Schon morgen könnte die Entscheidung des Gerichts anstehen. Dann dürfte auch klar werden, ob Uli Hoeneß ins Gefängnis muss.
Die Verhandlung am heutigen dritten Prozesstag beginnt mit einer Verspätung von zehn Minuten. Das ist ungewöhnlich. Es stellt sich heraus, dass der Gerichtscomputer abgestürzt war. Spötter meinen, offensichtlich verkrafte das System nicht die ungeheuren Datenmengen des Hoeneß-Prozesses. 70.000 Seiten kamen allein von der Rosenheimer Steuerfahnderin Gabriele H. Sie hatte gestern von mehreren USB–Sticks mit zahlreichen PDF-Dateien gesprochen, die sie zu sichten hatte.
Steuerfahnder: „Wust von Unterlagen auf USB-Sticks“
Erster Zeuge ist heute dann auch ihr Kollege der Steuerfahndung, der EDV-Experte Peter G. Er war an der Durchsuchung am 20. März 2013 bei Hoeneß in Bad Wiessee beteiligt. Es geht um den verschlüsselten USB-Stick mit Daten zum Hoeneß-Konto. Der Zeuge sagt aus, dass die am 28. Februar 2014 eingereichten Dateien der Verteidigung erst am 20. Februar 2014 erstellt wurden.
Damit bestätigt er die Aussage von Hoeneß, der erst kurz vor Prozessbeginn von dem genauen Umfang der Steuerhinterziehung erfahren haben will. Der EDV-Zeuge hatte es bei seiner Arbeit offensichtlich mit einem ungeordneten Wust von Unterlagen zu tun. Jede Datei habe x-tausend Seiten gehabt, eine Systematik des Inhalts sei nicht erkennbar gewesen.
Seine Aussage aber entlastet Hoeneß etwas. Hoeneß’ Anwalt Hanns Feigen fasst zusammen: „Die These, dass uns die Sticks seit dem 18.1. vorlagen, ist also reiner Unfug.“ Feigen ist heute auch im Vergleich zu den letzten Prozesstagen nicht wiederzuerkennen. Gleich zu Beginn seiner Einlassung poltert er:
Wir sind ja nicht dämlich. Wir sind von den am Dienstag bekannt gewordenen Zahlen nicht überrascht worden. In der Selbstanzeige, die Herr Hoeneß am 17. Januar 2013 eingereicht hat, sind sämtliche Zahlen bereits enthalten.
Feigen läuft im Saal auf und ab, während der Zeuge dem Richter Dokumente erläutert. Der Anwalt gesellt sich mal dazu, geht wieder weg, kommentiert die Erläuterungen des Zeugen mal mit einem Kopfschütteln, mal mit einer Geste. In seiner Stellungnahme verweist Feigen auch auf die Selbstanzeige seines Mandanten vom 17. Januar 2013. In ihr stehe, dass Hoeneß einen Gewinn von 130 Millionen Euro aus seinen Devisen-Spekulationen angegeben habe.
Aufgeschlüsselt seien die Gewinne auf die Jahre 2003 mit 52 Millionen und 2005 mit 78 Millionen. Zusammen: 130 Millionen Euro. Daraus wären die besagten 27,2 Millionen Euro Steuern fällig geworden, die Hoeneß jedoch hinterzogen habe, so sein Anwalt. Dennoch sei die Verteidigung von einem Freispruch ihres Mandanten überzeugt.
Der Betriebsprüfer im Hause Hoeneß
Wenig später ist bereits der zweite Zeuge an der Reihe: Walter T. Er ist Betriebsprüfer beim Finanzamt Miesbach. Seine Aufgabe seien Betriebsprüfungen ab einem Vermögen von einer halben Million. So kam er auch 2011 zur Uli Hoeneß GmbH nach Bad Wiessee, aber auch um die deutschen Devisengeschäfte von Hoeneß zu prüfen. „Ich fand mehrere Umzugskisten mit 30 bis 40 Aktenordnern voller Unterlagen vor. Das war eine Herausforderung“, gibt der Zeuge zu.
Auch als Profi habe er im ersten Moment keinen Durchblick gehabt. Ein Mitarbeiter der Reuschel-Bank habe ihm jedoch geholfen. „Mein Interesse war: Was ist steuerpflichtig, was ist steuerfrei?“, so der Prüfer heute. Die Aufstellungen sämtlicher deutscher Devisengeschäfte seien von einer externen Firma der Bank gekommen. Dabei sei es um Kassa- und Termingeschäfte, Swaps und Futures gegangen. „Ist das rübergekommen?“, fragt der Betriebsprüfer am Ende.
Offensichtlich nicht: „Versuchen Sie es nochmal“, antwortet der Richter. Der Devisenspekulant Hoeneß schmunzelt. Bei Betriebsprüfungen durch Walter T. in Bad Wiessee sei neben dem Steuerberater auch Hoeneß zugegen gewesen. Mit ihm habe er aber weniger über seine Geschäfte, sondern mehr über den FC Bayern gesprochen.
Am Ende der Verhandlung äußerst sich erstmals Strafverteidiger Hanns W. Feigen öffentlich gegenüber der Presse im Saal 134: „Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Selbstanzeige von Herrn Hoeneß vollständig ist. Alle relevanten Daten haben vorgelegen. Es hat lediglich eine Beurteilung des Steuerberaters gefehlt, ob zwischen 2006 und 2009 Gewinne angefallen sind.“
Morgen wird es dann für Hoeneß darauf ankommen, ob das Gericht das genauso sieht. Vor allem sein Staranwalt Feigen muss endlich überzeugen. Dieser hielt sich bislang eher zurück. Sollte er nicht noch im letzten Moment das Ruder herumreißen können, so segelt Hoeneß morgen in eine persönliche Katastrophe, wenn das Gericht seine Selbstanzeige nicht strafmildernd anerkennt. Doch selbst dann ist eine Haftstrafe nicht auszuschließen. Als Höchststrafe stehen auf Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Artikel aktualisiert um 18:44 Uhr
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