Friedrich Merz rüttelt mit Rede wach

Er ist einer der profiliertesten Wirtschaftspolitiker Deutschlands. Daher fand seine heutige Rede in der Weissach-Arena auch medial große Beachtung. Merz forderte ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik, weniger Abgaben und Bürokratie. Doch auch für den Landkreis Miesbach hatte der Wahl-Tegernseer eine Überraschung parat.

Der “Wahl-Tegernseer” Friedrich Merz fordert ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik./Fotos: Klaus Wiendl

Bereits Wolfram Weimer als Veranstalter der gleichnamigen Media Group bereitete Merz das Feld. Weimer sprach davon, dass das europäische Haus Stürmen ausgesetzt sei. Und ausgerechnet in diesem Moment würde Großbritannien das Haus verlassen, das damit in eine Schieflage gerate. Weimer zitierte in diesem Zusammenhang Ex-US-Außenminister Henry Kissinger: „Deutschland ist für die Welt zu klein und für Europa zu groß“.

Doch dieses Haus Europa habe auch „heikle Nachbarn“. Von US-Präsident Trump, „mit dem eigentlich niemand so richtig kann“, kam Weimer zu den autokratischen und populistischen Präsidenten als Nachbarn. Dieser globale Trend der politischen Kultur betreffe fast alle westlichen Länder. Beispielsweise in Italien, das in eine Verschuldungsrepublik laufe, die einem Angst machen könne. Bei den bevorstehenden Europawahlen befürchtet Weimer „die größte Woge“ an Rechtspopulismus, „die unsere Generation je erlebt hat“. Gleiches vollziehe sich in „abgeschwächter Form auch auf der linken Seite“. Die bürgerliche Mitte Europas sei von mehrerlei Seiten bedrängt.

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Weimer: „Wohlstandsmaschine Europa“

Die gute Nachricht dabei sei, „dass die Akzeptanz der EU steigt“. Wenn Europa gefühlt in der Bevölkerung „keine Rückendeckung“ mehr habe, so sei das Gegenteil der Fall. Die Zustimmungswerte erreichten Höchstwerte. In Deutschland würden 81 Prozent der Befragten die EU für eine „gute und wichtige Sache“ halten. Zumal Europa auch eine „Wohlstandsmaschine“ sei.

Veranstalter Wolfram Weimer sieht Probleme beim Brexit

Gefragt sei, die europäische Idee weiterzuentwickeln, statt an der eigenen Kultur und Integrität zu zweifeln. „Europa ist ein Friedensprojekt“, so Weimer. Da passe der Leitspruch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gut ins Bild: „Wer an Europa zweifelt, der sollte einen Soldatenfriedhof besuchen”. Juncker wird am Abend mit dem „Freiheitspreis“ des 5. Ludwig-Erhard- Gipfels ausgezeichnet.

Erster Auftritt von Merz nach dem Parteitag

Als ehemaliger Europa-Abgeordneter mit dem „Comeback des Jahres“ kündigte Weimer seinen Duz-Freund Friedrich Merz als Hauptredner des Tages an, der viele Menschen „beseelen“ und „mobilisieren“ können. Fast die Hälfte des CDU-Parteitages sei vor einem Monat an der Seite von Merz gestanden. „Ich hoffe wie viele Menschen hierzulande, dass Merz in der Politik bleibt“, so Weimer, um zusammen mit Annegret Kramp-Karrenbauer die Weichen für Deutschlands Zukunft zu stellen. Für Merz war es der erste öffentliche Auftritt nach dem CDU-Parteitag.

„Der profilierteste Wirtschaftspolitiker der Union“, so Weimer über den Wahl-Tegernseer, deutete einen „dramatischen Transformationsprozess“ für die nächsten Jahre an. Dann würden zwei Daten mit historischer Dimension erst klar werden, der britische Brexit und Trumps Wahl 2016. „Wir sind Zeitzeugen einer tektonischen Verschiebung der global, ökonomischen und politischen Machtzentren“, diagnostizierte Merz. „Amerika verabschiedet sich Schritt für Schritt aus seiner Rolle als globaler Ordnungsfaktor. China tritt mit einem bisher nicht gekannten Machtanspruch auf die Weltbühne und Europa beschäftigt sich mit sich selbst“.

Und mit dem Brexit verliere Europa nicht nur die zweitgrößte Volkswirtschaft, sondern auch ihre Statik. Dies bringe Deutschland noch mehr als zuvor in eine europäische Verantwortung, betonte Merz. Man spreche hierzulande skeptisch über Technisierung und Globalisierung, doch in Amerika und China würden diese Themen mit einer „großen Zuwendung“ aufgenommen werden. Merz forderte zudem die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ultimativ bis Ende 2019, die Gründung eines deutsch-französischen Digitalkonzerns nach dem Vorbild von Airbus, Steuerentlastungen und sprach sich für Investitions- und Digitalisierungsoffensiven aus.

Christiane Goetz-Weimer (v.l.), Veranstalterin des Erhard-Gipfels, Friedrich Merz, CDU-Wirtschaftspolitiker, Wolfgang Schüssel, Ex-Bundeskanzler Österreichs

Von dem Sieben-Punkte-Programm des CDU-Wirtschaftspolitikers könnte eines erhebliche Auswirkungen auch auf den Landkreis Miesbach haben: die digitale Infrastruktur, mit der Deutschland auf einem der hinteren Plätze liege. Für eine Industrienation sei dies „inakzeptabel“. Als Beispiel dafür nannte Merz die Pläne um die Vergabe des 5-G-Netzes. „Wir brauchen diese 5. Generation der digitalen Infrastruktur“. Doch kaum jemanden sei bekannt, was dies praktisch bedeute.

Ingenieure und Institute hätten ihm bestätigt, dass zwei Masten pro Quadratkilometer notwendig seien. Für eine flächendeckende 5-G-Versorgung im Landkreis Miesbach müssten 1.600 Masten installiert werden. „Ist der Landrat hier“, fragte Merz, um dessen Reaktion zu erleben. Doch Wolfgang Rzehak sei wohl beim Schneeschippen, tönte es aus der ausgebuchten Weissach-Arena. Jedoch sei auch mit dieser Anzahl von Masten „noch immer nicht jede Milchkanne erreicht“. So manchem der zahlreichen Kommunalpolitiker dämmerte wohl, was auf seine Kommune noch zukommen wird. Merz bekam großen Applaus nach seinem Referat.

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