Der “neue Alltag” beginnt im Klassenzimmer

Was ist noch normal? Nichts! Die Herausforderung ist, wenigstens etwas Alltag und Struktur in das Leben zu bringen. Das gilt umso mehr für die vielen Jugendlichen und Kinder, die dem Krieg in der Ukraine entfliehen konnten und nun bei uns im Tegernseer Tal eine Zuflucht gefunden haben. Das heißt auch zurück in die Schule.

Die Schulen im Tegernseer Tal sehen sich gut gerüstet für die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus der Ukraine – doch viele Herausforderungen bleiben

Millionen Menschen fliehen vor Putins Angriffskrieg in der Ukraine. Mehrere Hundert Menschen sind in den letzten Wochen bei Ihrer Flucht vor dem Krieg daheim in unseren Landkreis gelandet. Über ein Drittel von Ihnen sind Kinder und Jugendliche. Die jungen Menschen wurden, ebenso überraschend wie alle Menschen in der Ukraine aus ihrem normalen Alltagsleben gerissen. Zwischen Instagram, Sport, TikTok, Hobbys und Chillen zieht das natürlich auch den regelmäßigen Schulbesuch ein.

Herausforderung für Schüler und Schulen

Was – wenn man in einem Land landet, dessen Sprache man nicht spricht, dessen Lehrpläne man nicht kennt und wo fast alle Mitschüler Fremde sind? Ähnliche Unsicherheit gilt auch für die Schulen und die Schüler im Tegernseer Tal. Wie kann man diese Menschen, die so schreckliche Erlebnisse hinter sich haben, richtig in Empfang nehmen und begleiten? Zurzeit betreten alle Beteiligten Neuland. Wie gelingt das? Wir haben in den Schulen nachgefragt.

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Zuerst in der Rottacher Grund- und Mittelschule. Dort kamen die ersten „offiziellen“ Flüchtlinge aus der Ukraine vor rund zwei Wochen an. Bis zur letzten Woche lagen laut Angabe von Ulrich Throner, dem Rektor, schon zwölf “Beschulungsanfragen“ vor. Der Rektor erklärt:

Der Großteil sind Grundschulkinder, die wir überwiegend in unserer Außenstelle in Kreuth beschulen werden, da sie in Wildbad Kreuth untergebracht sind. Drei Schüler/Innen werden die Mittelschule in Rottach-Egern besuchen.

Auch im Gymnasium in Tegernsee und an der Realschule in Gmund wurden die ersten Flüchtlinge in den Schulen begrüßt. Dazu Dr. Werner Oberholzner, Oberstudiendirektor am Gymnasium in Tegernsee: „Wir haben in der letzten Woche ein Mädchen aus der Ukraine aufgenommen. Die Schülerin spricht allerdings die deutsche Sprache.“ Jedoch macht der Oberstudienrat auch deutlich, wo das aktuelle Problem an seiner Schule liegt. Die Sprachbarriere sei besonders in den weiterführenden Schulen wie dem Gymnasium in Tegernsee ein Problem. Oberholzner beschreibt die Situation aus seiner Sicht so:

Problematisch ist es, wenn die Kinder wirklich gar kein Deutsch können, das ist natürlich die Mehrheit. Da sind dann leider die weiterführenden Schulen, Gymnasium wie wohl auch Realschule, der falsche Platz, weil das keinem hilft.

Auch in Gmund an der Realschule laufen die Vorbereitungen zur Integration der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine in den Schulalltag an. Noch aber seien nur vereinzelt Anfragen an die Schule gerichtet worden, wie Stephan Wörle, der Stellvertretende Schulleiter der Realschule, auf unsere Nachfrage hin informiert.

Ministerium bereitet Schulen auf neue Schüler vor

In der letzten Woche habe man eine Schülerin aufgenommen. Aber die Vorbereitungen in ganz Bayern laufen bereits auf Hochtouren. Ein erster Handlungsleitfaden und Empfehlungen seien vom Kultusministerium schon in der letzten Woche an die bayerischen Schulen verschickt worden, berichtet Wörle weiter. Der stellvertretende Schulleiter sieht die Gmunder Schule für die Integration der Flüchtlinge bestens aufgestellt:

Die Frage nach dem Platz ist tatsächlich das kleinste aller Probleme. Seit letzter Woche können wir unseren neuen Erweiterungsbau nutzen; und auch in allen Jahrgangsstufen haben wir Kapazitäten, um Schüler aufzunehmen.

Alle drei Schulvertreter sehen ihre Schüler gut vorbereitet und sensibilisiert, um die neuen Mitschüler in ihren Reihen zu integrieren. Die Themen Krieg und Flucht seien bei allen Schülern sehr präsent. Immer wieder werde in den Klassen über die aktuelle Situation in der Ukraine und deren Folgen gesprochen worden. So berichtet Throner aus Rottach und der Grundschule in Kreuth:

Tatsächlich ist dies kein großes Problem. Unsere Schüler/Innen verfügen bereits über ein großes Vorwissen und für die Information vor Ort sind wir als Lehrer Fachleute.

Für die psychologische Betreuung der Kinder und Jugendlichen, die die Erfahrung eines Krieges und der Flucht aus der Heimat hinter sich haben, sei in den Schulen alles vorbereitet. Die Schulpsychologen, aber auch externe Unterstützung stehe im Bedarfsfall jederzeit bereit.
Ebenso gut gerüstet beschreiben auch die beiden Vertreter der Schulen in Gmund und Tegernsee ihre Schüler, aber auch die Lehrkräfte.

Erste Schulsporthallen werden zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert

Doch wie schon bei der letzten großen Fluchtwelle wird es für die Schulen im Tegernseer Tal selbst wieder Einschränkungen geben. So berichtet Dr. Oberholzner aus Tegernsee:

Für uns heißt das übrigens auch, dass unsere Sporthalle nach zwei Sporthallen in Miesbach jetzt auch zur Erstaufnahmeeinrichtung umfunktioniert wird. Aber dafür hat jeder Verständnis.

Aus der Bundesregierung in Berlin kommen die ersten Signale für Unterstützungsmaßnahmen für die Schulen. So hat die neue Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) das Modell der “Willkommensklassen” nach dem Vorbild der letzten Fluchtwelle in 2015 angeregt, wie in einem T-Online Interview steht. Man könne jetzt, so die Ministerin weiter, von den damaligen Erfahrungen profitieren. Unabhängig von der großen Politik wird in den Schulen im Tegernseer Tal wird schon gehandelt.

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