Immer mehr Bauträger müssen Bettenzahl reduzieren
Ende der Hotel-Party im Tegernseer Tal?

So schnell kann es gehen. Noch im vergangenen Jahr wurde Hans Hagn, Bürgermeister von Tegernsee, gefragt, ob er sich eine staatlich verordnete Obergrenze der Hotelbetten vorstellen könne. Er verneinte es, man könne das über Baurecht und Bebauungspläne am besten regeln. Jetzt hilft ein anderer Trend.

Die Münchner Hirmer Gruppe, welche im Jahr 2020 das Hotel “Bachmair am See” gepachtet hat, reduziert die Anzahl der Betten um 17 Prozent / Archivbild

Der jüngste Fall schlug bei vielen Touristikern im Tal mächtig ein: Die Bettenzahl für das Hotel “Bachmair am See”, 2020 von der Münchner Hirmer Gruppe gepachtet, wird um 17 Prozent eingedampft. Statt 155 Zimmer, plant die Firma “rund 130 Zimmern und Suiten und kommentiert betont extrem entspannt: “Weniger ist manchmal mehr.”

Wenn es mal so entspannt auch wäre: Die Hirmer Gruppe ist eben kein Einzelfall im Tegernseer Tal. Athos, die Firma von Investor Thomas Strüngmann, hatte vor fünf Jahren mit ihrem Projekt an Bad Wiessees Seepromenade noch mit 120 Zimmern gerechnet, ist mittlerweile bei schmalen 85 Zimmern angekommen. Dabei gelten unter Hotelfachleuten eben genau 120 Zimmer als magische Untergrenze, erst von da an kann man rentabel arbeiten.

Das Barefoot-Hotelprojekt, weiter höher an der Hirschbergstraße gelegen, muss seine Dimensionen auch reduzieren, dies geschah allerdings nach Klagen der Anwohner. Aber auch hier gehen die Betreiber von der Arcona Gruppe mit lediglich 102 Zimmern ins Rennen, hatten ursprünglich mit mehr geplant.

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Vor fünf Jahren plante Athos, das Unternehmen von Investor Thomas Strüngmann, sein Projekt an der Seepromenade in Bad Wiessee noch mit 120 Zimmern umzusetzen. Mittlerweile hat sich die Anzahl der Zimmer jedoch auf schmale 85 reduziert. / Archivbild

Sprung über den See: Dort wartet das berühmte Almdorf-Projekt der Ernst Tengelmann Projekt Gruppe auf seinen ersten Spatenstich. Und auch hier reduzierte der Entwickler von 76 auf 50 Betten. Half nichts. Sein Antrag fiel im Januar im Tegernseer Bauausschuss durch.

Und zum Schluss Korbinian Kohler. Der hat in der Pandemie das “Bussi Baby” fertiggestellt. Aber sein deutlich ambitionierteres Projekt, das Hotelprojekt Wildbad Kreuth, liegt auf Eis. Anfang 2022 hatte Korbinian Kohler dem Gemeinderat seine Pläne grundsätzlich erklärt und die ersten Planungsentwürfe für den Herbst 2022 angekündigt, verschob nun aber die Einreichung der Planunterlagen auf 2023. Offizieller Grund: Entwicklung bei den Bau- und Baumaterialbeschaffungspreisen.

Und hier sind wir schon bei den Gründen für diese Zimmerdiät im Tal. Rottachs Bürgermeister Christian Köck erklärt es so: “Die Betreiber sehen sich zum einen völlig neuen Fragen der Energieversorgung gegenüber.” Hotels sind, vor allem wenn sie aufwändige Wellness-Bereiche anbieten, extreme Energieschleudern. Köck weiter: “Hinzu kommt das Personalthema. Die Betreiber finden auf dem leergefegten Markt kaum Mitarbeiter, zum anderen müssen diese in einem hochpreisigen Wohnungsmarkt unterkommen.”

Sein Kollege Robert Kühn aus Bad Wiessee, der Ort mit der größten touristischen Übernachtungszahl im Tal, sieht für seinen Ort die Obergrenze bei den Betten erreicht. “Wir haben mit den geplanten Hotelprojekten eine gesunde Anzahl für Bad Wiessee erreicht, wir wollen qualitatives, kein quantitatives Wachstum.”

Das klingt schön, aber für die Bauentwickler sind die steigenden Zinsen ein weiterer Faktor, Projekte zu verkleinern, oder gar aufzuschieben. Die hohen Zinsen für Baugeld hinterlassen eindeutige Spuren, übrigens nicht nur für Großprojekte. Konkret: Nach einer kurzen Entspannung im Sommer 2022 stiegen die Hypothekenzinsen im vierten Quartal 20 22 wieder deutlich an.

Die durchschnittlichen Zinsen für Immobilienkredite lagen zuletzt bei 3,9 Prozent für zehn und 4,0 Prozent für 15 Jahre Laufzeit. Das entspricht jeweils einem Anstieg von rund 0,4 Prozentpunkten beziehungsweise einem relativen Zuwachs um mehr als zehn Prozent innerhalb von nur zwei Wochen. Die Differenz verteuert einen Kredit von zum Beispiel 400.000 Euro gegenüber 20. Dezember 2022 um immerhin gut 130 Euro pro Monat. Nimmt man diese Zahl, zugegeben etwas zugespitzt und projiziert sie auf die Millionenkredite für die Hotelprojekte, versteht man die Zimmerdiät der Hotelbauer. Was in Niedrigzins-Zeiten geplant wurde, ist jetzt meist nur Makulatur.

Diese Finanzsituation wirkt sich auf den kleineren Hausbau – und Umbau im Tal aus. Christian Köck: “Wir brauchten im Januar keinen Ortsplanungsausschuss abhalten. Es gab schlicht keine Anträge.” Aber der Bürgermeister ist darüber nicht unfroh. “Ich beklage mich nicht. Die Gier der letzten Jahre, die zu absurden Preisentwicklungen geführt, scheint ein wenig zurückgegangen zu sein. Unsere Heimat wird nicht mehr so einfach ausverkauft.”

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