In Zeiten grausliger Betonfassaden tut es gut, eine der ältesten Gartengestaltungen in den Fokus zu rücken. Das Spalierobst? Was das ist? Und was Andreas Hagn damit zu tun hat …
Jeder kennt solche Ecken. Eine Häuserwand, die nach Süden ausgerichtet, selbst an Wintertagen zum Verweilen einlädt. Kluge Eigenheimbesitzer wissen: Hier wächst auch etwas, was sonst im Oberland nicht so einfach zu finden ist: Birnen. Sie sind neben Weinreben wohl das bekannteste Spalierobst. Womöglich wurden sie gern an Hauswände gesetzt, um die “Fruchtbarkeit” im Haus zu befördern, als eine Art Fruchtbarkeitskult …
Vor allem in Höhen- und anderen Grenzlagen, wo Birnen eigentlich nicht gedeihen, ist es an sonnigen Wänden doch möglich, anspruchslose Sorten zu kultivieren. Auf die Idee mit dem Hauswand-Obst sind unsere französischen Nachbarn Ende des 16. Jahrhunderts gekommen. Das hat Andreas Hagn aus Gmund-Moosrain beherzigt. An seiner Häuserwand in der Bahnhofstraße prangt aktuell ein wunderschön blühender Birnenbaum. “Der Baum ist ca. 20 Jahre alt. Seine Birnen sind die Sorte William”, erklärt er uns. Und ist der Baum in seinen Twens pflegeintensiv. Hagn winkt ab: “Seine Pflege ist einfach. Der wird im Herbst nur etwas zugeschnitten.”
Der Baum ist optisch natürlich eine Pracht, verdeckt jede Wand und sorgt nicht wie beim wilden Wein für Schäden am Mauerwerk. Und die Ernte? “Letztes Jahr war die Ausbeute ca. 120 Früchte, die entweder eingeweckt werden oder zu “Opas-Birnenlikör” verarbeitet werden”, erklärt uns der Mann aus Moosrain und schiebt nach: “Die Sorte verlangt eine schnelle Verarbeitung.”
Man muss also nicht ins Havelland fahren, um Birnen zu ernten.
Nun ist Spalierobst bei uns im Oberland oft und häufig auf Höfen zu finden. Es war und ist Bestandteil unserer Kultur. Aber Obst setzt zum einen Kenntnis über Schnitt und Pflege voraus und damit auch die Bereitschaft, Zeit und Geduld in Pflege zu investieren. Aber gerade dazu ist der ein oder andere Hausbesitzer im Tegernseer Tal aus verschiedenen Gründen nicht bereit. Da wird lieber in Steinkörbe und gigantische Steinplatten investiert.
Einen Steinwurf von Hagns Haus in Moosrain ist der Imkerstand. Wer sich über die Wechselwirkung von Obstbäumen, Bienenbestand und unser aller Zukunft informieren, sollte dort die eifrigen Hobbyimker ansprechen. Sie brauchen Menschen wie Andreas Hagn. Wer darüber nachdenkt, auch in seinem Garten diese bienenfreundliche Delikatesse einzusetzen, sollte nun mit den Vorbereitungen beginnen. Es braucht eine geeignete Hauswand, ein Spalier muss gebaut und ein geeigneter Baum in eine gut vorbereitete Pflanz-Grube gesetzt werden.
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