Chancen, die man bei der Entwicklung des neuen Tegernsee-Logos vertan hat. Ob das jetzt vorgestellte Logo nun für manchen schön ist oder nicht, ist dabei nur der kleinste Punkt. Es geht dabei auch um Wertschätzung.
Die Aufregung – zumindest unter den Lesern der Tegernseer Stimme – war groß, als vor über eine Woche das neue Logo der TTT vorgestellt wurde. “Altbacken”, “langweilig”, “rentnerlastig” waren noch die nettesten Beschreibungen. Es war zwar schon länger angekündigt, dass die TTT an einem neuen Außenauftritt arbeitet. Einige hatten aber vermutlich mit einer Überarbeitung oder Modernisierung des Bestehenden gerechnet. Etwas komplett Neues war für viele wie ein Schock.
Von außen ist es immer schwierig zu beurteilen, ob ein Logo “gut oder schlecht” gelungen ist. Ob mit einer neuen Corporate Identity – wie man das einheitliche Auftreten eines Unternehmens nach außen nennt – tatsächlich auch eine neue strategische Richtung eingeschlagen werden kann und wohin diese führt.
Die Öffentlichkeit wurde schlicht überrascht
Experten haben sich mit genau diesem Thema ausführlich über mehrere Monate hinweg beschäftigt. Das vorgestellte Logo und die beauftragte Münchener Agentur wurden von mehreren Beteiligten ausgewählt. Darunter die Gesellschafter der TTT, Bürgermeister, Hoteliers und Vertreter der Tourismusorganisationen aus dem Landkreis. Nur die Öffentlichkeit stand, wie so oft bei solchen Projekten, außen vor.
Von heimlichen Entscheidungen in Hinterzimmern könne trotzdem keine Rede sein, erklärte TTT-Geschäftsführer Georg Overs im TS-Interview. Anders als für die Beteiligten kam das neue Logo für viele Einheimische, die als Multiplikatoren eine gewisse Bedeutung haben, trotzdem überraschend.
Die angesprochenen “Probleme” sind auch der Grund, warum immer mehr Unternehmen auf die Einbeziehung der Kunden setzen, wenn es darum geht, neue Produkte, Logos, Namen oder Werbekampagnen zu entwickeln. Zum einen kommen ganz neue Ideen und Ansätze zustande, wenn nicht nur zehn, sondern 10.000 sich am “Brainstorming” beteiligen. Der andere, fast noch wichtigere Aspekt: die Kunden sind von Start weg in die anstehenden Veränderungen einbezogen. Sie erfahren Wertschätzung, weil nach ihrer Meinung gefragt wird.
Crowdsourcing bezieht Kunden mit ein
Der Ablauf von Crowdsourcing-Aktionen ist dabei immer ähnlich: Die Öffentlichkeit wird nach Ideen, Meinungen oder zu Abstimmungen aufgerufen. Oft geht es dabei nicht darum, eine Idee von Grund auf zu entwickeln, sondern zwischen bereits ausgearbeiteten Vorschlägen auszuwählen.
Doch die Einbeziehung der Öffentlichkeit birgt auch Risiken: Die Agenturen hätten sich einem Wettbewerb stellen müssen, der nicht hinter verschlossenen Türen, sondern öffentlich stattfindet. Einige wären dadurch vielleicht abgesprungen. Die Einheimischen und die Gäste hätten sich vielleicht für ein anderes Logo entschieden, als es die Verantwortlichen jetzt getan haben.
Klar ist aber eines: die große Aufregung, die aktuell herrscht, hätte man sich durch mehr Einbeziehung der Öffentlichkeit ersparen können. Und viel wichtiger: durch mehr Transparenz hätte man im Vorfeld schon viel Aufmerksamkeit erzielt. Ganz nach dem Motto: “Schaut her, bei uns am Tegernsee tut sich was.” Dabei wäre allen klar gewesen, wie weitreichend die Veränderungen in der Außendarstellung wirklich werden.
Das alles hätte ein Ansatz sein können, um von Start weg das zu erreichen, was man erreichen möchte: eine Neupositionierung des Tegernsees im touristischen Wettbewerb. Ob das Logo am Ende “besser”, “ansprechender” oder “moderner” gewirkt hätte? Das kann niemand sagen. Auf jeden Fall wäre aber allen klar gewesen, was überhaupt zur Wahl steht.
Was man in der TTT, sei die jetzt abgelieferte Arbeit noch so professionell, offensichtlich unterschätzt hat, ist ein relativ kleiner, aber in der Konsequenz doch sehr wichtiger Punkt: Der Tegernsee ist kein Produkt einer Tourismus GmbH, sondern die Heimat vieler Menschen, die sich teilweise von dem jetzt vorgestellten Außenauftritt überrumpelt und falsch wiedergegeben fühlen.
Menschen, die das Tal – sei es als Vermieter oder Bewohner – repräsentieren sollen. Doch dafür braucht es auch Identifikation mit dem gemeinsamen Logo, die man sich vielleicht schon im Vorfeld hätte erarbeiten können.
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