Eltern gehen auf die Straße
Von Versprechen zu Protesten

Der Groll der Eltern in Bad Wiessee ist groß; zumindest von denen, die auf einen Hortplatz im September vertraut haben. Kurz vor der Gemeinderatssitzung wollen sie heute Abend demonstrieren.

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Mit klaren Botschaften wollen sich Eltern Gehör verschaffen. Foto: Redaktion

Mit Bobbycars, Trillerpfeifen, auf Inlinern, Rollern und mit Plakaten bereiten sich Mütter, Väter und Kinder für eine Demonstration in Bad Wiessee vor. Das erzählt Marco Mach. Er ist zweifacher Vater und Mitglied im Elternbeirat. Er erklärt die Forderungen der Familien: “Alle Kinder, die einen Hortplatz wollen, sollen einen bekommen”, das sei das Hauptziel der Demo.

Mach schätzt, dass etwa 200 dafür auf die Straße gehen. “Das ist eine total große Mischung”, erzählt der engagierte Vater: Eltern, die beide berufstätig sind, Alleinerziehende, Menschen, die in der Gastronomie oder in der Hotellerie im Tal arbeiten. Er betont: “Wir wollen nicht Krawall, sondern das Beste für unsere Kinder”.

75 Grundschulkinder ohne Nachmittagsbetreuung

Seit letzter Woche bebt Bad Wiessee. Der Grund? Die Nachmittagsbetreuung für Grundschulkinder steht auf der Kippe. Der Bad Wiesseer Bürgermeister, Robert Kühn, stellte jüngst den neuen Träger für Kita und Hort in Bad Wiessee vor: die Diakonie Rosenheim. Ab September ist sie für die Nachmittagsbetreuung der Grundschulkinder zuständig. Doch statt der bisherigen 100 Plätze kann die Diakonie im September nur 25 Plätze zusichern. Dass 75 Hort-Plätze fehlen, hat viele Eltern überrascht und einige zornig gemacht.

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75 Kinder auf der Straße?

Am nächsten Tag verfassen fünf betroffene Mütter einen “Brandbrief” an den Bürgermeister, an Olaf von Löwis, den Landrat des Landkreises Miesbach und an die Bayerische Familienministerin, Ulrike Scharf. Darin geht es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und darum, dass jetzt “zahlreiche Familien vor existenziellen Problemen” stünden.

“Uns befördert das zurück in eine Pandemielage und zurück ins Homeoffice”, erklärt uns eine Mutter am Telefon die Notlage vieler Eltern.

Im Brief an die Familienministerin liest sich der Wegfall der Hort-Plätze so: “Familien werden gezwungen sein, weniger oder nicht mehr zu arbeiten, auch wenn sie sich damit das Leben in unserer schönen Gemeinde nicht mehr leisten können. Die Nachmittagsbetreuung ist für die Eltern kein Nice-to-have, sondern bildet meist eine Grundlage für deren berufliche Tätigkeit.”

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Im Fokus der Kritik steht Robert Kühn. Foto: Redaktion

Betreiberwechsel sorgt für Ärger

Der Wegfall der Plätze hat mit einem Betreiberwechsel zu tun: Die evangelische Kirchengemeinde, die die vier Hortgruppen bisher organisiert hat, hat den Betreuungsvertrag mit der Gemeinde Bad Wiessee aufgekündigt. Man sei sich über Vertragskonditionen nicht einig geworden. Die Gemeinde Bad Wiessee hat sich nach einem neuen Träger für ihr neues Kinderhaus umgesehen und sich für die Diakonie Rosenheim entschieden. Die hat ab September den Betreuungshut für die Hortkinder auf, aber nicht genügend Personal, …

Wenn von der Gemeinde keine realen Lösungsvorschläge kommen sollten, wollen die Eltern die Rückkehr zum alten Träger fordern, so sagt es Mach. Weber hat im Merkur angekündigt, dass er “gesprächsbereit sei” und Personal für die fehlenden Hortplätze habe.

Glaubwürdigkeit von Kommunalpolitik

Für eine Leserin hat das Kinderbetreuungsdilemma eine größere Tragweite: die Glaubwürdigkeit von Kommunalpolitik. Sie schreibt uns, dass es im Vorfeld “die Zusicherung des Bürgermeisters [gab], dass die Betreuung der Kinder in gleichem Maß gewährleistet ist, ab September sogar noch mehr (Kita-) Plätze zur Verfügung stünden und Eltern sich keine Sorgen machen zu brauchen, wenn der aktuelle Träger aufgegeben wird.”

Weiter beklagt die Absenderin, die ebenfalls Mutter ist und lieber anonym bleiben will: “Wie viel Wahrheitsgehalt steckt in den Aussagen des Bürgermeisters, zum Beispiel in derjenigen, dass für den Hort-Betrieb Bewerbungen von mehreren Trägern vorliegen, aus denen man auswählen kann, wenn am Ende einem Träger der Zuschlag gegeben wird, der gerade mal ein Viertel der benötigten Kapazität stemmen kann?”

Fakten

Aktuell werden 100 Kinder in vier Hort-Gruppen von der evangelischen Kirchengemeinde betreut. Bis Mitte August sind sie noch in der Ferienbetreuung. Nach den Sommerferien wird die Diakonie Rosenheim eine erste Hort-Gruppe für 25 Kinder anbieten. Der Bürgermeister hat in einem Elternbrief eine zweite Gruppe mit weiteren 25 Plätzen für Anfang Oktober zugesichert, eine weitere fürs Frühjahr.

Demo

Starten soll die Demo um 18.00: Sie geht von der Grundschule Bad Wiessee über die Seestraße zum Rathaus Bad Wiessee.

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