„Du blöder Bayer!“

Seine verbale Entgleisung kam einem 58-jährigen Mann aus Rottach-Egern teuer zu stehen. Erst beleidigte er eine Frau, die ihm den Parkplatz versperrte, dann kam man ihm bei einem ganz anderen Delikt auf die Schliche.

Wegen Beleidigung und fehlender Fahrerlaubnis stand gestern ein 58-jähriger Mann aus Rottach vor Gericht.

Wegen Beleidigung und fehlender Fahrerlaubnis stand ein 58-jähriger Mann aus Rottach-Egern gestern vor Gericht. Die als Zeugin geladene Freundin des Angeklagten verstrickte sich jedoch in Ungereimtheiten, sodass Richter Walter Leitner die Verhandlung mit den Worten unterbrach: „Nach dieser Aussage verurteile ich den Angeklagten.“

Doch zurück zum 27. März 2015. An diesem Tag wollte der 58-Jährige die Einkäufe für seine Mutter erledigen. Weil er zum damaligen Zeitpunkt keinen Führerschein besaß, ließ er sich – nach eigener Aussage – von seiner langjährigen Freundin bei seiner Mutter in Schliersee abholen. Diese sei dafür extra aus Bad Tölz gekommen, so der Angeklagte, und hatte „schon des öfteren Besorgungsfahrten“ für ihn gemacht.

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Saß der Angeklagte hinterm Steuer?

Worüber sich Richter Walter Leitner später wunderte war der Umstand, dass die Fahrzeuge zum Einkaufen gewechselt wurden. Sowohl der Angeklagte als auch die Zeugin versicherten dem Richter, dass man auf den Multivan des Angeklagten nur deshalb umgestiegen sei, weil das Fahrzeug der Angeklagten, ein Peugeot, zu klein für Wocheneinkäufe sei.

Weil der Angeklagte an besagtem Tag noch Geld brauchte, „habe man einen Abstecher zur Sparkasse in Schliersee gemacht“. Die Zahl der Parkplätze ist dort begrenzt. Umso mehr regte sich der Angeklagte über eine 69-jährige Rentnerin aus Schliersee auf, die mit ihrem Fahrzeug zwei freie Parkplätze blockierte, und mit dem Hinterteil ihres Wagens den Gehweg versperrte.

Also habe er das Fenster heruntergekurbelt, so der Angeklagte, und sich über den Beifahrersitz gebeugt. „Aus einer Emotion heraus“ habe er der Rentnerin in bayerischem Dialekt zugerufen:
„Geh, hallo – mogst di ned so histäin, dass andere aa parkn könna?“ Daraufhin soll die Rentnerin ausgerufen haben:

Du blöder Bayer. Ich parke wo und wie ich will, Du Arsch.

In der Bank trafen die beiden wieder aufeinander und überschütteten sich gegenseitig mit weiteren Schimpftiraden. Zwei Bankangestellte konnten Richter Leitner bestätigen, dass die Provokation von beiden Seiten ausging. Leitner wollte wissen, wer am Steuer des Wagens gesessen habe. Die als Zeugin geladene Rentnerin erklärte daraufhin, der Angeklagte habe das Auto gefahren. Von einer Frau sei weit und breit nichts zu sehen gewesen. Immerhin hätte sie nur ungefähr einen Meter vom Autofenster entfernt gestanden.

Richter Leitner rief die Freundin des Angeklagten in den Zeugenstand, die ihn chauffiert haben soll. Ihrer Aussagen nach soll die Rentnerin nicht am Seitenfenster, sondern am hinteren Fenster des Wagens gestanden haben. Auf den unnötigen Fahrzeugwechsel zu Beginn der Einkaufstour angesprochen gibt sie zwei Gründe an: Erstens, um Sprit zu sparen und zweitens sei ihr Auto für einen Wocheneinkauf zu klein. Woraufhin Leitner entgegnet:

Sie meinen, nur Leute mit einem VW-Bus können einkaufen? Erzählen Sie Ihre Geschichte mal weiter, dann schaue ich, ob ich sie Ihnen glaube oder nicht.

Mit Blick auf Frank Zahnert, den Rechtsanwalt des Angeklagten, sagte Leitner plötzlich: „Nach dieser Aussage muss ich den Angeklagten verurteilen.“ Daraufhin zog sich Zahnert mit seinem Mandanten und der Zeugin zur Beratung zurück. Doch sie wichen nicht von ihren Aussagen ab.

In ihrem Schluss-Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Gesamtstrafe für die Beleidigung und das „Fahren ohne Erlaubnis“ von 100 Tagessätzen zu je 15 Euro. Richter Leitner hielt den Angeklagten im Falle der Beleidigungen für schuldig. Weil das Gericht nicht sagen könne, ob der Angeklagte im zweiten Tatbestand den Wagen ohne Erlaubnis gefahren habe, und die Aussagen der beiden Zeuginnen gleichwertig seien, habe sich das Gericht dafür entschieden, der Aussage der Rentnerin zu glauben.

Wer hat gelogen?

Als Begründung führte Leitner an, es sei nicht nachvollziehbar, warum die Rentnerin dem Angeklagten zusätzlich zur Beleidigung noch etwas „andichten“ sollte. Die Freundin des Angeklagten sei dagegen eine langjährige Freundin und habe schon des öfteren Gefälligkeiten geleistet. „Warum also nicht auch in diesem Fall?“ fragte Leitner.

Er verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen à 15 Euro. Weitaus höher, als er anfangs allen Beteiligten zu verstehen gab: „Es geht hier „nur“ um windige 20 Tagessätze, deshalb ist es ratsam, bei der Wahrheit zu bleiben.“

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