Einmal per Heli ins Tal, bitte!

Einmal mit dem Hubschrauber über den Tegernsee fliegen – ein Traum für viele. Nur die allerwenigsten dürften jedoch dieses Privileg auf dem Nachhauseweg haben. Einer von ihnen: Airbus-Chef Thomas Enders. Aber: darf er das überhaupt?

Gewappnet für jeden Ab-Flug: Airbus-Chef Tom Enders Foto: Sven Hoppe/dpa | Verwendung weltweit
Gewappnet für jeden Ab-Flug: Airbus-Chef Tom Enders / Foto: Sven Hoppe – dpa

Durch die geringe Flughöhe eines Helikopters erscheinen Landschaft und Berge zum Anfassen nah. Ein einzigartiges Erlebnis für jeden Helikopter-Piloten, jedoch ein störender Faktor in den Augen und Ohren vieler vom Lärm Betroffener. Jetzt wollen Anwohner Hubschrauberlandungen auf Tegernseer Terrain beobachtet haben. In der Kritik: Tom Enders, CEO des börsennotierten Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus Group.

Ihm wird vorgeworfen, seinen Weg zu und von der Arbeit gerne mal von seinem Tegernseer Privatgrundstück aus per Hubschrauber abzukürzen. Tom Enders, der sein Büro im Süden Frankreichs hat und vorwiegend am Wochenende die Zeit mit seiner Familie am Tegernsee verbringt, hat zumindest den Helikopter-Pilotenschein und fliegt seit 2005 ab und an auch selbst.

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Ohne Landeplatz hängt man in der Luft…

Fest steht: Im Bereich des Tegernseer Tals gibt es keine genehmigten Landeplätze für Hubschrauber. Das heißt, man darf zwar über den See fliegen, sofern die erforderlichen Mindestflughöhen eingehalten werden, nur landen darf man eben nicht. Es sei denn, man kann eine Erlaubnis der Luftfahrtbehörde vorweisen. Hubschrauber von Polizei und Rettungsdiensten haben diese Erlaubnis, Krankenhäuser in der Region sogar ihren eigenen Landeplatz. Demnach genügt es nicht, fliegen zu wollen, man muss auch die Landung mit einplanen, beziehungsweise den dafür genehmigten Landeplatz.

Daniel Werdung, Unternehmenssprecher von Airbus, kann auf Nachfrage zuerst „eindeutig keine privaten Hubschrauberflüge von Enders zur Arbeit“ bestätigen. Auch Friederike Enders, die Frau von Tom Enders, teilt auf telefonische Anfrage hin mit: „Wir haben zwar eine Windfahne im Garten, aber keinen Landeplatz auf dem Grundstück“. Doch dann fügt sie hinzu: „Nur in Ausnahmefällen wird mein Mann über die Luft abgeholt.“

In den letzten sechs Jahren sei es vielleicht viermal zu einer solchen „sicherheitsrelevanten Situation“ gekommen, erklärt Friederike Enders. Die Airbus-Pressestelle hingegen behauptet: „Herr Enders ist kein einziges Mal geflogen. In den letzten Jahren sei dies, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal vorgekommen.“

Ist Enders nun geflogen oder nicht?

Mit dem offensichtlichen Widerspruch konfrontiert, erklärt Unternehmenssprecher Werdung gegenüber der Tegernseer Stimme: „Herr Enders hat in diesem Jahr noch keinen Flug vom Tegernsee aus angetreten. In den vergangenen Jahren dürfte er den Helikopter ungefähr vier- bis fünfmal am Tegernsee genutzt haben. Anlass waren jedoch wichtige und zeitkritische Ereignisse. Für diese Flüge hat Herr Enders in der Regel den Hubschrauberplatz an der Kreuzstraße genutzt.”

Es habe aber Notfälle gegeben, so Werdung weiter, in denen die Maschine auch direkt an Enders Haus oberhalb von Tegernsee gelandet sei. Die Erklärung der Unternehmenskommunikation: „Als CEO der Airbus-Group muss Tom Enders 24 Stunden lang an sieben Tagen der Woche verfügbar sein. An einem Samstag Anfang Mai 2015 beispielsweise stürzte ein A400M-Testflugzeug in Sevilla ab und Herr Enders reiste verständlicherweise sofort zum Ort des Geschehens.“

Wer landen will, muss startklar sein

Doch zu der Frage, ob Enders – Konzernchef hin oder her – das überhaupt darf, gibt Werdung keine Auskunft. Anders jedoch die Regierung von Oberbayern. Nach Aussage des Pressesprechers Dr. Martin Nell sind „Landeerlaubnisse stets eine Frage des Einzelfalls. Für eine Erlaubnis nach §25 LuftVG (Luftverkehrsgesetz) gibt es keine exakt vorgegebenen Prüfungspunkte. Entsprechend vielfältig sind die „sicherheitsrelevanten Situationen“.

Ein plakatives Beispiel wäre die Landung eines hochrangigen Politikers, dessen persönliche Sicherheit geschützt werden muss. Zu den Notsituationen zählen natürlich auch entsprechende Rettungseinsätze, “mit denen einer Gefahr für Leib und Leben begegnet werden soll.“ Zu den möglichen „sicherheitsrelevanten Situationen“, in denen sich Airbus-Chef Enders offensichtlich mehrere Male in den letzten Jahren befand und der Frage, wer solche Flüge bezahlt, wollte sich die Airbus-Pressestelle nicht äußern.

Ausnahmen für genehmigte Außenlandungen

Es gibt aber auch eine Reihe von Hubschrauber-Unternehmen, die eine allgemeine Erlaubnis für Außenlandungen haben, wie das Luftamt Südbayern mitteilt. Diese Ausnahmegenehmigung wird allerdings nur an Institutionen erteilt, deren Unternehmenszweck Rettungs-, land- oder forstwirtschaftliche Einsätze, amtliche Vermessungsaufgaben, Personentransporte, aktuelle Berichterstattungen oder die Beförderung von Gütern beinhaltet.

Die Genehmigung sei zeitlich und örtlich streng definiert und setzt die Gewährleistung eines sicheren An- und Abflugs sowie die Einhaltung der Mindesthöhe voraus. Diese beträgt über unbebautem Gebiet 150 Meter, und über bebautem 300 Meter. Eine derartige Allgemeinerlaubnis könne am Tegernsee auch von Luftfahrtbehörden anderer Bundesländer erteilt werden.

Helikopter-Flüge mit Landeerlaubnis

Für Privatpersonen allerdings, also im nicht-gewerblichen Bereich, so das Luftamt, werde die Allgemeinerlaubnis grundsätzlich nicht erteilt. Das bedeutet, auch der Chef eines der größten europäischen Flugzeugherstellers darf – rein rechtlich gesehen – ohne genehmigten Flugplatz von seinem Privatgrundstück aus weder starten noch landen, es sei denn, eine sicherheitsrelevante Situation liegt vor.

Der Hubschrauber der Fischerei Tegernsee fliegt bis zur Kreuzstraße. Ab da geht es mit dem Party-Shuttle nach Tegernsee oder Bad Wiessee.
Mit dem Hubschrauber im Tegernseer Tal landen? Die Erlaubnis haben nur wenige.

Wie „sicherheitsrelevant“ eine Situation einzustufen ist, wird Enders als Major der Reserve selbst einzuschätzen wissen. Dabei ist eine Landung nicht zwangsläufig nötig. So wollen Tegernseer Anwohner gesehen haben, wie bereits einige Male ein Fallschirmspringer aus dem Hubschrauber über Enders Anwesen absprang.

Ob es sich dabei um den 58-Jährigen handelt, bleibt dabei offen. Aussagen von Enders oder Airbus gibt es hierzu nämlich nicht. Die Fähigkeit zu gelegentlichen Sprüngen hätte der Airbus-Chef als früherer Fallschirmjäger – Spitzname “Major Tom” – jedenfalls. Ob auf die Berge, in der Luft oder um den See – Enders treibt immer noch regelmäßig Sport und ist offensichtlich fit. Zitat:

Wenn die Menschheit aufhört, sich immer neue Ziele zu setzen und Grenzen zu überschreiten, gibt sie sich auf.

Ein Grenzgänger mit Flugerfahrung eben, der (fast) überall landen darf. Manchmal sogar am Tegernsee.

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