Die Foodbloggerin vom Tegernsee

von Tina Hansch

In einem Jahr erkochte sich Anya aus Rottach 8.213 Instagram-Follower. Am Tegernsee ist sie in Sachen Influencer und Essen ganz vorne mit dabei. Wie sie von New York über Afrika an den Tegernsee kam und welchen Stellenwert Regionalität in ihrem Leben hat, erzählt sie exklusiv der Tegernseer Stimme.

Anya ist auf Instagram mittlerweile sehr bekannt / Quelle: Tina Hansch

Seit über einem Jahr kocht Anya aus Rottach-Egern gerne und leidenschaftlich. Ihre Gerichte sehen köstlich aus: frischer Spargel mit geräuchertem Saibling, Zitronenpasta mit frischen bayrischen Garnelen, Brokkoli Pesto, Tegernseer Fisch Burger, Sommer-Käsekuchen durchzogen mit weißer Schokolade und frischen Beeren, Erdbeerkuchen mit Breznteigboden, um nur ein paar kulinarische Beispiele zu nennen. Doch was genau hat es mit ihrem tegernsee kitchen auf sich?

Wem jetzt das Wasser im Mund zusammengelaufen ist und nun seinen nächsten Restaurantbesuch plant, dem sei leider gesagt: tegernsee kitchen ist kein Restaurant. Tegernsee kitchen ist ein Foodblog, auf gut deutsch eine Art Online-Tagebuch über Essen. Anya Schmidt-Rüngeler postet mehr oder weniger täglich Fotos von ihren selbstgekochten Gerichten auf Instagram, dem sozialen Netzwerk zum Teilen von Fotos und Videos. Innerhalb von 13 Monaten hat sie über 8000 Abonnenten dazu gewonnen und es werden täglich mehr. Zum Vergleich: Dem Bräustüberl Tegernsee, das vermutlich einen höheren Bekanntheitsgrad hat, folgen gut 13000 Menschen auf Instagram.

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Anya hat auch eine Website für ihr tegernsee kitchen eingerichtet, die sie allerdings noch nicht so regelmäßig pflegt wie ihr Instaprofil. Auf ihrer Seite findet man zusätzlich zur Kulinarik auch noch spannende Reisetipps, zum Beispiel über New York. Und die sind dann tatsächlich aus erster Hand, denn die Foodbloggerin wurde in New York geboren.

Wie entstand die Idee zu tegernsee kitchen?

Im April letzten Jahres beschloss die 45-Jährige zu kochen. Sie war körperlich ausgelaugt von ihrem Führungsjob in der hektischen Startup-Welt des Internets und wollte etwas Handwerkliches tun, etwas mit eigenen Händen erschaffen und ein unmittelbares Ergebnis sehen. Außerdem ist ihr wichtig, dass ihr vierjähriger Sohn lernt, wie gut vielseitiges Essen sein und es nicht nur Pommes frites auf dem Speiseplan geben kann.

Die Idee zu tegernsee kitchen war geboren, wohnt Anya mit ihrer Familie doch seit vier Jahren am Tegernsee. Sie liebt das Tal und das, was es an regionalen Lebensmitteln hergibt. Da Englisch ebenso ihre Muttersprache ist, lag „kitchen“ anstatt „Küche“ nahe. Und aufgewachsen an verschiedenen Orten dieser Welt war klar, ihre gekochten oder gebackenen Ergebnisse auch mit dieser zu teilen.

Von New York über Afrika an den Tegernsee

Doch von vorne: Anya Schmidt-Rüngeler ist genau genommen eine bayerische Schottin, die Mutter kommt aus Edinburgh, der Vater aus München. Dieser war als Diplomat für das Bundesfinanzministerium Bereich UN tätig. Als Anya sieben Jahre alt war, zog die Familie von New York nach Nairobi, Kenia. Eine prägende Zeit, bevor es dann sechs Jahre später zurück nach Deutschland in die damalige Bundeshauptstadt Bonn ging. Dort absolvierte sie zwei Studiengänge, Lebensmitteltechnologie und Volkswirtschaftslehre, beide mit Diplomabschluss.

Nach dem Studium zog es Anya zurück nach Afrika, wo sie eineinhalb Jahre in Ghana in der lokalen Wirtschaftsförderung für kleine und mittelständische Unternehmen arbeitete. Dann ging es wieder nach Deutschland, wo sie seitdem für verschiedene Internetunternehmen und Startups in leitenden Positionen tätig ist. Ihr Weg führte sie von Berlin über München an den Tegernsee, wo sie sich nach vielen Wohnorten in ihrem Leben heimisch fühlt und ein Gefühl von einem echten Zuhause hat. Als der Sohn geboren wurde, beschlossen sie und ihr Mann, von München an den Tegernsee zu ziehen.

Das Tegernseer Tal ist einer der schönsten Flecken Deutschlands. Ein wunderschöner Ort, besonders für Familien, mit den Bergen und dem See vor der Haustüre. Es ist ein Privileg, hier zu leben und man muss sich immer wieder daran erinnern, wie schön man es hier hat.

Auch deshalb verarbeitet sie gerne frische, lokale Produkte beim Kochen, da das Tal und Umgebung so einiges zu bieten haben. Frisches Fleisch vom Bauern „nebenan“, zum Beispiel der Gschwandler Hof in Reitrain oder das Hofgut Reiter in Irschenberg, frischer Fisch von der Fischerei Tegernsee oder auch frische Garnelen von Crusta Nova, einer Biofarm für hochwertige Salzwassergarnelen im Landkreis Erding. Anya sind frische, regionale und nachhaltige Lebensmittel von hoher Qualität wichtig, dafür nimmt sie auch höhere Kosten in Kauf. Lieber mit Bedacht einkaufen, mehr planen, nichts wegwerfen – das ist ihre Philosophie. So kann es schon passieren, dass die Zutaten für ein Gericht pro Person zehn Euro kosten. Und sie gibt zu, dass das ökonomische Einkaufen auch für sie im letzten Jahr ein Lernprozess war.

„Ich glaube fest an Genuss.“

Am Aspekt des Verarbeitens von frischen lokalen Lebensmitteln ist ihr vor allem wichtig, dass sie weiß, was im Essen steckt, im Gegensatz zum Gebrauch von Convenienceprodukten, wo der Verbraucher oft nicht weiß, was drin ist. Aber auch die ausgewogene Ernährung findet Anya wichtig, so liefert sie beispielsweise interessante Informationen zum Thema Zucker auf ihrem Instagramprofil. Sie möchte vermitteln, wie man sich mit Spaß und Genuss, und trotzdem ausgeglichen ernähren kann. Denn: „Essen ist ein soziales Ereignis, das man mit Freunden und Familie teilt, es spiegelt eine Kultur wider.“

Als Kind wurde sie stets wunderbar kulinarisch versorgt, „meine Mama hat vom Feinsten gekocht“, so die Foodbloggerin. Ihr Lebensmitteltechnologiestudium ist jedoch nicht ausschlaggebend für ihre Kochkünste, die hat sie sich tatsächlich im Laufe der letzten Monate hart erarbeitet. „Von sieben Mal kochen klappt‘s dreimal und viermal nicht, mit der Zeit wird man aber immer besser.“ Was Anya Schmidt-Rüngeler so sympathisch und erfolgreich mit ihrem tegernsee kitchen macht, ist auch ihre Authentizität. In der heilen Welt von Instagram, wo meist nur das Perfekte und Schöne gezeigt wird, gibt sie auch mal zu, wenn ein bestimmtes Gericht dem Mann oder dem Sohn nicht geschmeckt hat. Das ist ungewöhnlich und baut Glaubwürdigkeit auf. Übrigens kocht Anya in einer ganz normalen Küche, ohne spezielles Equipment. Lediglich eine Pastamaschine, die ihr letztes Jahr geschenkt wurde, nutzt sie gerne und oft.

Da läuft einem glatt das Wasser im Mund zusammen, wenn man sich das Instagramprofil von Anya anschaut / Screenshot Instagram

“Einfach kochen” – so lautet das Motto von tegernsee kitchen. Doch ist es wirklich so einfach? Anya findet „ja, man kann es sich schnell aneignen, es fällt nicht vom Himmel, aber es ist nicht so schwer, wie ich ursprünglich dachte.“ Man muss Prioritäten setzen und sich bewusst Zeit nehmen fürs Kochen, denn letztendlich ist es natürlich eine Zeitfrage. Der Einkauf kostet Zeit, ebenso das Kochen. Und in Anyas speziellem Fall ist zusätzlich das Veröffentlichen ihres Kochbeitrags zeitintensiv. Das Foto muss bearbeitet, dazu ein Text geschrieben werden, Kommentare und Fragen von ihren Abonnenten wollen beantwortet werden. Da kommen schon mal locker drei bis vier Stunden Zeitaufwand zusammen.

Wo soll die Reise hingehen?

Ihr Herzensprojekt „tegernsee kitchen“ betreibt Anya neben ihrem eigentlichen Job als CMO (Chief Mobile Officer) für Outbank, ein Fintech-Unternehmen, das Software anbietet, mit der Anwender ihre Finanzen online verwalten und organisieren können. Das Kochen ist für sie eine Art meditativer Prozess und Ausgleich zum Beruf. Doch sie hat auch ein Ziel: Ein Kochbuch mit regional-saisonalen Produkten aus dem Tegernseer Tal und Umgebung und dazu passenden Rezepten schreiben. Allein der Tegernseer Saibling kann roh, gebraten, geräuchert oder gegart serviert werden, bietet also eine Fülle an Rezeptideen. Ihr Projekt „Kochbuch“ will sie gegebenenfalls eigenständig herausbringen. Was das Kochen betrifft sind ihre nächsten Ziele, eine richtig gute Pizza und Sauerteigbrot herzustellen.

Auf Instagram werden trotz Anonymität Menschen zusammengebracht, die etwas teilen.

Auch wenn das ,Posten‘ von Beiträgen und Rezepten gelegentlich anstrengend und zeitintensiv ist, zieht Anya Schmidt-Rüngeler nur Positives aus ihrer Instagram-Arbeit: „Es ist rührend, was die Leute an Feedback geben. Der Austausch mit der Community ist toll. Die Leute nehmen Ideen mit, und das bestätigt mich.“ Sie wertschätzt die Reaktionen ihrer ,Follower‘, denn das zeigt „dass es tatsächlich etwas bringt, was ich mache.“ Und das wiederum schätzen die Menschen der Instagram-Welt an ihr: sie nimmt sich Zeit.

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