Wärmegewinnung aus dem See - was sagen die Experten im Tal?
Die E-Werk-Euphoriebremser

Die Hotelbetreiber vom Seegut in Bad Wiessee wollen mit neuen Ideen punkten: Sie wollen die Gewinnung von Wärme und Kälte aus dem Wasser des Tegernsees. Eine Idee für das gesamte Tal?

Die Gewinnung von Wärme und Kälte aus dem Wasser des Tegernsees. Eine Idee für das gesamte Tal?

Regenerative Ressourcen ist gerade der feuchte Traum aller Politiker. Keine Abhängigkeit vom Russ oder Arab, wenig oder am besten kein CO 2-Ausstoß. Ein zukunftsträchtiges Konzept haben Fachleute für das künftige Hotel der Firma Athos an der Wiesseer Seepromenade entwickelt: die Gewinnung von Wärme und Kälte aus dem Wasser des Tegernsees.

In der Schweiz ist das längst etabliert, aber hier hat der niedrige Gas-Preis in den Vorkriegsjahren jede neue Idee an ihrer Unwirtschaftlichkeit scheitern lassen. Aber jetzt will man am Westufer dem fossilen Dreck ein Schnipüpchen schlagen. Das geht so:

Acht Grad kaltes Wasser wird in etwa 35 Metern Tiefe aus dem See genommen, einem Wärmetauscher an Land zugeführt. Die entnommene Energie heizt im Winter und kühlt im Sommer die Gebäude. Das genutzte Wasser kommt danach schadstofffrei in einer Tiefe von 25 Metern dann wieder in den See. Der Strom für die Wärmepumpe soll über PV-Anlagen auf den Dächern der Hotelanlage erzeugt werden. Emissionsfrei und keinerlei Rechnung aus Russland.

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Wir haben mit Frank Thinnes vom E-Werk Tegernsee gesprochen / Bild: E-Werk Tegernsee / Archivbild

Wäre das nicht etwas für das gesamte Tal? Wir haben mit dem technischen Leiter des hiesigen E-Werks, Frank Thinnes, darüber gesprochen.

Das E-Werk ist doch nahezu prädestiniert, diese in der Schweiz schon sehr erfolgreich eingesetzte Energie-Gewinnung auch im Tal zu etablieren. Wo wäre sie schnell und halbwegs unkompliziert Ihrer Einschätzung nach einzusetzen?

Es sollte seenah sein, in unmittelbarer räumlicher Nähe zu großen Wärmeverbrauchern.

Was braucht es seitens der Politik und der privaten Unternehmer (Hotels etc) an Unterstützung? Haben Sie in der Vergangenheit überhaupt starke Unterstützung aus der Politik zu diesem Thema erhalten?

Das Thema Seewasserwärmepumpen hatte bisweilen in Deutschland, insbesondere aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen und der nicht vorhandenen Wirtschaftlichkeit, keine Bedeutung.

Sollte ein Energie/Stromversorger wie das E-Werk zukünftig, der zudem auch noch zu einem Teil der Kommune, also der Bevölkerung gehört, bei diesem Thema nicht führend sein? Wie könnte so eine Führung in klimaneutralen Energie-Gewinnungen Ihrer Meinung nach aussehen?

Nicht unbedingt, denn solange die Wirtschaftlichkeit beim Einsatz solcher Techniken nicht gegeben sind, kann ein mittelständisches Unternehmen wie unseres hier nicht voranschreiten. Selbstverständlich beobachten wir auch hier die Entwicklungen insbesondere in Abstimmung mit den uns verbundenen Unternehmungen.

Für die Seewärme ist Strom als „Treibstoff“ unerlässlich. Das Seegut gewinnt dies mit PV-Anlagen. Der Ausbau von PV-Anlagen im Tegernseer Tal läuft ja eher schleppend. Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit sich das ändert? Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht dieser Ausbau? 

Der Zubau an PV-Dachanlagen hat sich bereits 2022 (Treiber: „Energiekrise“) deutlich beschleunigt. Nach wie vor funktionieren aber die Lieferketten nur bedingt, und es fehlt an Fachhandwerkern. Motivieren können sich potenzielle Anlagebetreiber mit einem Blick in ihre aktuellen Stromrechnungen. 

…und der Ausbau?

Grundsätzlich ist der netzdienliche Ausbau der Erneuerbaren Energien sinnvoll im Lichte der Dekarbonisierung der Energieversorgung. Gleichwohl können diese Anlagen Wärmepumpen, Ladesäulen, … leider nur bilanziell mit der notwendigen Energie versorgen.

Wie erfolgreich könnte eine Seewärme für große Energienutzer wie das Warmwasserbad in Rottach und das nun entstehende Hotel „Severin“ in der Nachbarschaft sein? Was braucht es dazu an Voraussetzungen?

Sie wäre so erfolgreich wie die für das Seegut, sofern diese Betreiber die vorhandene Unwirtschaftlichkeit des Anlagebetriebs zu tragen bereit sind.

Wie kann das E-Werk als Treiber hier hier proaktiv neue Gewinnungsformen der Energie anstoßen / in die Wege leiten?

Wir realisieren unser „Projekt Seegut“ in Form unserer Wohnhausneubauten in Kreuth, Am Wiesenbach. Hier realisieren wir die Nahwärmeversorgung von 3 Wohnhäusern über eine Grundwasserwärmepumpe mit PV-Unterstützung. Darüber hinaus prüfen wir derzeit den Planungs-Einstieg in zwei weitere, räumlich sehr eng abgegrenzte Wärmeprojekte in Kreuth und Tegernsee.

Herr Thinnes, vielen Dank für das Gespräch.

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