„Die Konstruktion ist eine Fehlgeburt“

Die Pflege der Landschaft soll in Waakirchen durch die Gründung eines Vereins sichergestellt werden. Ein Projekt, das in den ersten zwei Jahren zwar vom Staat gefördert wird, danach aber größtenteils selbst finanziert werden muss. Doch welche Vorteile ergeben sich daraus für die Gemeinde?

Waakirchens Landschaft muss erhalten bleiben, da ist man sich in der Gemeinde sicher. Nur wie? /Quelle: Gemeinde Waakirchen

Ein Landschaftspflegeverband (LPV) ist ein gemeinnütziger, eingetragener Verein, dessen Ziel die Pflege der Landschaft sowie der Schutz der Natur ist. Bayernweit gibt es derzeit insgesamt 59 solcher Vereine. Eine der Aufgaben des Vereins ist die Akquise von Fördergeldern, damit Naturschutz- und Pflegemaßnahmen in die Praxis umgesetzt werden können.

In einem ungefähr 20-minütigen Vortrag stellte Florian Busl vom Fachbereich Naturschutz des Landratsamtes Miesbach diese „Chance für den Landkreis“, wie er die Gründung eines solchen Vereins bezeichnete, in der gestrigen Gemeinderatssitzung vor. Die Gemeinde Waakirchen wäre im Landkreis Vorreiter. In Berchtesgaden und Ebersberg gebe es schon einen solchen Verein. Rosenheim und Bad Tölz stehen kurz davor, einen LPV zu gründen.

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Zusammensetzung des Vereins

Herzstück des Vereins sei ein Geschäftsführer, so Busl. Die Vorstandschaft bestehe – entsprechend einer Drittelparität – zu gleichen Teilen aus Vertretern der Kommunalpolitik, der Landwirtschaft und des Naturschutzes. Angestellt sei lediglich der Geschäftsführer, alle anderen Vorstandsmitglieder würden ehrenamtlich tätig sein. Da Landschaftspflegeverbände keine behördlichen Befugnisse hätten, würde die Zusammenarbeit mit Landwirten oder Grundstückseigentümern ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen, betonte er.

Der Landschaftspflegeverband sei ein Netzwerker, der mit den Akteuren vor Ort wie Naturschutzverbänden, Landwirten, Maschinenbauern sowie Ämtern und Behörden eng zusammenarbeite. Durch sein fachliches Know-how könne er Ökomaßnahmen umsetzen, Biotope pflegen, Flächen erhalten und sein Stück Heimat regional vermarkten. Die klassischen Landschaftsschutzmaßnahmen wären zudem kostenneutral, so Busl.

In den ersten zwei Jahren werde der Verein komplett staatlich gefördert, erklärte er, danach zu 70 Prozent. Rechnen müsse die Gemeinde mit ungefähr 110.000 Euro im Jahr. Die Grundfinanzierung erfolge über die Mitgliedsbeiträge des Vereins. Beitreten könne jede Privatperson, jeder Verein und jede Gemeinde.

Subvention ist der falsche Ansatz

Wobei sich der Landkreis an dieser Summe mit knapp 50.000 Euro beteiligen würde. Einer Summe, die schon jetzt für die Landschaftspflege ausgegeben werde. „Das wäre eine reine Umlagerung der bisherigen Kosten“, so Busl. Rudi Reber (ABV) konnte sich mit diesem Gedanken nicht so ganz anfreunden: „Warum gibt man den Bauern nicht das Geld, die sich um die Pflege kümmern müssen? Uns entgleitet doch die Landschaftspflege.“ Auch über die Fördergelder konnte er sich nicht recht freuen: „Subvention ist der falsche Ansatz. Auch Fördergelder sind Steuergelder.“

Dem stimmte Busl zwar größtenteils zu, gab aber zu Bedenken, dass die Arbeitsbelastungen für die Milchbauern gestiegen seien, und diese mit dem Strukturwandel zu kämpfen hätten. Aufgabe des Vereins würde es sein, „Flächen, die man halten kann, zu halten.“

“Wenige schaffen an, andere setzen um”

Die gesamte Kommune bestehe doch aus Steuergeldern, schüttelte Gwendolin Kalch (SPD) den Kopf. „Oder meint Ihr, das sitzt irgendwo ein Investor?“ Das Geld werde doch für größere Dinge ausgegeben. Als Beispiel nannte sie die Dieselaffäre.

Balthasar Brandhofer (ABV) wollte noch einmal das Ziel des Vereins herausgestellt wissen. „Es sei die klassische Pflege von Flächen in der Landschaft“, entgegnete Busl. Dabei sei der Verein vor allem ein Umsetzer. Man werde sich unter anderem Landwirte suchen, die beispielsweise irgendwo Flächen mähen.

Er sei Landwirt, sagte Brandhofer, und er sehe nicht, dass viele Vereinsvorstände dieses Ziel umsetzen können. Unterm Strich laufe es auf das Gleiche heraus: „Wenige schaffen an, andere setzen praktisch um.“ Das seien Steuergelder für nix und wieder nix.

Wenn ich die Konstruktion so sehe, ist das eine Fehlgeburt.

Andreas Hagleitner warf ein, dass es bis jetzt mit dem Landratsamt doch auch ganz gut funktioniert habe. Busl erklärte, man habe ein Flächenpool von 65.000 Hektar, das es zu pflegen gilt. „Wir schneiden uns die Zeit aus den Rippen.“ Es gebe viel mehr Flächen, die man pflegen müsste. Der Bedarf könne einfach nicht mehr gedeckt werden.

„Können wir uns als Gemeinde das überhaupt leisten? Wir als Verein müssten doch dann die Kosten auffangen. Vor allem, wenn die Anschlussfinanzierung wegfällt“, gab Bürgermeister Sepp Hartl zu bedenken.

Entscheidung fällt im September

Monika Marstaller (FWG) sah es wie ihre Ratskollegen: „Das Landratsamt wird entlastet und eine neue Stelle geschaffen.“ Außerdem höre sie immer nur „Fördergelder, Fördergelder“. „Was soll da rausspringen? Der Verein muss doch selbstständig laufen.“ Man sehe ja bei anderen Organisationen, dass es nicht funktioniere.

Ganz so negativ sah es Herrmann Mair (SPD) gestern Abend nicht. „Mit dem Verein könnten Dinge, die gemacht werden müssen, kurzfristig entschieden werden.“ Auch Alfred Finger (CSU) meinte, man sollte es versuchen. „Immerhin ist der Bauernverband dabei. Das sind Praktiker. Vielleicht hat das Ganze doch was Gutes. Wir sollten’s probieren.“

Bürgermeister Sepp Hartl (FWG) brach die Diskussion ab: „Heute fällt sowieso keine Entscheidung. Wir lassen uns bis September Zeit und sprechen mit denen, die so einen Verein bereits gegründet haben.“ Ganz so negativ sehe er das Ganze allerdings nicht: „Die Landwirte bekommen so die Chance, ihre Arbeitskraft einzubringen.“

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