„Du bist, was du isst!“ Wörtlich genommen, macht uns der Spruch ziemlich ratlos – jedenfalls im Hinblick auf das Wissen um gentechnisch veränderte Produkte. Was bin ich eigentlich? Was habe ich gerade gegessen? Die Antwort: Nix g’wiss woas ma ned!
Zwar entscheidet eine Talgemeinde nach der anderen „genfrei“ zu werden. Aber was das heißt weiß niemand so genau. Und spätestens beim Einkauf fängt das Rätsel an. Wir haben es versucht: Beim Bäcker in Kreuth, beim Metzger in Wiessee, im Dorfladen, in der Markthalle und natürlich im Discounter.
Das Ergebnis: Vielleicht ist Gentechnik schon in aller Munde. So genau wissen wir das (noch) nicht. Eines ist sicher: Beim Einkaufen selbst wird man seltenst ausreichend informiert über das, was drin ist im Essen.
Das Erschreckende jedoch: Den meisten Verbrauchern scheint das völlig egal zu sein. Der Einkauf braucht oft keine 15 Minuten. Kaum einer schaut, was auf den Etiketten steht, wo die Produkte herkommen und welche Stoffe enthalten sind.
Die Geschäfte sind schlechte Informanten
Keinerlei Schilder in den Geschäften weisen darauf hin, ob Produkte gentechnikfrei sind oder nicht. Auch auf den Produktetiketten lässt sich keine Kennzeichnung entdecken.
Das Personal wirkt im Hinblick auf Gentechnik überfordert. Die Aussagen schwanken zwischen „Das wird schon alles in Ordnung sein, sonst würde es draufstehen“ und „Keine Ahnung, wo die Sachen herkommen und ob sie genfrei sind“. Ein beliebter Irrglaube: „Das kommt alles von hier, also ist es genfrei.“
Vorbildlich und trotzdem die Ausnahme war bei unserer Tour die Rottacher Markthalle. Wir sind gentechnikfrei, weil…
Klare Antworten und kein herumgedruckse. So sollte es überall sein.
Der Metzger beispielsweise war auch relativ gut informiert. Er lässt in Wall schlachten. Die Tiere kommen aus artgerechter Haltung aus der Gegend. Allerdings: Wie die Tiere gefüttert werden, das konnte auch er nicht genau sagen.
Und eben das ist die Gesetzeslücke, die die Durchsicht beim Thema „Gentechnik“ erschwert. Laut Marion Ruppaner, Agrarreferentin in der Landesfachgeschäftsstelle Nürnberg des Bund Naturschutz in Bayern e.V., existiert in Deutschland lediglich eine Kennzeichnungspflicht für pflanzliche Produkte.
Ab einem bestimmten Schwellenwert müssen diese seit April 2004 als gentechnisch verändert ausgewiesen werden, egal ob im Lebensmittelladen oder in der Gastronomie. Die Kennzeichnung findet sich versteckt in der Zutatenliste und lautet beispielsweise „aus genetisch verändertem Soja hergestellt“ oder „enthält genetisch veränderten Mais“.
Produkte von Tieren (Milch, Eier, Fleisch etc.), die mit Gen-Pflanzen gefüttert wurden, sind dagegen nicht kennzeichnungspflichtig. Langzeitstudien gibt es wenige, die darüber sicheren Aufschluss geben, ob das veränderte Futter auch Zugang zum menschlichen Körper finden. Über bisherige Untersuchungen kann man sich auf dieser Seite informieren.
„Sie müssen davon ausgehen, dass tierische Produkte gentechnisch verändert sind“, sagt die Agrarreferentin. Will man sichergehen, gentechnikfrei zu essen, muss man auf extra gekennzeichnete Produkte „ohne Gentechnik“ zurückgreifen. Bio-Ware, beispielsweise von „Unser Land“, war bei unserem Einkauf z. B. deutlich gekennzeichnet.
Mit verantwortlich für die Gesetzeslücke beim Thema „Gentechnik“: die Politik, die vor Kurzem beschlossen hat, dass Futtermittel weiterhin genetisch verändert sein dürfen. Insgesamt 77.000 Gegenunterschriften vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) wurden auf der Biofach-Messe überreicht. Gebracht hat es nichts: In Brüssel wurde das Ende der bisher geltenden Nulltoleranz-Regelung beschlossen.
Die Hersteller haben kein Interesse an ausreichend Informationen
Viele Verbraucher fordern dagegen eine klare Kennzeichnung. Sind sie informiert, sagen fast alle, dass sie diese Nahrung nicht wollen. Durch den Zusatz von Gentechnik wird lediglich die Produktion gesteigert. Also: es hilft nur den Firmen, die die Nahrung herstellen. Für sie ist es ein großer Vorteil, wenn der Konsument unwissend bleibt.
Der Bund Naturschutz (BN) warnt dagegen vor Gefahren für die menschliche Gesundheit. Noch immer sind Antibiotika-Resistenzen in Gentechnikpflanzen enthalten. Diese können zu Resistenzen gegen wichtige Medikamente führen.
Einige Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen genverseuchter Ernährung und der Zunahme chronischer Krankheiten sowie der Schwächung des Immunsystems, gerade in den USA, wo die Verbraucher komplett im Dunkeln gelassen werden.
Die Entscheidung über gentechnikfreie Lebensmittel liegt, wie so oft, in den Händen der Verbraucher. Die Industrie wird auf die Möglichkeit, zusätzliches Geld zu verdienen, nur dann verzichten, wenn sie es an den Supermarktkassen wieder verliert: Weil gentechnikfreie Lebensmittel sich einfach besser verkaufen.
Wo kann ich mich zusätzlich informieren:
Eine Liste mit gekennzeichneten Produkten auf dem deutschen Markt findet man unter: www.greenpeace.de/genalarm
Bei Greenpeace findet man auch einen Ratgeber für gentechnikfreien Einkauf:
www.greenpeace.de/ratgeber_essen_ohne_gentechnik
Eine Liste der Produkte „ohne Gentechnik“ erhält man unter:
www.vzhh.de/ohnegentechnik
Einen Marktcheck unterschiedlicher Milchprodukte bekommt man unter.
www.verbraucherzentrale-bayern.de
SOCIAL MEDIA SEITEN