Viele Weißstörche am Wochenende gesichtet
Fliegende Jungfrauen über Finsterwald

Steigt die Geburtenrate im Tegernseer Tal? Dutzende Störche kreisten am Sonntag über Gmund-Finsterwald. Was hat es damit auf sich? Wir haben den Miesbacher Vogelexperten Gerhard Kinshofer gefragt.

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Sie kreisen in weiten Bögen, den spitzen, roten Schnabel weit nach vorn gereckt, über Wiesen. Man bleibt unwillkürlich stehen. Sind das alles Störche? Ja, sind es. Bis zu 30 waren es wohl, die hoch oben im blauen Himmel flogen. “Das ist jetzt ihre Zeit”, erklärt uns Gerhard Kinshofer vom Landesbund für Vogelschutz (Kreisgruppe Miesbach). Die Weißstörche werden Anfang September sich auf ihre lange Reise in den fernen Süden, südlich der Sahara, machen. Die allermeisten Störche, die man jetzt sieht, sind, wie Kinshofer es so schön ausdrückt “Jungfrauen”, haben also noch nicht gebrütet. Andere sind durch die vergangenen Unwetter gestört worden, haben die Brut abgebrochen.

In der Gemeinschaft ist es sicherer

Weißstörche sind etwa 80 bis 100 cm lang und haben eine Flügelspannweite von etwa 200 bis 220 Zentimeter. Bis auf die schwarzen Schwungfedern ist das Federkleid rein weiß, Schnabel und Beine sind rötlich. Weißstörche haben ein Gewicht von etwa 2,5 bis 4,5 Kilogramm. Gewöhnlich benötigen die Klappergesellen ein Siebtel ihres Gewichts täglich an Futter. Deswegen kreisen sie über unsere Wiesen, um sich mit Kröten, Insekten und Mäuse den Storchenbauch vollzuschlagen. Aber warum in Gruppen? Da ist die Konkurrenz doch größer (fragt der Autor mit vier Geschwistern und leidlichen Kindheitserfahrungen)? “Da sind sie sicherer”, erklärt Gerhard Kinshofer. Vögel haben immer mit Attacken großer Raubvögel zu rechnen, je größer der Verbund ist, desto abschreckender wirkt das auf den Gegner.  

Feuchtgebiete sind wichtig

Bei uns tritt diese Storchengang immer wieder einmal im Landkreis in Erscheinung. Vorzugsweise sind sie einmal im Jahr auf den Wiesen nördlich Warngaus zu sehen. Nachts schlafen einige von ihnen auf den Kirchtürmen. Aber auch die dunkle Verwandtschaft ist bei uns vertreten: Bei Gmund-Festenbach wurden zwei Schwarzstörche gesichtet. Sie waren einmal massiv bedroht, aber auch hier konnte durch den Einsatz von Naturschutzgruppen der Bestand wieder verbessert werden.

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Hunde bitte anleinen

Wichtige Voraussetzung für Meister Adebar (so heißt er in der Fabel) sind Feuchtgebiete (hier sind Wiesen gemeint) mit ausreichendem Futterpotenzial. Zunehmende Versiegelung und Trockenlegung und Umwandlung von Wiesen in Felder haben dem Storch das Leben in den vergangenen Jahrzehnten das Leben schwer gemacht. Aber seit Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit weniger als 2.500 Störchen in Deutschland, steigt die Population an. Mittlerweile schätzen Experten die Zahl bei fast 5.000. Aber was hat es nun mit der Verbindung Geburten und Störche auf sich? Nicht ohne Grund werden Holz-Störche vor Häusern mit frisch Geschlüpften gestellt. In manchen europäischen Ländern stellte man einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Storchenpaare und der Geburtenrate her – ein Paradebeispiel für eine Scheinkorrelation. Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis vom Vogelexperten Gerhard Kinshofer. An alle Hundebesitzer: “Leinen sie die Hunde bitte an, lassen sie sie nicht auf den Wiesen frei herumlaufen.” Nicht nur die Störche werden massiv bei der Nahrungssuche gestört. Vierbeiner anleinen, innehalten und sich an den Klapperstorch-Jungfrauen erfreuen – das ist doch viel schöner.  

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