ist harmonisch“. Unterstützung bekam Mandl von seinem Tischnachbarn. Auch für Heino von Hammerstein (Bürgerliste) wären es zwei verschiedene Haustypen. „Bloß keine Schildbürgerstreiche“. Er könne sich „nicht vorstellen, dass das zusammenpasst“. Das sehe doch „hässlich“ aus.

Anders sah dies Fraktionskollege Florian Kohler. Für ihn sei das Satteldach ein „Stilelement mit einer starken technischen Eigenschaft“. Zumal es mit Überständen die Fassade schützen würde, was bei einem terrassenförmigen Flachdach nicht gegeben sei. Diese seien „immer undicht“, so Andreas Obermüller (FWG), bei „diesen Schneemassen stelle sich die Frage, wann es erstmals undicht wird“. Wenn auch ein Flachdach für Nachbarn und die Abstandsflächen „optimal“ wäre. Er sei nicht für ein modernes Gebäude, sondern für eines, das man auch „grundsätzlich bemalen“ könne, ähnlich dem alten Feuerwehrhaus. „Ein Tiroler Kitsch“ sollte es aber nicht werden, so Obermüller.

Peter Schiffmann (FWG) plädierte dafür „endlich weiterzukommen“, denn sonst würde ein neuer Stadtrat im März nächsten Jahres „wieder ganz von vorne anfangen“. Dann dauere das Vorhaben „weitere vier Jahre“. Für ihn würde das Terrassenförmige besser nach Beverly Hills in Kalifornien passen. Für ihn komme der Satteldachriegel in Frage. Hier bestehe die „große Kunst, ihn verträglich zu gestalten“. Auch Martina Niggl-Fisser (Bürgerliste) kann sich auf dem Garagenbau besser „ein konventionelles Haus darauf vorstellen“.

Pyramide für Beverly Hills

Ganz klar sei die Pyramidendarstellung die in sich schlüssigste, meinte Rudolf Gritsch (CSU), „aber die passt nicht hierher“. Das sei für ihn ein „No-Go“. Dass es auch anders gehe, habe das Herzogliche Brauhaus mit seinem Neubau bewiesen. Dort sei es in „hervorragender Weise geschafft“ worden, „klassische Dachformen mit riesigen Toren und großen Fenstern zu verbinden, damit das Ganze eine Einheit wird“. Dies gehe ihm bei den vorgelegten Varianten „komplett ab“. Markus Scherr (CSU) fand ein Wohnhaus auf den Garagen „durchaus ortsüblich“. Für Anton Lengmüller (FWG) „passt die Terrassenbauweise nicht an den Tegernsee. „Der Ärger ist vorprogrammiert“. Andrea Köstler (FWG) warb dafür, „nicht ewig rumzueiern“. Sie sei keinesfalls für ein Flachdach. So sah es auch Florian Widmann (CSU). „Das geht dort überhaupt nicht“. Am Ende der Diskussion war dann auch Norbert Schußmann (CSU) vom Riegel in Nord-Süd-Richtung überzeugt. Mit dieser Kubatur könne das Gebäude „schön in die Umgebung eingebunden werden“.

Die Architektin wurde gefragt, welchem Gebäude sie den Vorzug geben würde. „Aus städtebaulicher Sicht bin ich für die Pyramide“. Aber wenn man ihrem Büro den Riegel als Aufgabe stelle, „werden wir diese lösen“, so Schreiber. Zum Schluss der Diskussion hatte sich auch Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) entschieden. Für ihn „füge sich die Nord-Süd-Achse mit dem Riegel besser ein“. Schön sei immer „subjektiv“, wie diese „gute Diskussion gezeigt“ habe.

Da sich eine Mehrheit von 12:4 Stimmen für den Nord-Süd-Entwurf mit Satteldach ausgesprochen hatte, wurde Architektin Schreiber mit Vorschlägen zu Dachformen und Fassaden beauftragt. Noch aber gibt es eine Ausstiegsmöglichkeit, wie Hagn auch deutlich machte: „Es zwingt uns niemand mit vorgehaltener Pistole, diesen Schritt auch weiter zu gehen, wenn wir später der Ansicht sind, dass die Mehrheitsentscheidung ein falscher Weg war. Dann gehen wir ihn wieder zurück“.

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