Einen schnellen Kurswechsel in der Asylpolitik fordert die Landtagsfraktion der CSU von der Bundeskanzlerin. Trotz heftiger Kritik und Brandbriefen wurde die CDU-Vorsitzende heute aber nach außen hin mit einer Trachtengruppe aus dem Tegernseer Tal freundlich empfangen. In der Sache aber bleibt Seehofer hart.
Zuvor begrüßte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer als Gastredner Finanzminister Wolfgang Schäuble. Doch der zierte sich, öffentlich Merkels Flüchtlingspolitik zu kritisieren. „Was soll ich da“, meinte Schäuble augenzwinkernd, „wenn ich vor der Kanzlerin bei der Klausurtagung rede. Ich habe zwei Möglichkeiten: Ich kann das Gleiche sagen wie Angela Merkel, das wäre langweilig. Wenn ich das Gegenteil sage, wäre es dumm“.
So beließ er es zu diesem Thema und sagte nichts zur Obergrenze von 37.500 Asylbewerbern, die heute in Österreich beschlossen wurde. Schäuble sprach lieber über den Finanzausgleich zwischen den Bundesländern. Der sei derzeit politisch nicht so brisant in der Koalition.
Zeitfenster für Merkel werde kleiner
Die CSU drehte vor dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel mit ihren Ultimatum für Ende März noch einmal auf. Bis dahin soll die Forderung der CSU nach einer Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr Konsens in der Regierungskoalition sein. Werden es mehr, sollen diese an der Grenze abgewiesen werden. Das geht aus einem Zwölf-Punkte-Plan zur Flüchtlingspolitik hervor, den die Fraktion auf ihrer Winterklausur beschlossen hat.
31 Abgeordnete werden Merkel auch einen Brandbrief überreichen. Tenor: „An der Basis brennt es“. Eine “Kaskade von Grenzschließungen” liege auf dem Tisch – beginnend in Mazedonien über Serbien und Österreich bis hin zur deutschen Grenze, um die Menschen zu stoppen. Zudem strebt die CSU ein koordiniertes Vorgehen mit den Transitstaaten auf dem Balkan an: Diese sollen selbst Grenzkontrollen durchführen, bis es irgendwann zu einem wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen kommt.
“Dafür hat die Kanzlerin nur noch wenige Wochen Zeit”, sagte Innenminister Joachim Herrmann in Kreuth, das Zeitfenster werde „immer kleiner“. Die gegenwärtige Einwanderungspraxis steht laut Herrmann “nicht im Einklang mit dem Grundgesetz. Der völlig unkontrollierte Zustrom an Migranten hat nichts, aber auch gar nichts, mit einer humanitären Geste in einer Notlage zu tun”, kritisierte der bayerische Innenminister.
Kreuzer fordert Kurswechsel
Neben Herrmann fordern inzwischen führende Christsoziale wie Bayerns Finanzminister Markus Söder und Merkels Kabinettsmitglied Alexander Dobrindt von ihr ein Umsteuern im Umgang mit Flüchtlingen. Kreuzer stellte bei der Begrüßung von Bundeskanzlerin Merkel, die früher als angesagt kam, klar, dass der Zwölfpunkte-Plan Lösungsansätze der Flüchtlingskrise anbiete, mit der man mit ihr reden wolle.
Wegen der Situation in den Landkreisen und Kommunen sei man der Ansicht, „dass wir nicht viel Zeit zum Handeln haben. Da wir auch in diesem Jahr schon wieder bei 3.000 Flüchtlingen pro Tag sind“: Deswegen plädiere die CSU auch für nationale Maßnahmen. Ähnlich dem, was in Österreich heute mit der nationalen Obergrenze beschlossen wurde. Er hoffe, dass man in den Gesprächen mit Merkel gemeinsam weiterkomme.
Merkel setzt weiter auf europäische Lösungen
„Das Miteinanderreden ist gerade in solch herausfordernden Zeiten von allergrößter Bedeutung“, erwiderte die Bundeskanzlerin, „selbst wenn man nicht in allen Fragen einer Meinung ist“. Einig sei man sich aber, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge spürbar und nachhaltig reduziert werden müsse. Sie setze hier jedoch mehr darauf, bei den Fluchtursachen anzusetzen und spricht fast mantraartig von einer europäischen Lösung.
Drei Ereignisse würden demnächst eine Rolle spielen: am Freitag die Gespräche auf Regierungsebene mit der Türkei, die hier eine Schlüsselrolle einnehme. Über die Lebensbedingungen der Flüchtlinge in Syrien und Jordanien soll dann auf einer Geberkonferenz in London am 4. Februar beraten werden. Mitte Februar folge dann ein EU-Rat mit den Flüchtlingen als zentrales Thema. Danach werde Zwischenbilanz gezogen.
„Dass man in kurzer Zeit den Ausweis für Flüchtlinge hinbekommen hat, zeigt, dass Kommunen, Länder und Bund hier zusammen arbeiten. Dies ist das Zeichen für einen modernen Staat, der den Bürgern dient“. Ausdrücklich bedankte sich Merkel für die Leistungen Bayerns bei dem Zustrom von Flüchtlingen, „denn hier kommen die meisten Flüchtlinge an“. Was die Staatsregierung hier geleistet habe, sei herausragend. Mehr gab sie zu ihrem Konflikt mit der CSU nicht preis.
Seehofer prophezeit: „Es wird enger“
„Die Probleme werden immer größer, es wird enger“, äußerte CSU-Chef Horst Seehofer zuvor in einer Journalistenrunde. Der vertraute er auch mit Blick auf die gestrigen Schlagzeilen zu seinem Schwächeanfall an: „Mir geht es bestens, es gibt keinen Zusammenbruch, keinen Kollaps, alles Mist. Ich habe auch keinen Arzt gesehen, alles andere ist Privatsache“.
Wie zum Beweis war er auch immer auf der Bildfläche präsent. Seehofer räumte aber ein, dass es hier offenbar eine Kommunikationspanne gegenüber den Medien gegeben habe. Sprach‘s und begrüßte die Bundeskanzlerin.
Hier noch einige Eindrücke vom Tag in Kreuth / alle Bilder: Felix Wolf:
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