Wir Männer haben schon alles. Brauchen nichts. Die Schuhe tun’s noch, die Jacke ist noch keine zehn Jahre alt, wir möchten nicht bummeln und “nur kucken”, schon gar nicht in Geschäften, wo es verdächtig gut riecht und pastellige Töne die dominanten Farben sind. Mode nennen wir Gwand. Und wenn es nicht durchs Dach regnet, ist das Zuhause “gemütlich” genug.
Wir wandern nicht in, sondern über Fußgängerzonen hinweg, jenseits der lauten Trends und aller Marktschreier. Wir schauen, nein reiten quasi, versonnen in den Horizont und fühlen uns wie die Cowboys, die ihres inneren Friedens wegen allem Materiellen und Banalem entsagt haben.
Aber leider ist am heutigen Sonntag nicht Cowboy-Tag, sondern Muttertag. Gerade haben wir uns vom Valentinstag erholt (der uns seit etwa zwanzig Jahren kostenpflichtig die früher so herrlich ereignislose Zeit zwischen Weihnachten und Muttertag versaut) und sollen nun schon wieder ausrücken und irgendwas mit Herzen oder von Herzen kaufen, das aber letztlich für’n Arsch ist.
Allen Cowboys, die sich nun die Hände reiben und denken: Fein, nun bekomme ich von der Stimme eine konzise Begründung für meine Verweigerungshaltung geliefert und kann der Holden gleich beim Frühstück schlüssig verargumentieren, warum der Muttertag ein rechter Schmarrn ist. Beim Frühstück, das SIE macht, wohlgemerkt.
Die Blumenhändler sind schuld.
Nun, ganz so ist es nicht. Ob der Muttertag ein Schmarrn ist, ist nun immer relativ. Vielleicht ist der 1. Mai ja auch eigentlich ein Schmarrn oder die ganzen Himmelfahrten. Sagen wir so, der Muttertag hat keine tiefe spirituelle Vergangenheit im eigentlichen Sinne. Seine Ursprünge findet er in den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts mit der Initiative einer Tochter aus Methodistenkreisen, die aus dem Gedenken an ihre verstorbene Mutter quasi eine Lebensaufgabe gemacht hat und fortan beseelt war, den zweiten Maisonntag zum Tag für die Mütter zu etablieren.
In Deutschland wurde die Idee in den 1920er Jahren von findigen Floristen und Blumenhändlern auf eine herzliche wie einträgliche Weise aufgegriffen und damit quasi der Muttertag, wie wir ihn heute kennen, begründet. Wie sattsam bekannt, wurde ab 1933 unter dem „GröFaZ“ der Muttertag, wie alle Parameter des gesellschaftlichen Lebens und des Jahreslaufs, im Sinne der rassischen Ideologie zurechtgebogen und mit der heldenhaften Verehrung blonder Gebärmaschinen ins Widerliche verkehrt.
Mit der Gründung der Bundesrepublik und dem Wirtschaftsaufschwung wurde der Muttertag nach Lesart der Vorkriegszeit langsam wieder Teil des Kalenders, wenn auch nicht als gesetzlicher Feiertag, sondern lediglich als Agreement entsprechender Branchenverbände. Soviel zur Theorie. So gesehen ist der Muttertag also eine Erfindung des Einzelhandels. Daran lässt sich nun nichts heilig sprechen.
Mehr Geste als Feiertag.
Historie hin, Historie her – eigentlich geht es um etwas anderes: 364 Tage lang Geschrei, Erbrochenes, Schokolade-Lego-Verbundbatzen in Sofaritzen, Fieber, Pusteln, wieder Erbrochenes, infernalische Flatulenzen, besorgte Pädagogen, Trost, Kacke, Scherben, Pubertäten, Legasthenie, Dyskalkulie, Alkopops, Hosen in den Kniekehlen, wenig Hirn, viel Selbstbewusstsein, Gemüseresistenz und Haftpflichtangelegenheiten.
Dazu ein liebenswürdiger Ehemann und Vater, der es selber aber auch ums Verrecken nicht lernt, dass man mit dem Marmelademesser nicht in die Butter fährt. Und das ganze nicht an 364 Tagen im Jahr, sondern an 365. Denn am Muttertag ist alles wie sonst auch. Das mindeste also, was sich für Söhne, Männer, Papas und Patchworkdaddys an diesem Tag gehört, ist – allen unterjährigen kleinen Fehden oder Meinungsverschiedenheiten zum Trotz – ‚Danke‘ zu sagen.
Es soll ungemein helfen. Und da Mütter, meistens Frauen, im Gegensatz zu unsereinem gern mal eine kleine Aufmerksamkeit bekommen, sollten wir uns an die nicht allzu schwere Aufgabe wagen und im Einzelhandel eine Kleinigkeit besorgen.
Aufgepasst
Es heißt zwar „Muttertag“, aber aus der Erfahrung vorheriger Generationen wissen wir, dass man an dem Tag nicht unbedingt Eierschneider, Flockenquetschen, Fensterputzsets oder Still-BHs verschenken sollte. Damit erntet man nur Tränen.
Die einschlägigen Aufmerksamkeiten-Fachgeschäfte in unseren Heimatgemeinden machen es uns ja nicht schwer „eine Idee zu haben“. Sie binden uns das Blumensträußchen ja förmlich auf die Nase. Womit wir sozusagen im Vorübergehen einen wichigen Punkt nicht unerwähnt lassen möchten: Geht nicht fort, kauft am Ort – nutzt den Muttertag für einen Ausflug in den heimischen Einzelhandel.
Und wer Samstag Nacht beim Saufen war, nimmt einfach in der Früh gleich Semmeln mit heim und sagt … “Danke”!
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