Ein Gewinn mit Fragezeichen

von Christopher Horn

Im Rahmen der jüngsten Stadtratssitzung präsentierte Kämmerer Jürgen Mienert dem Gremium die Bilanz des Jahres 2012. Das Ergebnis löste Freude bei allen Beteiligten aus. Insgesamt steht ein Gewinn von rund 2,3 Millionen Euro zu Buche. Auch die Pro-Kopf-Verschuldung sank, auf nun 393 Euro.

Einmal mehr flossen die Ergebnisse der TKV allerdings nicht in die Bilanz der Stadt mit ein. Ein Umstand, der Fragen aufwirft.

Kämmerer Jürgen Mienert hat die Tegernseer Zahlen immer fest im Blick

Eine Viertelstunde lang referierte der Tegernseer Kämmerer Jürgen Mienert über die Bilanz des Jahres 2012. Und nicht nur die Mitglieder des Stadtrates verfolgten seine Ausführungen gespannt. Gegen Ende war bei allen Beteiligten vor allem ein Gefühl der Zufriedenheit spürbar. Das vergangene Jahr war ein erfolgreiches für die Stadt Tegernsee gewesen.

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Ein Gewinn von etwas über 2,3 Millionen Euro steht in den Büchern. Dieser ergibt sich aus außerplanmäßigen Mehreinnahmen von rund 950.000 Euro und Einsparungen auf der Ausgabenseite von 350.000 Euro. „Eingeplant war 1 Million, am Ende sind es 2,3 Millionen geworden, das ist sehr erfreulich“, so Bürgermeister Peter Janssen auf Nachfrage. Den erwirtschafteten Gewinn will man nun in die Rücklagen stecken, die damit auf insgesamt 3,9 Millionen Euro anwachsen.

Pro-Kopf-Verschuldung sinkt erneut

Das Gesamtvolumen des Haushalts stieg vergangenes Jahr leicht auf nunmehr 16 Millionen Euro. Dabei gab es auf der Einnahmenseite nicht nur Positives zu verzeichnen. So sank das Gewerbesteueraufkommen gegenüber dem Vorjahr um 322.000 Euro, was Kämmerer Jürgen Mienert vor allem dem teilweisen Umzug der Tegernseer Brauerei nach Gmund zuschrieb.

Da jedoch an anderer Stelle, wie bei der Einkommen-, der Zweitwohnungs- oder auch der Grunderwerbssteuer, ein deutliches Plus zu Buche stand, konnte dieser negative Posten ausgeglichen werden.

2012 konnten weitere Rücklagen gebildet werden

Auch die Pro-Kopf-Verschuldung sank 2012 um 42 Euro im Vergleich zu 2011 und lag so bei 393 Euro (Landesdurchschnitt bei 663 Euro). Alles in allem machte sich daher Zufriedenheit im Stadtrat breit. „Das ist ein fantastisches Ergebnis“, so Bernhard Mayer von der CSU. Eine Meinung, die auch seine anderen Fraktionskollegen im Stadtrat grundsätzlich teilten.

Und auch die FWG-Opposition war nicht unzufrieden. Andreas Obermüller betonte, „dass man aus den Rücklagen nun bereits einen großen Teil des erworbenen Bahnhofsgeländes finanzieren könne“. Der Vorsitzende der Freien Wähler gab indes gleichzeitig zu Bedenken, „dass die Eigenbetriebe einmal mehr keine Berücksichtigung in der Jahresrechnung fänden“.

In der Tat sind die Tegernseer Kur und Versorgungsbetriebe (TKV) einmal mehr von der Bilanz ausgenommen. Ein Umstand, der zwar haushaltsrechtlich völlig einwandfrei ist, der aber trotzdem die Frage nach der tatsächlichen Verschuldung der Stadt aufwirft.

Der Schattenhaushalt in Tegernsee

Die TKV ist ein städtischer Eigenbetrieb, dem nicht nur das profitable E-Werk, sondern unter anderem auch das Medius-Gebäude oder Teile der Seesauna gehören. Der Direktor der TKV ist auch gleichzeitig der Leiter des E-Werks Tegernsee, Dr. Norbert Kruschwitz.

Die Stadt hat so, anders als manche Nachbargemeinde, einen Teil ihrer Defizite in ein rechtliches Konstrukt ausgelagert, das Gewinne und Verluste verrechnen kann. Der daraus entstehende Schattenhaushalt ist für die Bürger nicht nachvollziehbar, da er nichtöffentlich behandelt wird. Gleichzeitig werden in der Stadt Tegernsee große Projekte auf die TKV übertragen. So ist beispielsweise geplant, das Parkhaus vom städtischen Eigenbetrieb bauen und bewirtschaften zu lassen.

Wieso die Schulden der TKV nicht im Gesamthaushalt verrechnet werden, versuchte Bürgermeister Janssen bereits vor zwei Jahren in kurzen Worten zu erläutern:

Der Gesetzgeber sagt, die Schulden des Eigenbetriebs gehören nicht dazu. Und es gibt auch viele andere Gemeinden, die beispielsweise ihre Wasserversorgung ausgelagert haben. Insofern ist es immer schwierig, diese Zahlen miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus steht die TKV in Konkurrenz zu anderen Betrieben.

Alles in allem steht die Stadt Tegernsee also durchaus gut da. Wie gut tatsächlich, das lässt sich aber nur schwer sagen, da die verborgenen Bilanzen der TKV einen transparenteren Einblick in die finanzielle Gesamtsituation verhindern.

Warum das so ist, und ob es langfristig vertretbar ist, die Bürger über die realistische Verschuldung im Unklaren zu lassen, kann nur der Stadtrat beantworten. Mehr Transparenz, so viel ist klar, würde zumindest zu weniger offenen Fragen führen.

Die Beteiligungsverhältnisse zwischen Stadt Tegernsee, TKV und dem E-Werk. Für die große Ansicht auf das Bild klicken.

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