Bei der Jahrespressekonferenz in Berlin erklärte der Sprecher des Deutschen Presserats, Manfred Protze, dass sich die Pressestellen der Polizei zu Medien entwickelt habe.
Früher hatte die Polizei-Pressestelle die Rolle eines Zulieferers für die klassischen Medien. Die Medien haben in eigener Verantwortung und nach eigenen Kriterien die Auswahl der von den Behörden zur Verfügung gestellten Informationen getroffen.
Heute sei das anders. Pressetexte werden direkt auf Social-Media-Kanälen wie Facebook oder Twitter oder der polizeieigenen Homepage veröffentlicht und gehen nicht mehr den Weg über die Redaktionen. Damit trete die Polizei in Konkurrenz zu den klassischen Medien. Diese berücksichtigen stets die Erwartungshaltung ihrer Leser bei der Vermittlung von Polizeimeldungen. Jedoch verbietet ihnen der Pressekodex, die Herkunft von Straftätern oder Verdächtigen zu nennen.
Pressekodex verbietet Nennung der Nationalität
In Ziffer 12.1 des Pressekodexes heißt es, dass Nationalitäten und Gruppenzugehörigkeiten nur noch genannt werden dürfen, wenn es dafür ein begründetes Interesse gibt. Diese seit März bestehende Regelung soll die Verbreitung von Vorurteilen – unter anderem gegen Flüchtlinge – entgegenwirken. Die Neugier der Leser spiele dabei keine Rolle und sei kein hinreichender Grund, die Herkunft vielleicht doch zu nennen.
Der Presserat-Sprecher kritisiert, dass der Leser – im Vergleich zu der von der Polizei veröffentlichten Meldung mit Herkunftsangabe – die Schlussfolgerung ziehen könnte, die Presse halte ihre Informationen zurück. Darf die Polizei demnach einen eigenen ethischen Umgang mit Informationen haben? Darüber müsse das Innenministerium entscheiden, sagt Protze.
Aber wie läuft das bei der Polizeiinspektion Bad Wiessee? Nutzt man dort die sozialen Netzwerke? Grundsätzlich nutze man die Pressestelle und das Social Media Team des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, sagt Polizeihauptkommissar Roman Hörfurter. Aber auch die Polizei könne bei überregionalem Interesse vor Ort steuern, dass Informationen über Facebook und Twitter veröffentlicht werden. Als Beispiel für eine erforderliche Nutzung der Social-Media-Kanäle nennt er den Amoklauf im Münchner Olympiazentrum (OEZ) im Juli 2016.
Zusammenarbeit mit Presse vor Ort: sachlich, fair, korrekt
Es gebe jedoch Richtlinien für Pressemitteilungen, an die man sich halten müsse, sagt er. „Wir gehen sehr sensibel mit Daten um und geben erst etwas an die Öffentlichkeit, wenn wir die Informationen auch beweisen können.“ Kein Verständnis hat Hörfurter beispielsweise für Gaffer. Er selbst sei einmal in einen Verkehrsunfall involviert gewesen, wo ein Familienvater ums Leben kam. Dessen Frau wurde per Chat von einem Voyeur vor Ort über den Tod ihres Mannes informiert.
Auch in Bezug auf Angabe der Herkunft wiege man in Bad Wiessee ab. „Kommt jemand aus einem kleinen Weiler, wo nur 17 Leute wohnen“, führt Hörfurter als Beispiel an, “wird die Herkunft entweder globaler angegeben oder verschwiegen.” Grundsätzlich sei es jedoch üblich, die Wohnregion zu nennen. Über die Zusammenarbeit mit der Presse am Tegernsee könne er nichts Negatives sagen. Die verlaufe „sehr gut“: sachlich, fair und korrekt.
Keine Konkurrenz zu Medien, sondern Sicherheit
Eine Erklärung möchte er den örtlichen Medien dann aber doch mit auf den Weg geben. Der Polizei werde immer der Vorwurf gemacht, so Hörfurter, sie brauche zu lange, um Pressemitteilungen herauszugeben. Aber die Polizei müsse die Angaben im Vorfeld immer eingehend prüfen, und das dauere eben manchmal. Verifiziert werden müsse auch die Herkunft einer Person.
In der Pressestelle der Polizeidirektion Oberbayern Süd hat man seit zwei Jahren eine eigene Social-Media-Abteilung, wie Pressesprecher Jürgen Thalmeier auf Nachfrage mitteilt. Diese nutze man als Ergänzung zur herkömmlichen Pressearbeit. Natürlich gebe man im Einzelfall auch Details, wie beispielsweise die Herkunft eines Tatverdächtigen – bekannt. Dennoch verstehe er diese Art der Informationsverbreitung keinesfalls als Konkurrenz zu den Medien. Vielmehr könne man so „beruhigend und informativ“ auf die Menschen einwirken, sagt er.
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