Ein Landrat im freien Fall

Mit Ignoranz, Selbstherrlichkeit und fast schon bewundernswerter Sturheit hat sich die Landkreis-CSU geschlossen in den Flieger zur Landratswahl gesetzt. Am Steuerknüppel ihr Kandidat Jakob Kreidl.

Inzwischen strauchelt der Flieger gewaltig. Und da sitzen sie jetzt, die Köpfe zwischen den Knien, und warten auf den Aufprall. Und träumen von vergangenen Zeiten, hoch über den oberbayerischen Wolken.

Jakob Kreidl bei einer Wahlkampfveranstaltung in Schliersee/Quelle: Rolf Heinz Seyboldt
Jakob Kreidl bei einer Wahlkampfveranstaltung in Schliersee Ende vergangener Woche / Quelle: Rolf Seyboldt

Die Optionen zur sicheren Notlandung sind längst verspielt. Jakob Kreidl ist der Pilot eines Fliegers, der nur noch bruchlanden kann. Die CSU und vor allem der amtierende Landrat wissen das und handeln, wie man handelt, wenn es steil bergab geht: Augen zu, Kopf einziehen und abwarten.

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Verübeln kann das Kreidl niemand. Was bleibt ihm anderes übrig? Versucht er, den Flieger jetzt noch zu verlassen, steht die CSU ohne Landratskandidaten im eigenen Stammland da – eine Demütigung sondergleichen. Bleibt Kreidl dagegen stur am Steuer, steht er weiter voll in der Kritik. Wahlkampf unter Dauerbeschuss. Selbst wenn Jakob Kreidl am 16. März gewinnt, ist er ein Regent ohne Rückhalt. Nicht mal ein rauschendes Einstandsfest könnte er noch ohne Häme feiern.

Mitleid ist fehl am Platz

Doch Mitleid haben braucht keiner. Alle Warnungen hat die CSU selbstherrlich ignoriert. Der falsche Doktor, Kreidls Rolle in der Verwandtenaffäre, die schon lange schwelenden Gerüchte zur fragwürdigen Geburtstagsparty aus fremden Geldbeuteln. Alles scheinbar kein Problem und schon gar kein Grund, etwas am Kurs zu ändern.

Im freien Fall wird stattdessen mit dem Finger auf andere gezeigt: Eine Kampagne sei es, dass die Presse seine Verfehlungen aufdeckt. Völlig üblich wäre es dagegen, dass Sparkasse und Landratsamt über 100.000 Euro für eine Geburtstagsparty bezahlen. Vollkommen logisch sei es, jetzt die um 40.000 Euro geschönten Netto-Party-Kosten anzugeben – schließlich kommen die angefallenen Steuern ja der Allgemeinheit zugute.

Als ob das alles ganz normal wäre, wurde Jakob Kreidl erst vor wenigen Wochen nochmal von seiner Partei als Kandidat bestätigt und in Richtung Landratswahl geschickt. Mit großer Mehrheit und internen Durchhalteparolen. Der Glaube an die oberbayerische Unbesiegbarkeit schwang weiter mit. Ein Realitätsverlust, der die Partei noch teuer zu stehen kommen könnte. Denn selbst wenn Kreidl in fünf Wochen gewinnt, dürfte er der CSU damit einen Bärendienst erweisen und noch jahrelang für kritischen Gesprächsstoff sorgen.

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