Der Stoff, vor dem das Grün kapituliert

Glyphosat killt alles, was grün ist. Während der Agrarminister im Alleingang dem Pflanzengift-Einsatz europaweit zugestimmt hat, sprießt Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak zur Höchstform auf: „Ich war stocksauer.“ Im Kreisausschuss wurde das hochaktuelle Thema angesprochen. Die Frage kam auf: Wie gehen wir damit um?

Wasser statt Chemiebombe zur Unkrautvernichtung – Bad Wiessee macht’s vor. / Archivbild, Quelle: BR

Agrarminister Christian Schmidt hat am vergangenen Montag mit seinem „Ja“ zum Glyphosat-Einsatz in der EU die nächsten fünf Jahre die Gemüter erhitzt. Die persönliche Facebook-Seite des Bundesministers wurde vorgestern sogar vom Netz genommen. Zu wüst waren die Beschimpfungen und Bedrohungen.

Dass Glyphosat alles abtötet, was grün ist, ist unumstritten. Mit Ausnahme der von Monsanto gezüchteten, glyphosatresistenten Pflanzen ist aber auch die allgemeine Stimmung dahin. Die will sich der Landkreis Miesbach aber nicht verderben lassen.

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Verzicht auf chemische Keule

Schon im Juli dieses Jahres hatte der Kreistag beschlossen, auf landkreiseigenen Flächen auf den Einsatz von Glyphosat zu verzichten. Das Motto „Glyphosatfreier Landkreis“ hatte man sich auf die Fahne geschrieben. Auch an Gemeinden, Privatleute und Firmen ging der Appell, auf andere Unkrautvernichtungsmittel zurückzugreifen.

Erst im Oktober hatte die Molkerei Berchtesgadener Land ihren Zulieferern den Einsatz von Glyphosat verboten. Das heißt, auf Weiden und Wiesen setzt man Glyphosat jetzt nur in Ausnahmefällen ein. 1.800 Milcherzeuger in Oberbayern verzichten sogar ganz darauf.

Gemeinden machen’s vor

Dass es auch ohne Gift geht, beweisen die Talgemeinden schon seit Jahren. In Bad Wiessee beispielsweise wird das Unkraut nicht mit Chemie, sondern mit kochend heißem Wasser entfernt. Für Rzehak war der Alleingang des Agrarministers deshalb „ein Schlag ins Gesicht“, wie er vorgestern im Kreisausschuss erklärte. Stocksauer sei er gewesen. Schmidt habe mit seiner Entscheidung einen Vertrauensbruch begangen.

Paul Fertl (SPD), den die Entscheidung des Agrarministers in „großes Erstaunen“ versetzt hatte, wollte wissen, wie der Landkreis jetzt mit dieser Situation umgehe. “Rebellieren wir“, fragte er in die Runde, sagen wir „Ober sticht Unter“, oder „ignorieren wir es einfach“? Er jedenfalls hoffe, dass diese „One-Man-Show“ Konsequenzen habe. Falls es eine war, ergänzte er, und kein abgekartertes Spiel.

Man werde auf jeden Fall politischen Druck ausüben, gab Rzehak zu verstehen. Die Interessen eines US-Konzerns wie Monsanto sollten nicht höher bewertet werden als die Gesundheit der Menschen.

Wir werden auf allen Ebenen versuchen, dieses Gift zu verbieten.

Woraufhin Dr. Thomas Eichacker vom Landratsamt erklärte, dass der Kreistagsbeschluss den Abgeordneten bereits mit der Bitte zugeschickt worden sei, das Thema im Landtag zu behandeln. Und auch die Gemeinden hätten ein Schreiben erhalten, um herauszufinden, in welchen Bereichen noch Glyphosat verwendet wird. Der Rücklauf sei allerdings bislang sehr gering: „Vier von 17 Gemeinden haben bisher geantwortet.“

Elisabeth Janner (Bündis 90/Grüne) betonte, man könne nur mit gutem Beispiel vorangehen. „Wir Gemeinden haben das schon lange gemacht.“ Dem konnte Miesbachs Bürgermeisterin Ingrid Pongratz nur zustimmen. Die Kommunen verzichten seit über zehn Jahren auf Glyphosat. Hier könne man nur den Appell an die Privatpersonen richten.

Forderung wird bekräftigt

Man habe genug Landkreis-Probleme, entgegnete Fischbachaus Bürgermeister Josef Lechner (CSU), da müsse man sich nicht noch in die Bundes- und Europapolitik einmischen. Paul Fertl (SPD) war der Ansicht, der Landkreis müsse seine Haltung einmal bekräftigen, getreu dem Motto: „Wir ducken uns nicht weg oder geben klein bei.“

Warum wieder beschließen, wenn der Beschluss doch schon feststehe, hakte Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider nach. Das wäre ja quasi so als würde man zweimal heiraten und die Hochzeit bekräftigen, raunte es am Kreisausschuss-Tisch. Aber Fertl blieb bei seiner Forderung.

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