Man kann das Ergebnis als großen Fortschritt für die Stadt bezeichnen – oder als mutloses Einknicken vor den Forderungen des Bauherren, das sich an anderer Stelle noch rächen könnte.
Tegernsees größter Arbeitgeber hatte bereits weit vor der Sitzung des Tegernseer Stadtrates ein Machtwort gesprochen. Entweder wird die Klinik gebaut, wie es die Pläne vorsehen, oder man kehrt dem Ort den Rücken. Mitsamt aller Arbeitsplätze, allen Gäste und Steuereinnahmen. Wer am längeren Hebel sitzt, machte der Bauherr immer wieder zweifelsfrei klar.
Der Plan ist aufgegangen. Zwar hatten viele Stadträte Bauchweh, den Plänen zu einem der größten Gebäude am See zuzustimmen, getan haben sie es trotzdem. Zu groß war die Drohkulisse der Klinikbetreiber. Zu glaubwürdig die gebetsmühlenartig widerholte Ankündigung den Standort im Zweifelsfall lieber zu schließen, als sich auf Kompromisse einzulassen.
Es bleibt ein mulmiges Gefühl
Was bleibt ist berechtigte Freude, den größten Arbeitgeber gesichert zu haben. Aber auch ein mulmiges Gefühl über das mangelnde Selbstbewusstsein des Stadtrates. Die vorgelegten Pläne wurden, trotz aller Zweifel, abgenickt. Die Rentenversicherung warb dabei mit großer Transparenz und hatte in der Tat frühzeitig über die Pläne informiert. Nur Änderungsbereitschaft bestand zu keinem Punkt.
Die harte Linie hatte Erfolg: Bis auf die Ankündigung einiger Anwohner, den gerichtlichen Weg gegen den Neubau zu wählen, blieb es im Stadtrat beim stillschweigenden Bauchweh. Nicht ein Änderungswunsch wurde von Seiten der Stadt formuliert. Ein vorgeschlagenes Ratsbegehren, um die Meinung der Bürger einzuholen, wurde schnell abgewiegelt: Es sei die Aufgabe der gewählten Räte diese Entscheidung verantwortungsvoll und alleine zu treffen.
Und so hat sich auch die Mehrheit am Ende entschieden. Für einen Neubau, der zu 100 Prozent den Wünschen des Bauherren entspricht. Wohlwissentlich, dass die Kläger an der Point schon in Lauerstellung stehen. Der Wohnlage entsprechend mit gut gefüllter Kriegskasse. Ob man der Deutschen Rentenversicherung damit wirklich einen Gefallen getan hat, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
Ein klares Signal
Verantwortungsvoller wäre gewesen, sich selbstbewusst und kritisch mit den Plänen auseinanderzusetzen. Mit Gegenvorschlägen und Diskussionen ein Mitspracherecht über die Neugestaltung des “Tegernseer Filetstückes” einzufordern. Nicht, um dem größten Arbeitgeber im Ort Steine in den Weg zu legen, sondern um bei der Gestaltung des eigenen Ortes die Oberhand zu behalten. Um einen Kompromiss zu finden, zwischen Erweiterungsplänen, Arbeitsplätzen und Ortsbild.
Ein Schuss mehr Selbstbewusstsein am vergangenen Dienstag und vor allem in den Monaten davor hätte geholfen. Doch nun haben über die Bebauung an der Point letztendlich nicht die Tegernseer oder ihre gewählten Vertreter entschieden, sondern alleine die Deutsche Rentenversicherung. Potentielle Investoren und große Bauherren auf dem Sprung an den Tegernsee werden das mit Interesse verfolgen und ihre Schlüsse daraus ziehen.
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