Ein Gmunder Familienbetrieb verabschiedet sich

Ob Lotto-Schein, Schulheft oder Büroordner – Familie Kudla stattet seit 30 Jahren ihre Kundschaft mit Schreibwaren aus. Der Laden am Gmunder Stachus ist für Viele die erste Anlaufstelle, vor allem aber eine Institution. Doch nun müssen sich die Betreiberinnen schweren Herzens verabschieden.

Seit 30 Jahren betreiben Sabine Kudla, Doris Kudla und Margot Mehringer (v.li.) ‘Papier Kudla’ in Gmund. / Quelle: Maxi Hartberger

Der Zahn der Zeit, vor allem aber das Kaufverhalten der jüngeren Generationen gehen an vielen Einzelhändlern nicht spurlos vorbei. So auch bei Familie Kudla. Seit 30 Jahren betreiben Doris Kudla und Margot Mehringer das Schreibwarengeschäft am Gmunder Stachus. Später kam dann noch Tochter Sabine Kudla hinzu. Ein Gmunder Familienbetrieb.

„1990 haben wir das Schreibwarengeschäft übernommen“, erklärt Doris die Anfänge hier in Gmund. „Insgesamt bin ich aber schon seit 60 Jahren im Schreibwarenhandel tätig.“ Geboten haben die drei Frauen alles, was man eben im Alltag so braucht. Bürobedarf, Schreibwaren, Schulsachen, Bücher und auch eine Lottoannahmestelle.

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Was ihnen am meisten an ihrer Arbeit Spaß gemacht hat? „Alles“, antworten Doris und Margot gleichzeitig. „Wir haben unseren Beruf immer sehr gerne gemacht“, beteuern die zwei. Doch nun ist es an der Zeit für neue Wege. Das Kaufverhalten und die Ansprüche der Kunden haben sich in den vergangenen Jahren durch das Internet sehr verändert. Der Hauptgrund aber ist das Alter der Beiden.

Mit über 70 verabschieden sich Doris und Margot von ihren Kunden

„Die Entscheidung, warum wir aufhören, ist in erster Linie eine Generationssache“, erklärt Tochter Sabine Kudla. „Meine Mutter ist als Seniorchefin 74 Jahre alt, unsere gute Freundin und sozusagen meine Ersatzmama Margot ist 70 Jahre alt. Das ist natürlich weit über dem Alter, das die Leute anstreben, um in den Ruhestand zu gehen.“ Es sei nun Zeit, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, solange die Beiden noch gesund sind.

Für Sabine sei es wichtig gewesen, diese Entscheidung zu treffen, solange die drei Frauen noch die Freiheit dazu hatten. „Ich möchte nicht so lange rumhadern, bis mir die Zügel und damit die Entscheidung aus der Hand genommen werden – durch welche Umstände auch immer.“ Ob das Alter, die Gesundheit oder auch die Veränderungen im Kosumverhalten.

Viel Verkehr, kaum Laufkundschaft

„Stationärer Handel ist natürlich eine Sache zwischen junger und älterer Generation geworden“, so Sabine. Der Einzelhandel sei von einer Bevölkerungsgruppe abhängig, die nicht im Internet konsumieren möchte. „Das sind aber meist die älteren Kunden. Und so hart sich das anhört, auf dieser Kundschaft kann man seine Zukunft natürlich nicht aufbauen.“

Auch die örtlichen Gegebenheiten machen es für ein Geschäfts schwer. „Langfristig betrachtet, sind für einen erfolgreichen Handel einfach die Parkmöglichkeiten zu gering.“ Auch das Einrichtungshaus ‘Lebensräume gestalten’ in direkter Nachbarschaft gab erst kürzlich seinen Standort am Gmunder Stachus auf und zog nach Rottach.

Zusätzlich zu den beengten Verhältnissen komme dann auch noch der enorme Verkehr an der Kreuzung hinzu. „Es wurde mal gemessen, dass hier täglich 40.000 Autos durchfahren.“ Der Verkehr sei hier auf Großstadtniveau, findet Sabine.

Die Folge ist für uns: Wir haben viel Verkehr, aber keine Laufkundschaft.

Die Entscheidung, den Laden aufzugeben, war dennoch keine einfache. „Wir haben lange darüber nachgedacht. Wir haben das mit blutendem Herzen entschieden, weil wir zu den individuellen Händlern gehören, wo es nicht nur um Bleistifte verkaufen geht, sondern um die Beziehung zum Kunden“, betont Sabine. „Doch wenn man das Kaufverhalten der jüngeren Generation ansieht, hat das Geschäft hier nicht nur ein Parkplatzproblem.“

Vom Einzelhandel zum Online-Markt

Während Doris und Margot nun also in den wohlverdienten Ruhestand gehen, bleibt Sabine der Branche treu. Neben dem Geschäft in Gmund hat sie nämlich zusätzlich auch einen Online-Handel für gewerblichen Bedarf aufgebaut. Diesen will sie nun ausweiten. Dennoch gingen die vielen Jahre im Einzelhandel und im Familienbetrieb nicht spurlos an ihr vorbei.

„Ich will weiterhin die individuelle, persönliche Geschäftsbeziehung pflegen. Bei mir soll es nicht nur um Algorithmen, Analysen und Datensammeln gehen“, so Sabine. Der Fokus liege für sie weiterhin klar auf der Individualität. Schließlich war das auch das wichtigste im Schreibwarengeschäft am Gmunder Stachus.

Meine Mutter Doris und Margot sind das Herzstück dieses Betriebes. Das wussten auch die Kunden.

Dennoch sei in diesem Segment der Online-Handel einfach die bessere Entscheidung gegenüber dem Einzelhandel. Trotz dieser schweren Entscheidungen wollen sich die Drei vor allem aber für die vergangenen 30 Jahre bedanken. „Es gibt viele Kunden, die uns über mehrere Jahre treu geblieben sind. Deshalb verabschieden wir uns natürlich mit einem weinenden Auge.“

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