Grund sind einige Besonderheiten, die die Wiesseer Politik von der im Rest des Tals unterscheiden. Doch klar ist: Nirgendwo sind die Opposition und die Reihen um den Bürgermeister so zerstritten wie in Wiessee.
Wer schon einmal auf einer Wiesseer Gemeinderatssitzung war, der weiß, dass die Sitzungen sich von den restlichen Zusammenkünften der Räte im Tal zum Teil deutlich unterscheiden. Nirgendwo sonst wird der Streit so offen ausgetragen, sind die Gräben zwischen den Fraktionen so tief wie in Wiessee.
Und das ist nach der Kommunalwahl eher schlimmer denn besser geworden. Gemeinderatsneuling Rolf Neresheimer zeigt sich darüber allerdings nicht überrascht und macht vor allem Bürgermeister Peter Höß für die Eskalation verantwortlich: „Ich bin enttäuscht über dieses unprofessionelle Verhalten“, so Neresheimer.
Wiessee macht eigene Regeln
Grund für den neuerlichen Höhepunkt im Wiesseer Fraktionsstreit ist das Gehalt des Zweiten Bürgermeisters Robert Huber. Dies wurde zunächst in der nicht-öffentlichen Sitzung beschlossen – anders als es das Landratsamt Miesbach von den Gemeinden eingefordert hatte. Raus kam die Höhe des Gehalts allerdings trotzdem.
Am vergangenen Dienstag wollten ranBW und CSU das Gehalt noch einmal neu diskutieren. Doch Bürgermeister Peter Höß bügelte den Antrag ab. Mit Berufung auf ein Schreiben des Bayerischen Gemeindetages stufte Höß den Antrag als unzulässig ein. „Es hat sich weder eine neue Sach- noch eine neue Rechtslage ergeben“, erklärt Höß seine Vorgehensweise heute erneut. Daher seien Beratungen über einen bereits gefassten Beschluss unzulässig.
Denn dies würde gegen die eigene Geschäftsordnung verstoßen. Eine Geschäftsordnung, die Wiessee aber natürlich selber bestimmen kann. Gerhard Dix vom Bayerischen Gemeindetag erklärt das so:
Es gibt eine Vorlage, an die sich die Bayerischen Gemeinden auch halten. Aber natürlich können die einzelnen Gemeinden in ihrer Geschäftsordnung auf ihre ortsspezifischen Herausforderungen näher eingehen.
De facto bestimmt die Gemeinde also selber, ob ein Antrag mit der Geschäftsordnung konform ist oder nicht. Dass es durchaus auch anders geht, zeigte beispielsweise Schliersee bei der Tourismusfusion.
Auch dort wurde mehrmals darüber abgestimmt. Und sogar mit unterschiedlichen Ergebnissen. Auch wenn Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer in einer späteren Sitzung betonte, er werde nicht so lange abstimmen lassen, bis ihm das Ergebnis passe.
„Anfragen“ nur auf Anfrage
Ein weiterer Punkt, der die Gemüter am Dienstag erhitzte, war der fehlende Tagesordnungspunkt „Wünsche und Anfragen“. In anderen Gemeinden bedeutet dies am Ende einer jeden Sitzung die Gelegenheit für die einzelnen Gemeinderäte, noch eigene Themen anzusprechen, über die sie gern diskutieren würden.
„Bei uns ist dieses Recht in der Geschäftsordnung festgehalten“, erklärt Gmunds Geschäftsleiter Alfons Besel. Und auch der Rottacher Amtskollege bestätigt, dass dieser Tagesordnungspunkt schon immer fester Bestandteil der Rottacher Sitzungen ist.
In Wiessee geht man hingegen einen anderen Weg. Wie Bürgermeister Höß erklärt, habe er den Punkt vor einiger Zeit aus der Tagesordnung streichen lassen, da dieser in der Vergangenheit für „Schaufensteranträge“ missbraucht worden sei. Nun entscheidet der Bürgermeister selbst, ob er einem Gemeinderat am Ende der Sitzung noch einmal das Wort erteilt, oder eben nicht.
Prüfung vor der Kommunalaufsicht
Das Verhältnis zwischen dem Rathauschef und der Opposition hat sich dabei schon länger hochgeschaukelt. Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte es immer wieder scharfe Auseinandersetzungen zwischen Höß und Teilen der CSU-Fraktion gegeben. Doch jetzt ist man, möglicherweise auch aufgrund der veränderten Machtverhältnisse, an einem neuen Höhepunkt angelangt.
Neresheimer will die Praxis im Gemeinderat wie berichtet nun von der Kommunalaufsicht überprüfen lassen. Laut eigener Aussage findet er es schade, dass Höß in dieser Sitzung derart unprofessionell reagiert habe. „Er kann sich doch denken, dass wir es nicht darauf beruhen lassen werden“, so Neresheimer.
Gerstern ging das dreiseitige Dokumment zur Prüfung ans Landratsamt, so Neresheimer. Höß rechnet jedoch nicht mit weiteren Konsequenzen. Seinem Wunsch nach sollte sich Bad Wiessee lieber auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren. Zumindest ein Punkt, in dem sich die beiden politischen Kontrahenten einig sind. „Der Bürgermeister sollte mit dem Gemeinderat zusammenarbeiten. Das ist ein Gremium, an dem er nicht vorbei kommt”, findet Neresheimer.
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