„Der Trend geht hin zur Tradition“

Unsere Konsumgesellschaft ist bestimmt von Schnelllebigkeit. Luxus wurde zur Massenware. Jedes Produkt wird in unzähligen Ausführungen billig produziert. Verzichten will niemand mehr. Doch es gibt sie noch – Menschen, die auf Individualität und Qualität setzen. In unserer neuen Reihe sehen wir traditionsbewussten Handwerkern im Tal über die Schulter. Heute: Dirndl-Schneiderin Nicole Mahler.

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Der Flachbildfernseher wird größer, der Kleiderschrank immer voller und die Wohnung schnell neu möbliert – dennoch soll alles so billig wie möglich sein. Unser Konsumverhalten orientiert sich immer mehr an Quantität, schon lange nicht mehr nur an Qualität.

Dagegen streben vor allem traditionsbewusste Handwerker, die ihren Beruf lieben und jedem Produkt Einzigartigkeit verleihen. In unserer neuen Reihe „Bodenständige Handwerker im Tal“ sehen wir hinter die Kulissen solcher Betriebe. Das letzte Mal waren wir bei Goldschmied Thomas Müller. Heute besuchen wir Schneiderin Nicole Mahler in Dürnbach.

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Familiäre Atmosphäre

Seit rund 10 Jahren ist Mahler nun schon als Schneiderin in Gmund selbstständig. Vor allem das Schneidern von Dirndln und Tegernseer Spenzern ist die Leidenschaft der 35-Jährigen. In ihrer Nähstube herrscht eine heimelige Atmosphäre, Bilder ihrer Familie stehen auf der Kommode – es ist gemütlich. Das liegt daran, dass Mahler ihre Nähstube bei sich zu Hause eingerichtet hat, um für ihre Kinder da zu sein. Dort fertigt sie all die Dirndlgwanda und „meine Kunden schätzen diese familiäre Atmosphäre sehr.“

Ihre Berufung fand Mahler schon als Kind. „Meine beiden Omas haben schon immer sehr viel genäht“ und auch sonst hatte Mahler großes Interesse an Kleidung. Dabei mussten oft ihre Puppen als Modelle dienen. So kam es nicht überraschend, dass sie 1995 ihre Ausbildung zur Damenschneiderin in Rottach begann. Nach einigen Jahren Berufserfahrung machte sie sich selbstständig und gründete ihre „Nähstube Mahler“ bei sich zu Hause in Dürnbach.

„Es kristallisierte sich schnell heraus, dass ich mich komplett auf Trachtengewänder spezialisiere.“ Dazu gehöre auch die Beratung für die Stoffauswahl, die Farben und den Schnitt des Dirndls oder Spenzers mit Rock. „Das Schöne an einem zweiteiligen Dirndl ist, dass man es immer wieder neu und anders kombinieren kann.“ So kämen vor allem vor der fünften Jahreszeit im Tal viele Aufträge herein:

Vor der Waldfest-Saison kann es schon mal sein, dass ich einige Nachtschichten einlege.

Doch das macht Mahler nichts aus, sie liebt ihren Beruf. „Ich bin selbst am Tegernsee groß geworden, Tracht hat schon immer eine große Rolle gespielt.“ Ihr sei es wichtig, dass Tradition und Brauchtum gepflegt würden. Das macht sie nicht nur durch ihren Beruf, sondern auch in ihrer Freizeit deutlich: Mit ihrer ältesten Tochter Julia ist sie im Trachtenverein D’Neureuther in Gmund.

Auch für kleine Kundinnen schneidert Nicole Mahler aus Gmund traditionelle Dirndl. Quelle: Nähstube Mahler
Auch für kleine Kundinnen schneidert Nicole Mahler aus Gmund traditionelle Dirndl. Quelle: Nähstube Mahler

Die Kunden scheinen diese Heimatverbundenheit und das Traditionsbewusstsein zu schätzen. Laut Mahler habe sie viele Aufträge von Einheimischen, aber auch von außerhalb kämen Frauen mit ihren Dirndl-Wünschen zu ihr. Diese trügen oft zum ersten Mal Tracht und seien froh, wenn sie gut beraten würden.

Doch auch für ausgefallene Wünsche kommen die Menschen zu Mahler. So hatte die Schneiderin vor wenigen Wochen eine ganz besondere Kundin:

Meine jüngste Kundschaft war neun Monate alt, für die Kleine hab ich ein Taufdirndl geschneidert. Aber es ist so genäht, dass sie es auch in den kommenden Jahren noch tragen kann.

Mahler freut sich vor allem über den aktuellen Trend. Denn immer mehr junge Mädels wollen ein maßgeschneidertes, traditionelles Dirndl besitzen. „Es werden immer häufiger Tegernseer Spenzer getragen, das ist wirklich schön.“ Dieser habe einen stehenden Schoß mit Roßhaareinlage, einen runden Ausschnitt, kurze Ärmel „und ist richtig eng anliegend.“

„Dirndl passt immer“

Auch die Tracht ist häufig Modetrends unterworfen, doch hier im Tal ist Traditionsbewusstsein immer präsent. Zwar hat ein maßgeschneidertes Dirndl seinen Preis – allein der Spenzer kostet je nach Aufwand ab 360 Euro – dazu kommen Stoffpreis, Rock und Schürze. Doch es kann über Jahre getragen werden und teilweise wird es an die Tochter oder Enkelin weitergegeben. Man trägt ein Stück Heimat mit sich.

Für Nicole Mahler ist daher das Wichtigste an ihrer Arbeit das Ergebnis: „Wenn ich meine Kundinnen auf dem Waldfest treffe und sie sich richtig wohl in ihrem neuen Dirndl fühlen – das macht mich glücklich.“ Für sie ist ein Dirndl nicht nur ein Kleidungsstück, es hat Tradition und Geschichte. „Man ist mit einem Dirndl immer richtig angezogen. Es passt einfach zu jedem Anlass.“

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