Bahn gegen Stadt
Tegernsee reagiert verärgert auf BRB

Die Tegernseer Stimme hatte es schon thematisiert. In der gestrigen Sitzung des Tegernseer Stadtrats kam dann noch einmal der Ärger über die fehlende Kooperation der Bayerischen Regionalbahn auf den Tisch.

tegernsee rathaus tegernsee hagn
TTT und Rathaus – wer hat den Schwarzen Peter? / Foto: Redaktion

Eine Woche zuvor standen einige Räte noch auf dem Balkon des Rathauses und feierten das Tegernseer Seefest. Alles schien perfekt. Nur das Ende der Party lief transportseitig aus dem Ruder. Am Bahnhof warteten um 23 Uhr 200 Personen vergeblich auf Mitnahme durch die BRB-Züge. Es wurde randaliert, die Polizei musste kommen. Die Foren in den sozialen Medien füllten sich binnen Stunden mit wüsten Beschimpfungen gegen die Stadt Tegernsee, die TTT und die BRB.

BRB-Erziehungsversuche?

Der Betreiber BRB zuckte daraufhin am nächsten Tag kommunikativ mit den Schultern. Hätte die Stadt einfach mehr Züge bestellt, und wäre für die Kosten aufgekommen, hätte es keinen Ärger gegeben. Das wollten Bürgermeister Johannes Hagn und sein Stellvertreter, Dr. Michael Bourjau, nicht auf sich sitzen lassen. Bourjau, als Geschäftsführer der TBG ein Kenner der Materie, sah hier einen billigen Versuch einer “Erziehungsmaßnahme durch den Bahnbetreiber”. Er könne nicht verstehen, warum die BRB in Tegernsee die stehenden Waggons nicht einfach angehängt und mögliche Kosten später verhandelt habe. Hier sei ein Linienstrecken-Anbieter einfach nicht kundenfreundlich aufgetreten und will nun die Schuld bei anderen suchen.

Der Ton macht die Musik

Johannes Hagn wurde deutlicher: “Mir gefällt der Ton und die gesamte Kommunikation nicht. Die Stadt habe da gar nichts zu bestellen. Veranstalter sei die TTT.” Besonders vor dem Hintergrund des kürzlich erfolgten Zuschlags für die BRB, sei er schon sehr verwundert, wie nun der Betreiber auftrete. Mit seinen Vorgängern hätte es nie Probleme gegeben. Hagn fragte, ob die MVG, Betreiber des Münchner ÖPNV, auch vom Konzertveranstalter von Taylor Swift solche Bitten erwarte oder schlicht so etwas frühzeitig auf dem Schirm habe.

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Bourjau kündigte an, der BRB in Kürze einen Veranstaltungskalender mit den Festivitäten-Daten im nächsten Jahr zukommen zu lassen. So könne vielleicht dann langfristig eine kundenfreundliche Betreuung der Seefeste erfolgen.

Artikel vom 06. August, 10 Uhr, mit der Überschrift “Entgleister Streit der BRB um Seefest? Wurde das Ende des Seefest vom Zugunternehmen sabotiert?”:

Das Seefest 2024 in Tegernsee ist längst vorbei, aber sorgt noch immer für mächtigen Ärger. Grund: Der Abtransport der Besucher am Bahnhof Tegernsee. Wer hat hier gefehlt? Es offenbaren sich Abgründe an Kundenservice …

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BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann auf Konfrontation mit Tegernsee? / Foto: BRB

Es waren tumultartige Szenen, die sich am Bahnhof Tegernsee am letzten Dienstag abspielten. Mehr als 200 Gäste eines nahezu perfekten Seefestes wollten mit der Bahn der BRB heimfahren. Die zuckten indes mit den Schultern und machten Dienst nach Vorschrift – so jedenfalls stellt sich nach mehreren Befragungen von Entscheidern der Fall dar:

Denn tatsächlich standen im Bahnhof noch weitere Waggons, im Fachjargon “Garnituren” genannt, zur Verfügung. Sowohl Zugführer als auch Fahrdienstleiter sollen angesichts der vielen Gäste die Betriebsführung der BRB dringend um Erlaubnis zum Dranhängen der Garnituren gebeten haben. Die Führung soll abgelehnt haben. Der Zug fuhr in die Nacht, ließ hunderte von verärgerten Kunden stehen. Am nächsten Tag wird alles auf den Seefest-Veranstalter geschoben. Der hätte mehr bei der BRB bestellen sollen. So, als warte die MVG in München auf eine Ansage der Adele oder Taylor Swift Veranstalter. Stattdessen reagiert man in der Metropole pro-aktiv. Denn auch die BRB wusste schon Monate zuvor, dass Seefeste anstanden.

Dürftige Antworten statt Transparenz

Die BRB reagiert auf unsere Fragen mehrfach mit recht dürftigen Antworten: “Wir fahren in insgesamt fünf Netzen in Südbayern, haben über 30 Millionen Fahrgäste im Jahr und können keine Einzelfallregelungen treffen, sondern müssen nach dem Prinzip der Gleichbehandlung bei allen Veranstaltungen vorgehen ohne einen Präzedenzfall zu schaffen.” Überspitzt: Draußen nur Kännchen. Wo kämen wir denn mit Extrawürste für Großveranstaltungen in der Region. Aber nehmen wir einmal das Unwahrscheinliche an und ein BRB-Verantwortlicher hätte in dieser Nacht für Kunden entschieden und die in Tegernsee bereitstehenden Waggons genutzt. Hätte die Zustände am Bahnhof dokumentieren lassen. Hätte am nächsten Tag mit Bürgermeister Johannes Hagn und TTT-Geschäftsführer Christian Kausch gesprochen und die Rechnung für den verbrauchten Diesel und wegen meiner noch einen Zuschlag präsentiert? Es wäre, wenn man die Protagonisten kennt, reibungslos bezahlt worden.

Nach Zusage Dienst nach Vorschrift?

“Kundenzufriedenheit steht bei uns im Vordergrund, aber wir müssen auch unsere Wirtschaftlichkeit im Blick haben”, schreibt uns die BRB. Dazu muss man wissen, dass die privaten Betreiber aus Frankreich erst im Juli 2024 den Zuschlag für die Strecke zwischen München und Bayrischzell, Lenggries sowie Tegernsee erhalten. Von Dezember 2026 bis mindestens Dezember 2032 läuft dieser Vertrag.

Noch immer Juli jubilierte der bayerische Verkehrsminister über diesen Zuschlag: “Wir haben auf diesem sowohl für Pendler als auch Touristen wichtigen Netz das beste Angebot zum Zug kommen lassen”, hatte Bayerns Verkehrsminister und BEG-Aufsichtsratschef Christian Bernreiter (CSU) noch gesagt.

Und kaum hat die BRB die Zusage, tritt man recht massiv im Landkreis auf? Die offiziellen Aussagen des BRB-Chef Arnulf Schuchmann strotzen vor Konfrontation. Interessant dabei: Mit keinem seiner Vorgänger kam es je zu solchen Konflikten. Man regelte das, so hört man von Bürgermeistern, allenthalben telefonisch. Schuchmann scheint aus anderem Holz geschnitzt zu sein, vergisst dabei offensichtlich aber die Vernetzungen im Landkreis und im Tegernseer Tal. Von außen wirkt es wie ein unnötiges Machtspiel eines Bahnbetreibers, welches mit einem einfachen Telefonat und einer für alle Seiten gesichtswahrenden Mitteilung vermieden worden wäre.

Sicher ist: Die Stadt Tegernsee wird sich nicht nachsagen lassen, nicht alles für einen reibungslosen Ablauf für die Gäste des Seefestes getan zu haben. Sicher ist auch, dass Kundenzufriedenheit für einen Bahnbetreiber aus ökonomischen wie auch politischen Gründen oberste Priorität haben sollte. Und die Kunden? Sie werden im nächsten Jahr hoffentlich nicht mehr am Bahnhof Tegernsee warten müssen.   

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