Andreas Guillon liefert Heizöl. An Erwachsene. Seine Frau Sabine gibt Englisch-Unterricht. Und schreibt. Für Kinder. Eigentlich tun beide völlig unterschiedliche Dinge. Zumindest auf den ersten Blick. Schaut man jedoch genauer hin, stellt man zumindest eine Gemeinsamkeit fest: Genauso wie die Heizölpreise bei Mr. Guillon schwanken, so haben auch “die Kinder” von Mrs. Guillons ihre Auf und Abs.
Von schlechter Laune, Nörge- und Bettelei einmal abgesehen, sind es oft ganz bestimmte Sprösslinge, die Erzieher und Erwachsene gleichermaßen nerven – sogenannte A…-Kinder. Sie zeigen wenig Mitgefühl für andere, hauen mit Worten und Fäusten um sich und explodieren, wenn sie verlieren. Das Wort Rücksichtnahme ist für sie etwas, das sie – wenn überhaupt – erst lernen, wenn man es ihnen um die Ohren haut.
… nur noch schnell die Welt retten
Nur wer ist in der heutigen Zeit noch da, um das „Um die Ohren hauen“ umzusetzen? Wenn beide Elternteile arbeiten, Fernseher und iPad zum einzigen Bezugspunkt werden, dann bekommen die Kinder zwar oberflächlich alles, was sie wollen, nur eines bekommen sie nicht: Liebe und Aufmerksamkeit. Genau das bricht Sabine Guillon das Herz. Ihr war es ein Bedürfnis, gerade solchen Kindern, die nicht wirklich wahrgenommen werden, etwas mit auf den Weg zu geben.
Kein Ohrschutz, sondern ein Taschenbuch. Eine Art Hoffnungsträger in einer zunehmend abgestumpften Welt. Mit ihrem ersten Kinderbuch „Dana und das kleine Volk“ nimmt Sabine Guillon Kinder mit in eine Fantasiewelt, die verletzte Seelen auffängt, ihnen Freunde und Gefährten an die Seite stellt und sie beschützt. So wie die kleine Heldin des Buches: Hannah. Hannah ist zehn Jahre alt. Eher eine Einzelgängerin. Ihre Tage verbringt sie im Wald.
Dort trifft sie eines Tages auf die Göttin Dana und ihr kleines Volk. Nur Hannah kann ihre neuen Freunde sehen. Für alle anderen menschlichen Wesen bleibt das Volk unsichtbar. Auf einmal sind Hannahs Gefährten verschwunden. Zusammen mit einem Wolf und dem Schutzengel Raziel begibt sich Hannah auf die Suche nach dem kleinen Volk – und steht plötzlich vor der Aufgabe, die Welt zu retten.
Das Wohl der Anderen im Blick
Die Welt wieder auf den richtigen Pfad zu bringen ist für die 40-jährige Sabine Guillon eine Herzensangelegenheit. Jeder schaue heutzutage nur noch auf sich selbst – oder aufs Handy. So wie das kleine Volk nur von Hannah wahrgenommen wird, würden viele Tür an Tür leben, ohne sich wirklich zu sehen, sagt die gelernte Touristikkauffrau.
Genau das wollte sie den Kindern wieder bewusst machen. Dass man sich um andere kümmert, auf sie schaut. Und sich vor allen Dingen gegenseitig so annimmt, wie man ist. Vorurteilsfrei. Sabine Guillon lebt es vor. Sie selbst engagiert sich im Elternbeirat und im Trachtenverein, stellt eigene Interessen zum Wohle der Gemeinschaft zurück. Genau wie ihr Mann. Auch er ist ehrenamtlich tätig, und zwar bei der Bergwacht.
Wenn jeder etwas tut, können wir es schaffen, eine bessere Welt zu schaffen.
Das fange schon bei den kleinen Dingen im Alltag an. Wenn man den Müll von der Straße aufhebt beispielsweise, auf Plastikbeutel verzichtet oder das Auto stehenlässt. Als Älteste von vier Kindern war die Kinderbuch-Autorin schon früh erpicht darauf, Karriere zu machen, bis sie erkannte, wie „leer und sinnlos“ so ein Leben sein kann. Vor allem eines ohne Kinder.
Kinder sind ihr Lebensinhalt
Als sie berufsbedingt mitten im Indischen Ozean zwischen Palmen, Riffs und Luxus auf Mauritius „festsaß“, wurde ihr tränenreich bewusst, dass sie nicht länger unterwegs sein wollte. Sie wollte eine Familie und „sesshaft“ werden. Heute hat sie zwei Kinder (9 und 6 Jahre alt) und gibt Englisch-Unterricht in ihrem eigenen Zuhause sowie im Kindergarten.
Acht Gruppen hat sie mittlerweile. Viele ihrer Schüler würden sehr lange bei ihr bleiben, sagt sie. Von Kindergartentagen an bis teilweise zur neunten Klasse. „Ich glaube, das liegt daran, dass ich die Kinder so nehme, wie sie sind. Vielen fehlt die Aufmerksamkeit der Eltern. Wenn man spürt, dass die Kinderseelen verletzt sind, tut mir das weh.“
Ein Buch zu schreiben, das war schon immer ein Kindheitswunsch der in Österreich aufgewachsenen 40-Jährigen. Aber ohne die Unterstützung ihres Mannes wäre sie wohl „im Alltag versandelt“, sagt Sabine Guillon. Immer wieder habe er sie angestachelt. „Setz Dich hin und mach“, hat er sie in Phasen des Aufhören-Wollens ermutigt.
Letztendlich hat sie den „Druck“ ihres Ölprinzen erfolgreich in schöpferische Energie umgewandelt. Nach einem Jahr war sie mit dem 60-seitigen Werk fertig und fand sowohl einen Verlag als auch einen Illustrator. Inzwischen ist das Buch im Buchhandel und auf Amazon erhältlich. Ganz gleich, ob der Ölpreis oder die tägliche Stimmung der Verbraucher sinkt – für Sabine Guillon und ihren Mann ist das nicht relevant. Sie haben Wichtigeres zu tun. Während der eine die Welt mit schwarzem Gold beglückt, versucht der andere, sie mit schwarzen Lettern zu retten.
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