Schleichweg ins Nirgendwo:
Rottach-Egern: Sags durch den Blumenkübel

Perfekter Schleichweg für alle, die es zum Wallberg zieht. Sogar Navi-Systeme haben ihn im Programm. Doch die Gemeinde will das gar nicht. Egal …

Am Ende einer Abkürzung – nur ein schnöder Blumenkübel. Sinnbild des Lebens? Foto: Martin Calsow.

Die Georg-Hirth-Straße führt durch Rottach-Egerns Villenviertel (Achtung! Hohe G-Klassen-Dichte). Hinter hohen Hecken leben Ex-Vorstände, hier hat man sich seinen Lebensabend verdient; nach anstrengenden Jahren als – Bankenvorstand zum Beispiel. Wenn nicht der Verkehr wäre. Der mit dem Auto. Denn die GHS (Georg-Hirth-Straße) mündet von der Ortsmitte kommend in eine Sackgasse. Bislang wurden die letzten 50 Meter, bis zum Parkplatz der Wallbergbahn, nur mit einem Verbotsschild für Autos und Motorräder versehen.

Wo ein Weg, da ein Selbstversuch …

Das wiederum war für einige fast schon eine Empfehlung, kein Grund, auf die Abkürzung zum Parkplatz zu verzichten. Anwohner berichten uns, dass sie Angestellte der Bergbahn hier vorbeirauschen sahen. Auch übliche Navigationssysteme wie Google Maps geben die Abkürzung als schnellste Strecke aus.

Wir wollen nach einem Besuch im Bräustüberl noch einen Ausflug zum Wallberggipfel machen. Offiziell und legal müssten wir uns in den Durchgangsverkehr auf der Bundesstraße quälen, uns hinter Touristen-Kombis aus Steinfurt oder Schlangenbad einreihen. 6,7 Kilometer wären das. Aber das Mini-Start-Up-Unternehmen-Google weiß es besser: über die Georg-Hirth-Straße – 1,8 Kilometer länger und zwei Minuten schneller. Rubbeldiekatz ist man am Fuß des Wallbergs.

Anzeige

Blumenkübel voraus

Aber die Gemeinde Rottach-Egern ist nicht von gestern. Nachdem sich ein Anwohner über den starken Verkehr vor seiner Haustür beschwert hat. Schnell sind neue Schilder aufgestellt, die Autofahrerinnen und -fahrer auf die Sackgasse hinweisen – auch darauf, dass es keine Wendemöglichkeit gibt. Damit es auch der letzte Ignorant kapiert, setzte die Gemeinde am Ende des Wegs – kurz vor dem Wanderparkplatz – einen Endgegner ins Feld: Einen Blumenkübel. Sinnbild der Trockenheit und Zukunftsfähigkeit des Tals?

Am Ende einer Abkürzung – nur ein schnöder Blumenkübel. Sinnbild des Lebens? Der Zukunft? Foto: Martin Calsow.

Aber wie so oft glaubt der deutsche Autofahrer mehr dem Verstand als schnöden Schildern. Sackgasse? Nicht mit mir.  Ein Anwohner schreibt uns resigniert: “Jetzt fahren die Autos weiter nach Navi und müssen über Hunderte von Metern rückwärts zurücksetzen.” Das sei, so der Anwohner, “saugefährlich für Radfahrer und Fußgänger.”

Konkret: Der_die_das Fahrende fährt mit Schwung und Selbstbewusstsein in die verkehrstechnische Hummerräuse, um kurz vor dem Ziel zu erkennen, dass ein Blumenkübel die eigene Sturheit schachmatt setzt und zum Umkehren zwingt. Nun ist das durchaus eine fahrtechnische Herausforderung. Schon Napoleon scheiterte am Rückzug, wie erst muss es einer mit eingeschränkter Beweglichkeit im Schulterbereich gehen, wenn ein zeternder Beifahrer an der Seite die Wendung unnötig mit Adrenalin aufputscht.

Vorbei, an hastig zur Seite springenden Hundebesitzern und Spaziergängern, rauscht das Gefährt endlich zurück zur Bundesstraße.  “Die Gemeinde auf diesen Missstand hinzuweisen schlug fehl”, so der Anwohner. “Dort”, so schreibt er, “meint man, dass ein Sackgassen-Schild reiche.” Als wir uns die Sache vor Ort anschauen, “verirren” sich tatsächlich zwei Fahrer mit größerem Gefährt dorthin.

Nur – was tun? Selbst wenn der Kübel weiter vorne stünde, bliebe die Navi-Abkürzung für Ortsfremde. So wird vorerst weiter munter durch die Hohe-Hecken-Siedlung abgekürzt. Und so ein Wendemanöver in zehn Zügen von Papi mit hypertonischem Gesicht hat durchaus Unterhaltungswert. Aber wir haben für genervte Anwohnende auch einen Tipp: Bei Google Maps kann man auch korrigieren … gern geschehen.

Eingezeichnet ist der Weg. Noch. Korrigieren geht aber.



SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Kolumne Meinung Verkehr