Entschlammung der Schwaighofbucht vom Tisch?

Seit Jahren wird diskutiert, ob und wie die Schwaighofbucht in Tegernsee Süd vom Schlamm befreit werden kann. Die Stadt sieht das Umweltministerium und das Wasserwirtschaftsamt (WWA) in der Verantwortung. Das WWA hat nun Stellung bezogen und hält eine Schlammbeseitigung nicht für notwendig.

Kann die Schwaighofbucht vom Schlamm befreit werden? / Quelle: Verein „Rettet den Tegernsee“

Das Thema beschäftigt die Stadt Tegernsee und den Verein „Rettet den Tegernsee“ bereits seit Jahren: Kann die Schwaighofbucht vom Schlamm befreit werden? Insgesamt liegen zirka 60.000 Kubikmeter Schlamm in der Bucht. Ein Schild warnt vor Lebensgefahr. Ein Workshop mit Verein, Stadt und Behörden folgte, mehrere Gutachten wurden in Auftrag gegeben. Anfang des Jahres rief der Verein sogar ein Bürgerbegehren ins Leben. Aufgrund der aktuellen Corona-Krise wurde das allerdings vorerst auf Eis gelegt.

Zur Debatte stand zuletzt die Untersuchung zur Verminderung des Schlamms auf Grundlage chemisch/biotechnischer und mikrobiologischer Verfahren weiter zu verfolgen. Sollte ein solches Verfahren nicht möglich sein, wurde auch ein botanischer Wassergarten ins Auge gefasst. Das zuständige Umweltministerium wurde von der Stadt schriftlich aufgefordert, die Verträglichkeit und Anwendbarkeit zu prüfen.

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Am Ende der vergangenen Stadtratssitzung informierte Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) über den aktuellen Stand. Dabei ging es um ein überraschendes Statement Seitens des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim (WWA). Die Stadt habe zwischenzeitlich ein Schreiben vom WWA im Namen des Umweltministeriums erhalten.

Zu viel Ungewissheit

Das Landesamt für Umwelt wurde vom Umweltministerium beauftragt, den Einsatz von chemischen oder biologischen Stoffen zur Schlammmreduzierung zu prüfen. „Das Landesamt für Umwelt teilt die Auffassung des Wasserwirtschaftsamtes, dass die Verlandung der Schwaighofbucht ein natürlicher Prozess sei“, so Hagn.

Die Entschlammung mittels chemischer oder biologischer Stoffe müsse nach Ansicht des Ministeriums zunächst untersucht werden – vor allem, was die Wirksamkeit der Oxidationsmittel angeht, da die Angaben des Herstellers nicht ausreichend seien. 2005 habe es eine Untersuchung des Sediments in der Schwaighofbucht gegeben. Allerdings zweifelt das Ministerium an, ob das Sediment, das aus Zweigen und Blättern bestehen soll, überhaupt oxidiert werden kann. Hagn zitierte weiter aus dem Schreiben:

Bei der Anwendung von Oxidationsmitteln können gebundene Schwermetalle freigesetzt werden. Unter anderem kann frei werdender Phosphor ein zeitweiliges Algenwachstum verstärken. Auch das muss untersucht werden.

Laut Wasserwirtschaftsamts sei der Verlandungsbereich in der Schwaighofbucht aus ökologischer Sicht besonders schützenswert. Daher regt das WWA in dem Schreiben an, den Uferbereich in dieser Richtung aufzuwerten. „Dies wird nochmals ausdrücklich angeboten“, las Hagn vor.

In dem Schreiben heißt es weiter, dass das Einbringen von chemischen Stoffen ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren erforderlich macht. Hierbei müsste die Fischerei in Oberbayern, die Naturschutzbehörde und der Besitzer des Tegernsees, die Schlösser- und Seenverwaltung, beteiligt werden. Im Vorverfahren lehnten sowohl die Fischerei als auch der Naturschutz ab. Die Seenverwaltung habe sich bislang nicht geäußert.

Zahlreiche Tests und Gutachten nötig

Zudem muss die Sedimentszusammensetzung hinsichtlich der Tiefe sowie des Schadstoffgehalts untersucht werden. Dann müsste außerdem die ökologische Wertigkeit der Ablagerungen untersucht werden und damit die Frage, ob ein Eingriff gerechtfertigt und sinnvoll sei. „Falls man sich zu Maßnahmen entschließen würde, wäre ein Feldversuch in Teilbereichen notwendig, der gutachterlich zu begleiten wäre. Zudem müssten Messungen vor, während und nach der Maßnahme durchgeführt werden“, so das WWA.

Bürgermeister Hagn verwies hierbei auf den Stadtratsbeschluss vom März 2019, wonach das Umweltministerium für das Gewässer zuständig sei. Man habe damals dem Ministerium empfohlen die Untersuchungen durchzuführen und sollte man sich gegen die Maßnahmen entscheiden, eine ökologische Aufwertung des Uferbereichs zu realisieren und so die Nutzung, insbesondere für den Ruderverein, zu ermöglichen. Hagn machte deutlich:

Das Wasserwirtschaftsamt sieht keine Notwendigkeit für die Maßnahmen und spielt den Ball zurück an die Stadt. Das geht natürlich gar nicht. Wir machen hier kein Schwarzes-Peter-Spiel. Wir haben einen eindeutigen Beschluss, wonach sich das Umweltministerium entscheiden muss, ob es tätig werden möchte oder nicht.

Die Entscheidung, ob die Schwaighofbucht entschlammt wird, liege nicht mehr beim Stadtrat. „Wir haben genug Zeit und Geld investiert.“ Hagn versicherte, weiter nachzuhaken und den Stadtrat erneut zu informieren. Währenddessen weist das Wasserwirtschaftsamt die Verantwortung weiterhin zurück. „Es gibt keine Rechtsgrundlage für eine Schlammbeseitigung in einem See“, erklärt WWA-Chef Paul Geisenhofer dem Merkur. Er habe erhebliche Zweifel, ob das überhaupt funktionieren könne. Sollte hingegen an eine Renaturierung des Bereichs gedacht werden, „dann würden wir uns wieder im Boot sehen“.

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