Ein Mann mit Kaliber

Die Waffe lag gut gesichert in einem Tresor einer Kreuther Kfz-Werkstatt. Bis Einbrecher ihr Unwesen trieben und den Tresor aufstemmten. Die Waffe? Ohne Munition aufgefunden. Der Besitzer? Ohne Waffenschein.

Eine halbautomatische Mauser-Kurzwaffe – für ein ähnliches Modell hatte der Angeklagte keinen Waffenschein.

Am 20. September vergangenen Jahres brachen Unbekannte in eine Kfz-Werkstatt in Kreuth ein. Mit einer Brechzange stemmten sie den darin befindlichen Tresor auf, beförderten ihn anschließend nach draußen und ließen ihn in unmittelbarer Nähe der Werkstatt liegen.

Die Täter entwendeten sowohl die Brieftasche mit den Tageseinnahmen in Höhe von 1.300 Euro als auch eine alte, ungeladene Pistole, die im Tresor gelagert war. Die dazugehörige Munition fand die Polizei zu einem späteren Zeitpunkt. Weil der Werkstatt-Besitzer für die halbautomatische Kurzwaffe – eine Mauser Kaliber 6,35 – nicht die erforderliche Erlaubnis besaß, leitete die Wiesseer Polizei ein Verfahren gegen den 51-Jährigen ein.

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Am vergangenen Donnerstag stand der Angeklagte nun vor dem Miesbacher Amtsgericht. Dass er die Pistole in seinem Tresor gelagert habe, wolle er gar nicht bestreiten, erklärte er zu Beginn der Verhandlung. Acht Jahre zuvor sei ihm diese von seinem Vater zur Aufbewahrung übergeben worden, als dieser ins Krankenhaus musste. „Mein Vater hatte eine Waffenbesitzkarte und einen Jagdschein.“

Ein Kleinkaliber ist eine andere Nummer

Wie der als Zeuge geladene Polizist der Polizeiinspektion Bad Wiessee aber aussagt, könne man „davon ausgehen, dass auch der Vater nicht berechtigt war, im Besitz der Waffe zu sein. Eine Woche später sei sein Vater allerdings verstorben. An die Waffe habe er überhaupt nicht mehr gedacht. Auch drei Jahre später nicht, nachdem er die Kfz-Werkstatt nicht mehr als Betriebsleiter, sondern als Geschäftsführer betrieb. „Sie ist einfach in Vergessenheit geraten“, versicherte der Angeklagte.

„Das Ding“ hätte er nach dem Tod seines Vaters auch „nie wieder in der Hand gehabt“. Zumal er „eh nie was mit Waffen am Hut gehabt“ hat. Auch den Wehrdienst hätte er verweigert. Sein Verteidiger Martin Walch versuchte, Paragraf 153a der Strafprozessordnung (StPO) anzuwenden und das Verfahren einzustellen. Das Strafmaß stehe nicht im Verhältnis zur Schwere der Schuld. Doch Richter Walter Leitner blockte ab: „Ein Kleinkaliber ist kein Fall für 153a.“

Und auch die Staatsanwältin sah sich in ihrer Anklage bestätigt. Es handele sich um einen „vorsätzlichen, unerlaubten Besitz einer Kleinkaliber-Waffe mit Munition.“ Zwar hätte sich der Angeklagte geständig und schuldeinsichtig gezeigt, dennoch sei dies kein minderschwerer Fall. Sie plädierte für eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, und forderte zusätzlich eine Geldauflage.

Keine Freiheitsstrafe

Anwalt Walch hielt dagegen, dass die Waffe seit acht Jahren unberührt im Tresor lag und bis zu dem Zeitpunkt, als sein Mandant die Werkstatt übernommen hat, immerhin im Besitz des Vaters gewesen sei. Dann sei sie in Vergessenheit geraten. Deshalb könne er hier keine vorsätzliche Tat erkennen, wohl aber eine fahrlässige. Und da komme ein anderes Strafmaß zum Zug. Er beantragte eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen à 40 Euro, also insgesamt 2.000 Euro.

Richter Walter Leitner stufte den Fall daraufhin als minderschwer ein, spracht den Angeklagten aber dennoch schuldig im Sinne des „vorsätzlichen“ Waffenbesitzes. Sein Urteil: 110 Tagessätze zu je 40 Euro, also insgesamt 4.400 Euro. „Sie haben die Waffe selbst in den Tresor gelegt“, begründete Leitner seine Entscheidung. „Der Tresor wurde täglich von Ihnen genutzt. Dass man innerhalb von fünf Jahren nicht einmal an die Waffe denkt, glaube ich Ihnen nicht. Eine Pistole ist einfach ein anderes Kaliber – an so etwas denkt man.“

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