Der 14. September 2010 war für Iris und Rolf ein „denkwürdiger Tag“. Es war ihr erster Tag als neue Pächter der Schulmensa am Gymnasium Tegernsee. „Wir hätten nie gedacht, dass wir zusammen einmal eine Schulmensa betreiben würden“, erzählt Rolf Ziesing. Heute kochen der 54-jährige gelernte Koch aus Bielefeld und seine gleichaltrige Frau Iris aus Duisburg, die gelernte Einzelhandelskauffrau ist, für 660 Schüler und 60 Lehrer am Gymnasium Tegernsee – und sie machen es sichtlich gerne.
Eine offene Küche und ein freundliches Gesicht
Ein Essen kostet in der Regel zwischen vier und fünf Euro und besteht aus einem Hauptgericht mit Suppe, Salat oder Nachspeise. Dabei legen die beiden großen Wert auf Frische. „Das meiste machen wir selber“, erklärt Rolf. „Da wissen wir was drin ist.“ Wie zum Beispiel die Nudeln, die der Küchenchef an diesem Morgen durch die Nudelmaschinen dreht, fein abgeschmeckt mit frisch geriebener Muskatnuss und etwas Kurkuma für die Farbe. „Die Nudeln werden Mittag auf den Punkt gekocht“, sagt er sichtlich stolz und mit Freude. Überhaupt spürt man bei Rolf die Liebe und die Leidenschaft für seinen Beruf, das Produkt und das Ergebnis.
Das überzeugt auch die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Tegernsee, die gerne zu Iris und Rolf in die Mensa kommen, um sich etwas zur Pause zu kaufen, Mittag zu essen oder einfach nur einen Kaffee zu trinken und mit den beiden zu ratschen. Die meisten Schüler duzen das Küchenteam. Und auch Iris und Rolf pflegen ein gutes Verhältnis zu „ihren Kindern“.
Rund ein Drittel der Schüler kennen Iris und Rolf beim Namen. Dieses familiäre Verhältnis kommt vor allem durch die offene Küche zustande. Schon in der großen Pause oder in der Freistunde können die Schülerinnen und Schüler zusehen, wie das Mittagessen gekocht wird, es duftet und macht Appetit. „Und wir sehen, was und wie es den Kindern schmeckt“, ergänzt Rolf Ziesing.
Auf die Frage, was denn am besten gehe, überrascht Iris Ziesing mit der Antwort: „Das Kalb Tikka Masala wird sehr gerne gegessen oder auch unsere Wok-Gerichte, wie das Mango-Curry mit Pute. Der Renner ist aber unser Karamel-Schwein. Da wurden wir schon nach dem Rezept gefragt.“ Wer also Einheits-Mensa-Küche erwartet, wird bei den Ziesings definitiv eines Besseren belehrt. Zur großen Pause gibt es eine Müsli-Bar, frisches Obst, frisch aufgebackene Käse-Brezen-Stange mit echtem Käse, frische Käse-Krainer, Leberkäse oder Schnitzel in der Semmel und einmal die Woche Hot Dogs, Burger oder Pizza.
„Der Pizza-Tag ist immer sehr beliebt“, erklärt Rolf Ziesing. „Meist fragen die Kinder am Montag schon, wann es Pizza gibt. Dann gehen auch schon mal 120 Stück Pizza in der Minute über den Tresen.“ Für Anna (16 Jahren) muss es Penne Arabiata sein, verrät die Schülerin „Ich gehe sehr gerne in die Mensa zum Essen, eigentlich jeden Tag. Auch Leon (18 Jahre) geht fast täglich in die Mensa zum Essen. Er liebt die Burger. Für Basti (16 Jahre), Laura (16 Jahre) und Pia (17 Jahre) fällt es schwer, sich für ein Lieblingsgericht zu entscheiden. „Uns schmeckt eigentlich alles sehr gut“, meinen die drei. Das gute Essen der Tegernseer Schulmensa hat sich rumgesprochen: „Hin und wieder kommen auch Eltern von Schülern oder ehemalige Schüler zum Essen“, freut sich Iris „oder Lehrer nehmen unser Essen in der Tupperschüssel mit nach Hause.“
Für das Mittagessen haben Iris und Rolf Ziesing einen Rahmenspeiseplan mit den beliebtesten Gerichten. Dieser wiederholt sich circa alle sechs Wochen. Dabei probieren die beiden Küchenchefs immer wieder gerne neue Gerichte aus, zum Beispiel etwas Asiatisches, Afrikanischer, Arabisches oder Türkisches. Hierfür hat Rolf ein großes Regal mit köstlichen Gewürzen. „Die Kinder finden es toll, wenn wir sie mit etwas Neuem überraschen“ sagt er. Und so lassen sich die beiden immer wieder nette kleine Sachen einfallen, um den Kindern beim Essen eine Freude zu machen. Auch Essenswünsche zum Geburtstag erfüllen die zwei gerne.
Dabei kommt der Mensa das gute Wirtschaften von Iris zu Gute. So können sie auch hin und wieder Außergewöhnliches anbieten, wie zum Beispiel einen im ganzen gebratenen Lachs oder ein Steak. Außerdem bereiten die beiden jedes Jahr die obligatorischen Glücks-Schokohasen zur ersten Abiturprüfung vor. Diese findet am 30. April statt. Sowas wissen Iris und Rolf. Auch wer Vegetarier oder Veganer ist. Und manchmal auch, wer in wen verliebt ist.
„Die Mensa war die richtige Entscheidung für uns“, resümiert Rolf. „Die Kinder sind lieb und es macht einfach Spaß für sie zu kochen. Wenn dich 200 leuchtende Kinderaugen ansehen und sich freuen, dass du da bist“. Zu vielen Schülern pflegen Iris und Rolf ein fast freundschaftliches Verhältnis. Als sich die beiden 2016 das Ja-Wort gaben, kamen rund 150 Schülerinnen und Schüler, darunter auch ehemalige Schüler zum Beispiel aus dem ersten Abiturjahrgang, den Iris und Rolf begleitet haben.
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