„Drohende Verunstaltung abwenden“

Das Ortbild und dessen Gestaltung sind in den Gemeinden rund um den Tegernsee eines der höchstgeschützten Güter. Dabei geht es nicht nur um Häuserfassaden oder die Anzahl der Stockwerke, sondern auch um die Abstände zwischen den Gebäuden.

Nicht zuletzt in Bad Wiessee spielen großzügige Häuserabstände eine wichtige Rolle. Was in Großstädten durchaus Gang und Gäbe ist, dass Haus an Haus und Wand an Wand gereiht ist, will man im Kurort tunlichst vermeiden.

Freie Sicht auf den Tegernsee. In der Dr.-Scheid-Straße kann noch die Aussicht genossen werden.
Freie Sicht auf den Tegernsee. In der Adrian-Stoop-Straße kann die Aussicht noch genossen werden.

Wiessees Bauamtsleiter Helmut Köckeis erklärt nun auf der letzten Gemeinderatssitzung, wie genau zu verfahren ist und wie eine drohende Verunstaltung des Ortsbildes abgewendet werden kann. Dazu bedient sich Bad Wiessee einer eigenen Abstandsflächensatzung.

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Für die Gemeinde ist das nichts Neues. Die erste Satzung dieser Art erließ der Gemeinderat bereits im Jahr 1972. Die Regelung von damals galt dann unverändert bis 1997. Weitere 15 Jahre vergingen bis zur jetzigen Satzungsänderung.

Bisher galt laut Köckeis in Bad Wiessee ein Drei-Zonen-Schema, wonach – je nach Zone – zu Nachbargrundstücken zwölf, acht beziehungsweise vier Meter Abstand eingehalten werden mussten. Gemeinsam hatten alle drei Zonen, dass jeweils vom Gebäude bis zur Straße ein Abstand von zehn Metern gewahrt werden soll. Ausnahmen von den bisherigen Regelungen waren möglich, wo es Bebauungspläne gibt – 45 davon hat man in Wiessee.

Balkon an Balkon

Doch laut Köckeis gilt es nun, einige Neuregelungen zu beachten, die wegen “höchstrichterlicher Rechtsprechung” umgesetzt werden müssen. Der Bauamtsleiter spricht hier gar von „einschneidenden Änderungen“, wonach der Gemeinde die Basis für die bisherige Handhabe fehle. Für den Bauamtsleiter kam daher unter anderem auch infrage, die Abstandsflächensatzung ganz aufzuheben. Dies aber widerspricht dem Willen der Gemeinderäte, was Köckeis wiederum mit einem überspitzten Beispiel untermauerte:

Wenn ein Gebäude weniger als 16 Meter lang ist, darf es teilweise bis auf drei Meter an die Nachbarsgrundstücksgrenze herangerückt werden.“ Etwas süffisant fügte der Bauamtsleiter dann an: „Bedenkt man, dass dazu noch Balkone von 1,5 Meter Tiefe erbaut werden dürfen, könnten sich Nachbarn ohne Weiteres die Hände reichen.“

Daher will Bad Wiessee in jedem Fall größere Abstandsflächen beibehalten, um so laut Köckeis einer „drohenden Verunstaltungsgefahr“ durch zu dichte Besiedlung auf dem Ortsgebiet vorzubeugen. Allerdings müsse man die eigenen Satzungsregelungen sehr genau begründen, damit sie drohenden Einsprüchen vor Gericht standhalten.

Spielraum für Architekten und Bauherren

Allerdings gibt es in der Gemeinde bereits sechs Baugebiete, in denen die Regelungen greifen, wonach geringere Abstände, als von der Gemeinde gewünscht, möglich sind. Für Architekten und Bauherren eine gute Sache. Schlecht für das schützenswerte Ortsbild. Die aufgelockertere Bebauung gilt beispielsweise für das Gebiet Münchnerstraße, Jägerstraße, Auerstraße, den Eichendorffweg und den Rohbognerweg. Aber auch an der Dr.-Scheid-Straße und in der Quirinusstraße.

In allen anderen Gebieten greift die ortseigene Abstandsflächensatzung. Fortan muss demnach der Abstand von Häusern, deren Wandhöhe unter sechs Metern beträgt, auch sechs Meter Abstand zum Nachbarsgrundstück einhalten. Höhere Gebäude einen Mindestabstand von acht Metern.

„Mit der neuen Satzung werden wir unserer Verpflichtung, das Ortsbild zu erhalten, gerecht“, meinte Bürgermeister Peter Höß. Diese Auffassung teilten alle Gemeinderäte und stimmten einstimmig für die ortseigene Abstandsflächensatzung.

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