Wenn man aktuellen Studien und Forschungen glauben möchte, steht die Arbeitswelt in den kommenden Jahren vor großen Veränderungen. Immer mehr Menschen werden freiberuflich anstatt angestellt sein.
Arbeit ist durch digitale Vernetzungsmöglichkeiten immer weniger an Raum und Zeit gebunden. Unternehmen werden Hierarchien aufgeben und Mitarbeiter projektbezogen anwerben. Was das für das Tegernseer Tal bedeuten könnte? Eine Chance, der Überalterung entgegenzuwirken.
Auf Zeit-Online hat sich vor einigen Tagen ein Zukunftsforscher zu Wort gemeldet. Seine Prognose für die Entwicklung der Arbeitswelt mag für manche beängstigend klingen, andere werden sich bereits selbst wiedererkennen:
Es wird wohl viel mehr Selbstständige und viel weniger Festangestellte geben. Firmen werden sich die Mitarbeiter suchen, die gerade benötigt werden. Das erhöht die Flexibilität der Unternehmen, schmälert die Beschäftigungssicherheit. Outsourcing, Projektarbeit, verstärkter Einsatz von Freiberuflern, Konkurrenz durch User, die selber Inhalte erstellen, und Amateure – alles das findet heute schon statt.
Viele der skizzierten Entwicklungen hängen mit neuen technischen Möglichkeiten zusammen. Der Informationsaustausch ist einfacher geworden, Videokonferenzen können manches persönliche Treffen ersetzen. Anstatt zu Pendeln, kann von zu Hause aus gearbeitet werden – mit vollem Zugriff auf das Firmennetzwerk. Diese Art der Arbeit ist für viele längst Realität.
Öffentliche Arbeitsräume boomen in Städten
In Großstädten wächst aus dieser Entwicklung bereits eine eigene Infrastruktur. Die Zahl der Coworking-Spaces – öffentliche Plätze, an denen sich vor allem Freiberufler zum gemeinsamen Arbeiten treffen können – ist in den letzten Jahren explodiert. Der Gedanke dahinter greift die Veränderung der Arbeitswelt auf: Anstatt durch die komplette Stadt in ein Büro zu pendeln, geht man nur ein paar Straßen weiter, setzt sich dort an einen freien Schreibtisch und nutzt die angebotene Infrastruktur: Bildschirme, Internet, Drucker und Telefon.
Das geht inzwischen so weit, dass Investoren beim Bau neuer Wohnanlagen bereits Arbeitsräume mit in die Konzepte integrieren. Mit dem Ziel, die Wege der Menschen zu verkürzen. Ebenso wie den Kindergarten für die Kleinsten gibt es dort Gemeinschaftsbüros für die Großen. Für all jene, die zwar nicht fest an einem Schreibtisch in einem Unternehmen arbeiten, aber auch nicht alleine am Schreibtisch sitzen wollen oder sich alleine nur schwer motiviert bekommen.
Das Tegernseer Tal als „Rückzugsort“ für Freiberufler?
Solch eine Entwicklung wäre auch für das Tegernseer Tal denkbar. Anstatt nach München zu pendeln, könnten manche auch in Arbeitsräumen am Tegernsee arbeiten. Arbeiten in der Heimat, kurze Wege zu der KITA und den Feierabend voll auskosten können. Voraussetzung dafür wäre, man findet die nötige Infrastruktur und die nötigen Angebote, um auch im Tal arbeiten zu können.
Das funktioniert natürlich nicht für jede Form der Arbeit. Aber es werden immer mehr Menschen werden, die in eine neue Form der Flexibilität gezwungen werden. Ein Zwang, den man vielleicht auch positiv nutzen kann, indem man sich darauf einstellt. Jeder Einzelne, aber auch Gemeinden und Gemeinschaften. Um genügend hochwertige Jobs anbieten zu können, ist das Tegernseer Tal einfach zu ländlich. Schon heute konzentriert sich viel auf den Tourismus oder Dienstleistungen für eine ältere Kundschaft.
Eine denkbare Alternative zur Schaffung eigener Arbeitsstellen wäre es, dass sich das Tegernseer Tal auf das konzentriert, was es am besten kann: schön sein. Anstatt die Arbeitgeber ins Tal zu locken, könnte man sich auf die Arbeitnehmer der Zukunft konzentrieren. Viele, die bisher pendeln mussten, können heute von fast überall arbeiten – wenn die richtige Infrastruktur vorhanden ist. Man könnte Arbeitsstätten statt Arbeitsstellen erschaffen. Räume, in denen gemeinsam gearbeitet werden kann.
Flexible Familien als neue Zielgruppe
Das Tegernseer Tal wird einfach älter. Das ist keine neue Erkenntnis und eine Entwicklung, der man sich stellen muss. Immer wieder gibt es den Ruf nach familientauglichen Wohnungen, Kindergartenplätzen oder alternativen Betreuungsmöglichkeiten. Es gibt Einheimischenprogramme. Es wird gefordert, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, um den Wegzug junger und gut ausgebildeter Menschen zu verhindern. Wirklich aufhalten lässt sich die Entwicklung aller Voraussicht nach und trotz aller Anstrengungen nur schwer.
Im Gegenzug könnte man aber versuchen, das Tegernseer Tal für diejenigen attraktiver zu gestalten, die sich ihre Arbeit selbst mitbringen. Die eher Räume und Infrastruktur brauchen anstatt Chefs. Die Chancen, junge Familien anzulocken, die sich das Leben im Tegernseer Tal leisten können, weil es sowohl die Art der eigenen Arbeit wie auch der Geldbeutel zulässt, dürfte zumindest höher sein als die Chance, dass auch in Zukunft noch genügend Jobs im Tal entstehen, für die junge Familien herziehen.
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