Ein kritischer Rückblick von Werner Pawlovsky

Vor zwei Wochen karikierte Gerhard Polt die Verdichtung auch im Tegernseer Tal.  Als Schlierseer hegt er die Befürchtung, dass aus „DeutschLand“ bald „DeutschStadt“ werde. Nachzulesen ist  dies in der Neuerscheinung „Gut gebaut – Häuser im Landkreis Miesbach“. Darin kommt auch Ex-Kreisbaumeister Werner Pawlovsky zu Wort, der Polt „zutreffende Beobachtungen“ bescheinigt.

Werner Pawlovsky in der Mitte. Links: Johannes Hagn, Bürgermeister Tegernsee, rechts: Martin Pemler, Verwaltungsleiter des Landratsamtes

Obwohl er gerne weitergemacht hätte, musste der Valleyer Werner Pawlovsky nach 18 Jahren im Amt als Kreisbaumeister Anfang Dezember Abschied nehmen. Eine Verlängerung seiner Amtszeit wurde für den 65-Jährigen in nicht-öffentlicher Sitzung des Kreisausschusses bereits im Frühjahr abgelehnt. Kritiker hatte Pawlovsky genug. Aber auch Befürworter, die dessen Abberufung als absolut falsche Entscheidung einstufen. Denn als Kreisbaumeister sei er stets ein Freund ruhiger, am besten roter Dachlandschaften und schlichter, geradliniger Baukörper gewesen. Sein Credo: Einen Verhau, der architektonisch im Inneren eines Hauses herrscht, sehe man auch von außen.

Daher liege es an den Kommunen, sie hätten die Planungshoheit nach dem Willen des Gesetzgebers. „Niemand sonst“, urteilt Pawlowsky als Replik auf Polt über den Wildwuchs im Landkreis. „Die Beobachtungen Polts sind durchaus zutreffend“. Auch dessen Aussagen zu Bauherren und speziell zu Bauträgern „sind ja auch nicht falsch“. Aber auf einem Grundstück, so sei die Rechtslage, müsse nicht „zwingend nur ein Häusl stehen, wenn aufgrund der umliegenden Bebauung auf dem Grundstück mehr Bebauung zulässig ist“, sagt er nun als Pensionär und als Vorsitzender des „Arbeitskreises Miesbacher Kreis“ im Interview mit dem Verleger Michael Volk.

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„Dachlandschaften prägen Ortsbilder“

Dennoch hält Pawlovsky von strikten Regeln wenig. Stattdessen gibt der Architekt einige einfache Empfehlungen seinen Kollegen an die Hand. Mauerwerk, Holz und Ziegel seien die dominierenden Materialien, die über Jahrhunderte in der Region verbaut worden seien. Diese lassen sich laut Pawlovsky auch in modernen Neubauten gut einsetzen. „Als stilbildende Bauform gilt der Einfirsthof, ein langgestreckter Baukörper mit Satteldach.”

Sensible Bereiche eines Gebäudes sind für ihn „ganz unten und ganz oben“. Wie schaut das Dach aus? Ruhig und geschlossen oder aufgerissen wie ein Schweizer Käse? „Dachlandschaften prägen unsere Ortsbilder“. Es sei wichtig, sagt Pawlovsky, auf deren Gestaltung zu achten. „Je ruhiger ein Dach gestaltet ist, desto harmonischer wirkt das ganze Gebäude“. Deshalb sieht er beispielsweise Dachgauben und Einschnitte im Dach kritisch.

Diese Bausünden habe er nicht immer verhindern können, sagt Pawlovsky jetzt, „gerade weil der Landkreis finanzkräftige Menschen anzieht, sei mancher gleich mit Bürgermeister und Anwalt zum Gespräch erschienen. Täglich wären in seiner Zeit als Kreisbaumeister fünf bis sechs Bauherrn zu Beratung vorbeigekommen. Entscheidend sei für ihn bei der Gestaltung eines Gebäudes aber nicht das Budget des Bauherrn  gewesen, sondern die Landschaft. “Es ist wichtig, sensibel auf die Örtlichkeiten zu reagieren“. Dazu zählt für ihn auch, dass sich Bauherrn zurücknehmen.

“Polt legt den Finger gekonnt in die Wunde”

Bauen geht alle an. „Jedes Haus hat über einen langen Zeitraum direkte Auswirkungen auf die Umwelt“, so Pawlovsky. „Deshalb muss man sehr verantwortungsvoll bei Baulandausweisungen, bei Planung und Umsetzung von Gebäuden vorgehen. Gemeinden genauso wie Bauherren und Architekten“.  Das baugeschichtliche Erbe im Landkreis zu pflegen und zu erhalten ist auch weiterhin Pawlovskys Ziel. „Ich bin bis Januar 2020 Vorsitzender des Architekturforums und in dieser Eigenschaft an der baulichen Entwicklung im Landkreis Miesbach nach wie vor stark interessiert“.

Der denkmalgeschützte Bauernhof “Beim Stadler” in Gmund aus dem Jahr 1670. Er wird als Beispiel einer gelungenen Generalsanierung angeführt. / Foto Volk-Verlag

In dem Bildband „Gut gebaut. Häuser im Landkreis Miesbach“, erschienen im Volk-Verlag München, zeigt das Architekturforum Miesbacher Kreis erstmals eine Sammlung von 50 gelungenen Gebäuden. Sie reicht von Ein- und Mehrfamilienhäusern bis zu umfunktionierten und neu gestalteten, denkmalgeschützten Gehöften, Gewerbebauten und Schulen. Allen gemeinsam sei die geglückte Symbiose zwischen Landschaft und Bauwerk.

Pawlovsky über Polt: „Er legt den Finger gekonnt in die Wunde“.

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