Überall ist er aktuell spürbar – der Klimawandel. Mitte Januar herrscht Frühlingserwachen im Tal. Grüne Pisten und kaum Schnee soweit das Auge reicht. Das hat Auswirkungen, nicht nur auf die Skibetriebe.
Bilder von grünen Hängen und schmalen Kunstschneepisten gingen in den vergangenen Tagen durch die Medien. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger freute sich über Twitter, dass trotz milder Temperaturen und hoher Energiekosten die Schneekanonen unbeirrt weiter betrieben werden. Geht ja schließlich um den heimischen Wintersport.
Ganz so einfach gestaltet sich das im Tegernseer Tal und der Region allerdings nicht. “Witterungsbedingt sind alle Anlagen bis auf Weiteres geschlossen”, heißt es beispielsweise auf der Seite der Oedberg-Skilifte. Gleiches gilt für die Hirschberglifte in Kreuth. “Wir warten ab, was das Wetter macht und hoffen, dass wir bald wieder starten können”, sagt Familie Kandlinger, Betreiber der Hirschberglifte. Alternativangebote gebe es keine, man habe glücklicherweise noch andere Standbeine wie Ferienwohnungen und Landwirtschaft. Auch die Suttenbahn läuft vorerst nur als Zubringer. Insgesamt sind kaum Pisten verfügbar.
Die Situation ist besorgniserregend. Anfang Januar herrscht Frühlingserwachen im Tegernseer Tal. Vogelgezwitscher und zweistellige Temperaturen prägen den Landkreis. So manch ein Bauer hat seine Kühe auf der angrenzenden Weide. Für Wintersportbetreiber wie Skigebiete und Langlaufzentren keine einfache Zeit, da diese wegen der gestiegenen Energiekosten ohnehin schon vorbelastet sind.
Wir hatten diesen Winter zunächst einen Traumstart in die Saison mit Schnee und sehr niedrigen Temperaturen. Dann hat das fast schon traditionelle Weihnachtstauwetter eingesetzt, das in diesem Jahr leider besonders ausgeprägt ist. Antonia Asenstorfer, Pressesprecherin der Alpenbahnen Spitzingsee-Tegernsee
Weihnachten im Jahr 2015 sei eine ähnliche Situation gewesen. Damals habe man in den Weihnachtsferien den Sommerbetrieb der Taubensteinbahn am Spitzingsee wieder aufgenommen. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Wetterlage entwickelt. Asenstorfer betont, dass erneut beschneit werde, sobald es die Temperaturen zulassen.
Dennoch genügend Touristen im Tal?
Viele Touristen, die ihren Winterurlaub zum Skifahren im Tal verbringen wollten, mussten umsatteln. Statt die Pisten runter zu brettern oder den Kopf freizubekommen beim kilometerlangen Langlaufen durch die verschneite Bergwelt, waren andere Dinge im Vordergrund. Christian Kausch, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH, erklärt: “Die Leute waren wandern und sind durch die Talgemeinden spaziert. Dabei wurde in Gaststätten eingekehrt und viel eingekauft”.
Er sei mit der Zahl der Besucher im Tal zufrieden: “Die genauen Zahlen kommen zwar erst, aber vom Gefühl her, war es gut”. Lediglich die Hoteliers haben ihm die Rückmeldung gegeben, dass weniger Buchungen vorlagen als vor der Corona-Pandemie.
“Rücksichtnahme ist ein Fremdwort geworden”
Über die Frage, ob dies die beginnenden Auswirkungen des Klimawandels sind, wird weiter gestritten. Ob und wie der Wintersport in ferner Zukunft im Tegernseer Tal überhaupt noch bestehen kann, bleibt fraglich. Die einen sagen – ja, es ist der Klimawandel. Die anderen, unter anderem Asenstorfer, sind der Meinung, dass dies lediglich Wetterphänomene seien, die “immer mal wieder” vorkommen. Ein Zwiespalt in der Gesellschaft.
Angela Brogsitter-Finck von der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal hingegen ist der festen Überzeugung, dass dies erst der Anfang eines drastischen Klimawandels sei. “Die Menschen fangen erst an zu handeln, wenn ihnen die Decke auf den Kopf fällt.” Es spiele keine Rolle, dass die Natur zerstört werde. Wichtig sei für die Menschen nur das eigene Vergnügen, sei es in Form von Nachtskitouren, einem Almdorf am Berg oder der umstrittenen Saurüsselalm, die sich in der still gelegenen Natur befindet.
Das Tegernseer Tal ist eine reine Spaßgesellschaft. Anstatt die Ruhe und Natur zu genießen, die wir hier haben. Bad Wiessee zum Beispiel ist eine Trümmerlandschaft. Wir sehen die Auswirkungen vor Augen und trotzdem geht es so weiter, wie bisher. Angela Brogsitter-Finck, Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal
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