„Schnell frisst Langsam“

von Alexander Bronisch

Jeder Job hat heute digitale Aspekte. Deshalb ist es von elementarer Bedeutung, dass die Digitalisierung auch an den Schulen höchste Priorität bekommt. Das fordert Ralph Suda, Mitinhaber der Holzkirchener Firma SudaBrown. Im Gymnasium Holzkirchen kamen seine Thesen nun auf den Prüfstand. Und es zeigt sich: Kreide und Tafel kann auch gut sein.

Ralph Suda (li.) und Axel Kisters begrüßen die Gäste. / Foto: Bronisch
Ralph Suda (li.) und Axel Kisters begrüßen die Gäste / Foto: Bronisch

Am Anfang präsentierte Ralph Suda einen Film, den Schüler des Holzkirchner Gymnasiums zusammen mit ihren Lehrern gedreht hatten. In Interviews und Statements sprachen sie über ihre Vorstellungen, welche Chancen und welche Risiken sie in einer digitalen Zukunft des Unterrichts sehen.

Unterricht von zu Hause aus über eine Webcam und Skype, Tests mit individueller Lernzeitvorbereitung, Kontakte mit Experten in der ganzen Welt, die man per Internet in das Klassenzimmer holen kann. Die Visionen der Schüler über die digitale Zukunft waren euphorisch.

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Suda, der sich selbst als „Business Angel“ im digitalen Umfeld bezeichnet, unterstützt Firmen beim digitalen Wandel. Die Schüleraussagen fand er „ganz, ganz toll“. Die Schüler hätten verstanden, dass die digitalen Möglichkeiten unsere Welt bereits jetzt von Grund auf verändern und weiter verändern werden.

Nicht „Groß frisst Klein“, sondern „Schnell frisst Langsam“

Blockchaine, ein System vernetzter Datenbanken, das zum Beispiel die virtuelle Währung der Bitcoins ermöglicht, 3-D-Druck von lebenden Organen und die App „MyTaxi“ warf Suda als Beispiele in den Raum. Aber: „Digitale Transformation hat wenig mit Technik und viel mit Menschen zu tun. Die Menschen müssen sich ändern.“ Heute gelte nicht mehr „Groß frisst Klein“ sondern „Schnell frisst Langsam“. Das, wovor uns unsere Eltern gewarnt haben, sei jetzt Wirklichkeit geworden.

In diesem Prozess komme es darauf an, Gegner des Wandels und Ängstliche, die es überall gebe, zu „transformieren“. Man müsse „das Zimmer ausräumen und neu einräumen“. Das Fazit, mit dem Suda seinen Vortrag beendete: „Nicht die Digitalisierung ist das Problem, sondern wie wir damit umgehen.“

Podiumsdiskussion mit unterschiedlichen Standpunkten

Bei der folgenden Podiumsdiskussion wurden das ganze dann etwas differenzierter. Mit dabei: Landrat, Lehrer, Experten. Bernd Lemancyk, Lehrer am Partnergymnasium in Kirchheim (Landkreis München), berichtete zunächst von seinen Erfahrungen mit einer Tablet-Klasse. Er stellte trotz einer positiven Zwischenbilanz klar: Tablets bieten keinen großen Mehrwert. Nicht alle Unterrichtsinhalte würden sich für digitale Umsetzungen eignen. Kreide und Tafel kann auch gut sein.

An der Podiumsdiskussion nahmen teil (v. li.): Schulleiter Axel Kisters, Bern Lemancyk, Tom Schöngruber, Nele Haasen-Müller, Landrat Wolfgang Rzehak, Dr. Ulrich List und Ralph Suda / Foto: Bronisch
An der Podiumsdiskussion nahmen teil (v. li.): Schulleiter Axel Kisters, Bern Lemancyk, Tom Schöngruber, Nele Haasen-Müller, Landrat Wolfgang Rzehak, Dr. Ulrich List und Ralph Suda / Foto: Bronisch

Landrat Wolfgang Rzehak äußerte kritische Aufgeschlossenheit und warnte vor zu viel Euphorie. Zu seiner Zeit hätten alle Schulen Sprachlabors eingerichtet. Fünf Jahre später seien sie schon nicht mehr genutzt worden. Worauf es vor allem in der Schule ankomme, sei das Erlernen von sozialen Kompetenzen.

Suda hielt dagegen. Es gebe im Vergleich zu den digitalen Möglichkeiten nichts Besseres, um kreativ zu sein. „Wir müssen die Schüler auf den ständigen radikalen Wandel vorbereiten“, forderte er. „Für mich ist Robotik mehr Allgemeinbildung als Schillers Räuber“.

Frontalunterricht zur Abwechslung auch nicht schlecht

Der Holzkirchner Dr. Ulrich List, Lehrer für Englisch und Erdkunde, sieht dagegen Chancen im Aufbrechen der Klassenraumsituation durch die Einführung von „Lerninseln”, in denen sich Schüler in ihrem eigenen Tempo mit dem Tablet Lerninhalte aneignen können. Aber:

Der 60-jährige Lateinlehrer, der seinen Frontalunterricht knallhart durchzieht, ist als Abwechslung vielleicht auch gar nicht schlecht.

Skepsis gegenüber einer Überschätzung digitaler Medien als Unterrichtsinstrument kam auch von Tom Schöngruber, dem 13-jährigen Schülervertreter aus Holzkirchen. Er hatte das passende Schlusswort für die Diskussion: „Schule soll nicht nur Dasitzen und Zuhören bedeuten, sondern Kooperieren. Das Medium ist dabei nicht so wichtig.“

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