Wie es weitergeht, was die nächsten Schritte sind und wie Landkreis und Gemeinden die Kreativwirtschaft unterstützen können, bleibt indes auch am Ende des Abends offen.
Georg von Preysing, Gmunder Bürgermeister und stellvertretender Landrat, eröffnete die komplett ausgebuchte Veranstaltung mit den Worten: “Ich bin selbst oft auf Vernissagen im Gmunder Jagerhaus und immer wieder überrascht, was man Tolles tun kann, wenn man zu viel Zeit hat.” Der Seitenhieb und das gekonnt ausgespielte Vorurteil gegenüber kreativer Arbeit bescherten Preysing einige Lacher.
Eine bislang unterschätzte Branche im Landkreis
Die schnippische Aussage des Politikers spiegelte gleich den Tenor des Abends wider: so richtig weiß niemand, mit wem man es eigentlich zu tun hat, wenn man über die Kultur- und Kreativwirtschaft im Landkreis und im Tegernseer Tal spricht. Das war selbst dem Initiator der Veranstaltung, Alexander Schmid, SMG-Geschäftsführer, nicht ganz klar, wie er offen zugab:
Für uns ist diese Branche nicht leicht zu erfassen. Es gibt bislang weder Adressen noch Ansprechpartner, und dennoch merken wir, dass Kultur- und Kreativwirtschaft ein Standortfaktor ist. Die Resonanz auf diese erste Veranstaltung gibt uns zumindest Recht.
Das sah auch Jürgen Enninger von der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung so. In seinem Eröffnungsvortrag brachte er etwas Licht ins Dunkel der doch oft so undurchsichtigen und unbekannten Branche.
Über 20 Milliarden Euro Umsatz erwirtschafte die Kreativbranche allein in der Metropolregion München. Damit ist sie, direkt nach der Automobilindustrie, der zweitstärkste Wirtschaftszweig. Mehr als die Hälfte der über 30.000 Unternehmen und etwa 117.000 Erwerbstätige sind allerdings nicht in der Stadt München aktiv, sondern im umliegenden Land. Hier entsteht auch mehr als die Hälfte der über 20 Milliarden Jahresumsatz. Auch im Landkreis Miesbach.
Spannend ist dabei, dass die Kultur- und Kreativbranche eine komplett andere Struktur aufweist als Branchen vergleichbarer Größe. (Download: Studie zur Kultur- und Kreativwirtschaft in der Metropolregion)
Den Kreativen fehlen Ansprechpartner und Lobby
Sind es beispielsweise in der Automobilindustrie eine Hand voll Unternehmen, die sich den größten Teil des Umsatzes teilen, gibt es diese Big Player in der Kreativwirtschaft kaum. Anstelle großer Konzerne arbeiten hier unzählige Klein- und mittelständische Unternehmen, Freiberufler und Einzelkämpfer. Das mache es der Branche im Umkehrschluss auch besonders schwer, sich Gehör zu verschaffen, so Enninger weiter:
In der Automobilbranche gehen acht Konzernchefs mit der Kanzlerin essen, um ihre Interessen klarzumachen. In der Kreativbranche geht das nicht. Da ist alles sehr viel kleinteiliger.
Dieses Problem kam, auf kleinerer Ebene, auch in der anschließenden Diskussion zur Sprache. So wurde von einigen Besuchern bemängelt, dass es im Landkreis noch nicht mal einen Kulturbeauftragten gebe. Es fehle schlicht ein Ansprechpartner, der bei Rückfragen helfen könne oder sich beispielsweise mit Förderungsmöglichkeiten auskenne.
“Erst mal wissen, wo und wie wir helfen können”
Dass durchaus Bereitschaft besteht, daran etwas zu ändern, betonten sowohl Bürgermeister Georg von Preysing wie auch SMG-Chef Schmid. Was genau als Nächstes auf dem Plan steht, konnte an dem ersten Informationsabend aber nicht geklärt werden.
Von beiden wurde erneut das Thema Co-Working am Tegernsee in den Raum geworfen. Georg von Preysing formulierte es so:
Wir wollen Unterstützung leisten, zum Beispiel Büros zu finden, oder beim Stichwort Co-Working. Wir müssen aber erst mal wissen, wo wir helfen können und wie wir etwas beitragen können, damit es besser läuft. Unser erstes Ziel ist, dass man sich kennenlernt und Kontakte knüpft.
Einen ersten kleinen Schritt in diese Richtung hatte zumindest die Tegernseer Agentur mindpool für den Abend bereits vorbereitet: Eine Facebook-Gruppe, auf der sich Kreativschaffende aus dem Landkreis zusammenfinden, sich kennenlernen und ein gemeinsames Gesicht geben können. Ein erster kleiner Schritt.
Handfeste Ergebnisse blieben aus
Im Anschluss war die Meinung zumindest unter den Besuchern zweigeteilt: einige hatten sich vermutlich handfeste Ergebnisse erhofft, die an dem Abend aber ausblieben. Andere erkannten die Veranstaltung als das, was sie war: einen Auftakt, um der Kultur- und Kreativbranche im Tegernseer Tal und im Landkreis ein Gesicht zu geben. Und das ist dank des zahlreich erschienenen Publikums auch durchaus gelungen.
Weitere Veranstaltungen und Netzwerktreffen werden auf jeden Fall folgen, versprach auch Alexander Schmid. Ein handfester Termin für Interessierte wurde dann doch noch bekannt gegeben: Der Beauftragte der Bundesregierung, Jürgen Enninger, bietet am 8. Januar im Landratsamt Miesbach wirtschaftliche Beratung für Kreativschaffende an. Anmeldungen sind möglich an enninger@rkw-kreativ.de.
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