Der Tegernsee als Seewasserkraftwerk

Ergänzung vom 9. Juli / 13:41 Uhr
“Wir werden der Gemeinde Rottach-Egern ein Angebot unterbreiten”, hat E-Werk-Chef Dr. Norbert Kruschwitz heute auf Nachfrage bekanntgegeben.

In dem Angebot soll es um die Finanzierung sowie Machbarkeit der Energiegewinnung aus dem Wasser des Tegernsees gehen. Zukünftig sollen so das Rottacher Seeforum und das angeschlossene See- und Warmbad mit Wärme versorgt werden.

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Doch bis es soweit ist, muss Rottach noch eine Analyse zum genauen Wärmebedarf der beiden Gebäude ermittelt. Hierfür wurde vor kurzem vom Gemeinderat der Auftrag erteilt, wie Bürgermeister Franz Hafner mitteilte.

Über Seewasser Energie zu gewinnen ist grundsätzlich nichts Neues. Vor allem in der Schweiz praktiziert man diese Art der umweltfreundlichen Energiegewinnung schon seit einiger Zeit. Die Seen in Zürich und in St. Gallen sind hier wohl gute Beispiele.

Idee mehr als eine Vision?

Die Idee, dieses moderne Prinzip zur Energiegewinung nun auch für den Tegernsee anzuwenden, schien hingegen bis vor kurzem eher eine langfristige Vision zu sein. Öffentlich brachte das Vorhaben Peter Janssen zur Sprache. Anfang Mai sagte er: “Der Klimaausschuss hat sich damit befasst. Nun geht es seinen gewohnten Weg”, gab Janssen zu Protokoll.

Mittlerweile ist klar, dass die Stadt sich die Energiegewinnung aus Seewasser für die Orthopädische Klinik am Leeberg vorstellen kann. Doch der Transport des Wassers über die nötigen Höhenmeter mit einem Pumpsystem bis zur Klinik sei laut Kruschwitz zu energieintensiv.

Die Folge: eine energieeffektive Nutzung muss in Frage gestellt werden. Für die Stadt Tegernsee kommt die Lösung somit – zumindest derzeit – nicht in Frage

Attraktive Sache für Rottach

Umso attraktiver scheint die Energiegewinnung aus dem Wasser des Tegernsees hingegen für Rottach-Egern und das energetisch runderneuterte Seeforum und das direkt angerenzende See- und Warmbad zu sein. Doch noch ist nicht klar, wie hoch der ganzjährliche Wärmeenergiebedarf für die beiden Gebäude zusammen ist.

Bekommt das Rottacher Seeforum eine moderne und umweltfreundliche Heizanlage zur Wärmegewinnung?
Bekommt das Rottacher Seeforum eine moderne und umweltfreundliche Heizanlage zur Wärmegewinnung?

Ein Gutachten, dass die Gemeinde in diesem Zusammenhang in einer der letzten Gemeinderatssitzungen in Auftrag gegeben hat, soll den zu erwartenden Energiebedarf ermitteln.

“Erst wenn wir den genauen Bedarf kennen, können wir ein entsprechendes Angebot machen”, gibt Kruschwitz zu verstehen, der daher auch noch keine konkreten Zahlen in Bezug auf Investitionssumme und Unterhaltkosten nennen will und kann.

Das Seeforum und das Warmbad in Rottach seien laut Kruschwitz jedoch grundsätzlich für ein derartige Wärmegewinnung geeignet und für Rottach-Eger eine durchaus attraktive Lösung.

Ob und wie sich der Rottacher Gemeinderat dann letztlich in dieser Sache entscheidet, wird sich noch zeigen müssen. Das Gremium könnte mit einer positiven Entscheidung – vorausgesetzt der Betrieb eines Seewasser-Kraftwerk rechnet sich – sicherlich ein echtes Zeichen in punkto Energiewende am Tegernsee setzten.

Ursprünglicher Artikel vom 14. Mai mit der Überschrift: Der Tegernsee als Kraftwerk
Bürgermeister Peter Janssen hat in einem Gespräch mit Pressevertreten am letzten Mittwoch einen Vorschlag des Arbeitskreises Klimaschutz aufgegriffen. Dieser lautet: Energiegewinnung durch Seewasser.

Laut Janssen will man sich am Tegernsee dabei an bereits bestehende Wärmekraftanlagen in Zürich und St. Moritz orientieren. Doch wie funktioniert das Prinzip im Einzelnen?

Unterm Strich steht ein Energiegegewinn

Seen wie der Tegernsee verfügen in der Tiefe das ganze Jahr über eine nahezu konstante Temperatur von 4 Grad Celsius, auch im Winter und unter einer dicken Eisschicht. Zur Energiegewinnung wird dem See über eine Rohrleitung Wasser aus der Tiefe entnommen und zur Wärmepumpe geleitet. Diese kühlt das Wasser auf eine Temperatur von 1 Grad Celsius herunter und leitet das Wasser zurück in den See.

Das Prinzip der Heizung mit Seewasser gleicht dabei dem Kühlschrankprinzip. Dieser entzieht den eingelagerten Lebensmitteln Wärme und gibt sie über ein Gitter an der Rückwand an die Umgebung des Kühlschranks ab. Die für diesen Vorgang notwendige Energie muss dabei von außen durch Elektrizität in die Pumpenanlage eingespeist werden. Das gleiche Prinzip gilt auch für das Seekraftwerk. Zur Gewinnung von drei Kilowattstunden Energie ist dabei eine Kilowattstunde Strom vonnöten. Unterm Strich steht dadurch ein deutlicher Energiegewinn.

Der Kanton Zürich dient als Vorbild

Der Arbeitskreis Klimaschutz orientiert sich, so Bürgermeister Janssen, dabei am Kanton Zürich. Der dortige Zürichsee ist ein beliebtes und bekanntes Erholungsgebiet und zugleich das wichtigste Trinkwasserreservoir für die Stadt und Umgebung. Sein Wasser dient auch als ideale Energiequelle für drei Seewasserverbunde, die rund um das Züricher Seenbecken verschiedene Gebäude heizen und auch kühlen.

Ob und in welchen Umfang sich die Idee auch am Tegernsee umsetzen lässt, wird derzeit erörtert. Neben der Frage nach den Kosten sind auch die Größe des Sees und die Durchströmung des Gewässers wichtige Punkte, die es zu beachten gilt.

Ökologisch vertretbar?

Die Frage nach der ökologischen Verträglichkeit hat dabei natürlich oberste Priorität. Negative Auswirkungen für die Wasserqualität und das Ökosystem des Sees sind bisher nicht bekannt, solange die Grundtemperatur des Sees sich nicht wesentlich verändert.

Nichtsdestotrotz bleibt immer auch ein gewisses Restrisiko. Immerhin werden heute anders als noch vor 20 Jahren nur noch FCKW-freie, biologisch abbaubare Stoffe im Pumpen- und Leitungssystemen verwendet.

E-Werk bisher nicht involviert

Das für die Umsetzung der Idee zuständige E-Werk Tegernsee ist derzeit noch nicht involviert. Auf Nachfrage hat der Technische Leiter Frank Thinnes keine Einschätzung für den Einsatzbereich des Tegernsees abgegeben können. Das grundsätzliche Verfahren der Wärmegewinnung aus Seewasser sei bekannt, so Thinnes, würde jedoch für den Tegernsee bisher nicht in Bertacht gezogen werden.

Und auch der Direktor des E-Werks, Dr. Norbert Kruschwitz, äußerte sich gegenüber der Tegernseer Stimme zurückhaltend. “Das ist eine Idee des Arbeitskreises Klimaschutz, dazu werde ich mich jetzt nicht äußern.”

Wie konkret also die Überlegungen der Stadt Tegernsee tatsächlich sind, wird sich zeigen. Zumindest Bürgermeister Peter Janssen scheint der Vision eines durch Tegenseer Wasser betriebenen Wärmekraftwerks nicht abgeneigt.

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