Bereits eine halbe Stunde vor Beginn der gestrigen Podiumsdiskussion auf Gut Kaltenbrunn war das Interesse überwältigend. Viele Gmunder standen auf der Treppe hoch zum Festsaal, um das Dreier-Duell mit den Bürgermeisterkandidaten zu verfolgen. Doch nahezu alle der 140 Stühle waren entweder schon belegt oder reserviert. Neugieriger Zuhörer war auch Gmunds Bürger und Landrat Wolfgang Rzehak.
Da man keinen Besucher abweisen wollte, herrschte im Festsaal drangvolle Enge, viele mussten stehen. Wenn Tuchfühlung unausweichlich ist, erzeugt das bei vielen das Gefühl des Miteinander. So kamen sich auch gestern auf dem kleinen Podium Moderator Stefan Scheider und die drei Kandidaten Franz von Preysing (CSU), Johann Schmid (SPD) und Alfons Besel (FWG)zwangsläufig näher.
Jeder konnte seinem Konkurrenten unvermittelter ins Wort fallen und es auch an sich reißen. Dies bot die Möglichkeit einer lebhaften Diskussion. Die drei Löwen, wie Dompteur Scheider seine Gesprächspartner nannte, mussten zunächst zur Auflockerung die Frage klären, was die Gegenkandidaten haben, was man selbst auch gerne hätte. Dabei zeigen sich die Bürgermeister-Kandidaten standhaft – ohne Stühle meistern sie den Diskurs bis zum Schluss..
Blechlawinen als beherrschendes Problem
Für Preysing war es bei Schmid der wunderbare Musikant. Besel bewunderte an Preysing die guten Nerven, wenn dieser mit der Wasserwacht ins Ferienlager fahre. Und Schmid über Besel: „Ich schätze seine soziale Einstellung“. So eingestimmt näherte sich Scheider den Themen, die den Gmundern unter den Nägel brennen.
Dabei nahm er die Kandidaten mit auf einen Spaziergang durch Gmund und wollte wissen, wo sie als Bürgermeister zuerst anpacken würden. Damit traf Scheider auch Empathie und Emotionen der Zuhörer, denn schließlich sind es ihre alltäglichen Probleme. Wenn Gmunder sich beispielsweise dem Bahnhof nähern, herrsche dort immer ein Bus-Chaos, befand Besel vorrangig. Er plädierte für einen Busbahnhof mit Park&Ride.
Schmid zeigte sich bei seinem virtuellen Rundgang verwundert, dass sich in Gmund Radwege immer auflösen würden, obwohl mehr Schulwegsicherung notwendig wäre. Der Bahnhof sei natürlich wichtiges Thema, stimmte auch Preysing mit ein. Doch er lenkte lieber den Blick auf die Postkartenidyllen von Gmund. Vom Osterberg gebe es einen so schönen Blick runter auf den Ort, da sei sehr viel auch schön. Kirche, Grundschule und Seezugang. Da würden Viele Gmund beneiden.
Tunnellösung war umstritten
Allerdings weniger beim zentralen Thema im Wahlkampf, der Verkehrsentlastung, wo unterschiedliche Akzente erkennbar wurden. Zwar lehnen alle Kandidaten eine Umgehungsstraße ab, aber wenn sie sich nicht verhindern lasse, wäre für Preysing sein oft propagierter Tunnel noch die bestmögliche Lösung.
Da es aber diese so schnell nicht geben würde, habe er die Vision vieler kleiner Maßnahmen. So könne sich Preysing an der Kreuzstraße eine Ampelschaltung vorstellen, die nur so viele Autos ins Tal lasse, wie man sie um den Tegernsee verkrafte. Hier kam dann doch Unmut etlicher Zuhörer auf. Ob dies noch mit klarem Verstand gesprochen sei, schallte es aus den hinteren Reihen.
Harter Schlagabtausch
Verwaltungsfachmann Besel nahm den Ball mit dem Tunnel und einer Umgehungsstraße auf und bezifferte die Kosten dafür auf 50 Millionen Euro. „Wo hast du denn die Zahlen her“, rief erregt Noch-Bürgermeister Georg von Preysing aus dem Publikum. „Die stehen im Bundesverkehrswegeplan in einem Gutachten“, konterte Preysings einstiger Geschäftsleiter Besel.
Du als ehemaliger Bauingenieur müsstest eigentlich wissen, dass ein Tunnel wesentlich teurer werden könnte.
An dieser Stelle zeigte sich, wie virulent dieses Reizthema ist. Hier knisterte es im Saal, denn Besel forderte damit Preysing Junior heraus. Wenn man diese Tunnellösung wolle, dann müssten jetzt Grundstücksverhandlungen geführt werden. So etwas könne doch ein Bürgermeister nicht alleine im Hinterzimmer entscheiden, lockte Scheider Kandidat Preysing.
Hier brauche es eine große Lösung für den Landkreis, der hier „an einem Strang ziehen muss“, so Preysing. Mit einem Bruchteil der Kosten und einer vernünftigen Optimierung der Ampelsteuerung könnte man gleich anfangen, war Schmids Einwand.
Einstimmung auf die Wahl am 25. Februar
Auffallend war am gestrigen Abend, dass sich viele Bürger aus Gmund zu Wort meldeten, die kein bayerisches Idiom hatten. Sie seien hierher gezogen, weil ihnen der Ort so gefalle, gestanden sie Scheider auf Nachfrage, der mehrmals mit dem Mikrofon durch die Reihen ging und Stimmen und Stimmungen einfing. Der Erhalt der Heimat war auch Konsens unter den drei Kandidaten, die nach vielen weiteren Themen, wie den Hochwasserschutz, bezahlbares Wohnen und Landschaftsschutz ihre Wahlbewerbung abgaben.
Ihr einmütiger Tenor: Miteinander in die Zukunft. Nun blieb als Stimmungsbarometer für die besten Wahlaussichten nur, wer den meisten Applaus bekommen würde. Bei Preysing und Besel waren Länge und Intensität etwa ausgewogen. Den Vogel schoss Schmid mit der Bemerkung ab, dass er kürzlich seinen 60. Geburtstag gefeiert habe.
In Anspielung auf die mit Millionen gesponserte Geburtstagsparty des ehemaligen CSU-Landrats Jakob Kreidl meinte Schmid, dass er seine Feier aber selbst bezahlt habe. Langer Applaus. Mit diesem Bonmot konnte Schmid eindeutig punkten, zumindest an diesem Abend.
Hier noch ein paar Eindrücke des gestrigen Abends:
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