Der Mausklick als Dolchstoß?

Am 31. Januar schließt Brigitte Wolski ihre Buchhandlung in der Rosenstraße. Kein leichter Schritt – weder für sie, noch für die Kunden. Schuld ist die Online-Konkurrenz. Und auch andere Buchhändler aus dem Tal spüren die Bedrohung durch Amazon & Co.

Nach 20 Jahren schließt Brigitte Wolski in Kürze die Ludwig-Thoma Buchhandlung in Tegernsee.
Nach 20 Jahren schließt Brigitte Wolski in Kürze die Ludwig-Thoma-Buchhandlung in Tegernsee.

Noch herrscht reges Treiben in der Ludwig-Thoma-Buchhandlung in Tegernsee. Brigitte Wolski begrüßt alle ihre Kunden freundlich mit ihrem Namen. Man kennt sich. Ein Kunde kommt auf sie zu: „Hab es schon gehört, tut mir leid zu hören.“ Frau Wolski lächelt sanft: „Ja, es ist für uns alle nicht einfach.“ Der Abschied von ihrer Buchhandlung fällt ihr sichtlich schwer.

Seit 1994 verkauft Wolski nun Bücher am Tegernsee. Acht Jahre lang besaß sie eine Filiale im Bahnhofsgebiet. Als es zu Differenzen mit den Vermietern kam, eröffnete sie schließlich ihren Laden in der Rosenstraße. Doch nun wird es Zeit zu gehen. Am 31. Dezember wird Wolski zum letzten Mal die Ladentür ins Schloss fallen lassen.

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„Es war der Arbeitsplatz meines Lebens“

Mit ihren 66 Jahren bleibt Wolski nichts anderes übrig, als das Geschäft zu schließen. Auch der Mietvertrag sei ausgelaufen. So gerne sie den Betrieb aufrecht erhalten hätte, ein Nachfolger war nicht zu finden. Zwar hatte sie sogar drei potentielle Nachfolger im Auge gehabt, doch keiner von ihnen habe sich getraut, das Geschäft zu übernehmen. Schließlich seien die Zukunftsperspektiven für Printmedien und kleine Läden äußerst schwierig.

„Es gab nie tolle Gewinne, aber es hat immer funktioniert“, gibt Wolski zu. Die Lieferung an Schulen und das Goethe-Institut waren immer eine große Stütze für die Buchhandlung. Dennoch weiß die 66-Jährige, dass sich eine Buchhandlung in dieser Größenordnung kaum mehr halten könne. „Die Online-Konkurrenz ist ein großes Problem.“

Die „Bedrohung“ aus dem Netz

Anbieter wie Amazon sind eine große Bedrohung für traditionelle Familienbetriebe und kleine Läden. Durch die Netz-Konkurrenz ist der „Laden um die Ecke“ vom Aussterben bedroht. Immer mehr Leute entscheiden sich für den bequemeren Weg. Sie wählen ihre Weihnachtsschmöker per Mausklick oder greifen zum E-Book, wie Wolski betont:

Irgendwann werden das Tal und die Innenstädte daran veröden. Es gibt jetzt schon immer weniger Vielfalt an kleinen Läden.

Nicht nur für Wolski war der wachsende Wettbewerb mit dem riesigen Online-Anbieter deutlich spürbar. Auch Heidi Hummelberger, die Inhaberin des seit 1903 bestehenden Familienbetriebs aus Holzkirchen, und Gerhild Ilmberger, Inhaberin der Wiesseer Buchhandlung Ilmberger, sind sich der Problematik bewusst. „Es ist eine Gefahr für den Einzelhandel“, so Hummelberger. So sei es bereits vorgekommen, dass Kunden zwar die persönliche Beratung in Anspruch nahmen, sich jedoch am Ende entschlossen, das Buch bei Amazon zu bestellen.

Gerhild Ilmberger (zweite von rechts) in ihrem Wiesseer Buchladen.
Gerhild Ilmberger (zweite von rechts) in ihrem Wiesseer Buchladen.

Insbesondere der Blick in die Zukunft ist besorgniserregend. Natürlich gebe es nach wie vor Kunden, die eine echte Buchhandlung dem virtuellen Shop vorzögen. Noch sei das Problem also nicht akut. Doch es sind vor allem ältere Kunden und Stammkunden, die durch die Regale schlendern. Die Jüngeren hingegen klicken sich lediglich durch das Angebot im Netz. Die Folge ist für Hummelberger klar:

Die alten Kunden fallen mit der Zeit weg – der neue Kunde wächst nicht nach.

Somit könnte es im Laufe der Zeit Vielen so ergehen wie Frau Wolski, deren Suche nach einen Nachfolger vergeblich blieb. „Ich muss zugeben, ich würde mich als junge Person auch nicht trauen, eine Buchhandlung zu übernehmen“, sagt Hummelberger. Doch sie und Ilmberger wollen der Entwicklung entgegentreten: Beide Betriebe haben bereits einen Online-Shop eingerichtet. Die privaten Buchhändler setzen insbesondere auf einen Vorteil, den die virtuellen Shops niemals bieten können: der persönliche Kontakt und die individuelle Beratung.

Während die Kommunikation heutzutage immer mehr verarme, tausche man sich laut Ilmberger im Geschäft immer noch persönlich von Verkäufer zu Kunde und auch von Kunde zu Kunde aus. Auch Wolski weiß: „Wir in den kleinen Läden kennen unsere Kunden und wissen genau, was ihnen gefallen könnte.“ Wehmütig gibt sie zu, dass dies wohl eines der Dinge war, die sie am meisten an ihrem Beruf geliebt habe:

Die Leute! Ständig neue Anregungen, neue Welten. Das war immer schön.

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