„Das G8 wurde damals überstürzt eingeführt, in diesem Punkt sind sich ja mittlerweile alle einig“, bringt es Schuldirektor Dr. Werner Oberholzner auf den Punkt. In anderen Bundesländern wurde daher in den vergangenen Jahren das G9 teilweise wieder eingeführt. Nun diskutiert auch der Freistaat Bayern – bisher sturer Verfechter des 2004 eingeführten G8 – diese Möglichkeit.
Seit einem Jahr erproben 47 Gymnasien in Bayern daher das sogenannte Pilotprojekt „Mittelstufe Plus“. Unter anderem das Miesbacher Gymnasium beteiligt sich an diesem Projekt, bei dem die Mittelstufe um ein Jahr verlängert ist – quasi eine andere Form des G9. Pressesprecher des Kultusministeriums Dr. Ludwig Unger erklärt: „Das weitere Jahr in der Mittelstufe soll die Schüler durch weniger Stunden und Fächer pro Woche entlasten.“
Tragfähiges Modell für die Zukunft
Das Projekt ist auf zwei Jahre ausgelegt und soll wichtige Erkenntnisse für eine mögliche Schulreform liefern. Oberholzner steht dem Konzept allerdings skeptisch gegenüber: „Ich bin der Meinung, dass das Modell der Mittelstufe Plus hochproblematisch ist.“ Grund sei die Personalfrage, da mehr Lehrer benötigt würden. „Und wenn wir die benötigten Lehrer für die Mittelstufe Plus nicht haben, können wir es auch nicht machen“, so der Direktor des Gymnasiums Tegernsee.
Die Diskussionen rund um eine Reform laufen seit Monaten: Bereits während der Kabinettklausur in St. Quirin im Juli fanden erste Gespräche über die Weiterentwicklung der bayerischen Gymnasien statt. Damals erklärte Bayerns Bildungs- und Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle:
Ziel der Gespräche ist es, auf der Basis der Erfahrungen mit dem Pilotversuch Mittelstufe Plus ein langfristig tragfähiges Modell für die Zukunft des Bayerischen Gymnasiums zu entwickeln […].
Einfach ausgedrückt: Das Projekt soll bei der Entscheidung helfen, ob in Bayern wieder das G9 angeboten oder doch das G8 behalten werden soll. Ende 2016/Anfang 2017 sollen die ersten grundlegenden Beschlüsse fallen. Danach folgt das Gesetzgebungsverfahren. Eine Neuregelung könnte dann ab dem Schuljahr 2018 an den Gymnasien eingeführt werden.
Geplant ist, dass sowohl die fünfte Klasse als auch die Oberstufe und das Abitur für alle Schüler einheitlich sind. Ausschließlich in der Mittelstufe, also die Klassen sechs bis zehn, würden sich in G8 und G9 unterscheiden. In der zehnten Klasse erwerben alle Gymnasiasten die mittlere Reife, danach wird für die G9-Schüler ein zusätzliches Jahr eingeschoben. Der Lehrplan wird sowohl für acht als auch neun Jahre der Gleiche sein.
Schulen müssen sich selbst entscheiden
Doch nur großen Gymnasien wird es möglich sein, acht und neun Schuljahre parallel anzubieten. Alle anderen müssen sich entweder für G8 oder G9 entscheiden – wann, ist allerdings noch nicht festgelegt: „Erst wenn die Staatsregierung und die Regierungsfraktion sich für eine mögliche Reform entscheiden, haben die Gymnasien Zeit, sich eine Meinung zu bilden – das wird wahrscheinlich 2017/18 sein“, erklärt Pressesprecher Unger.
Doch genau diese Entscheidungsfindung ist Oberholzner ein Dorn im Auge: „Was mich momentan wirklich nicht gerade glücklich macht ist, dass diese Entscheidung dann den Schulen überlassen wird.“ Ihm wäre es lieber gewesen, wenn die Regierung einen allgemeingültigen Entschluss fassen würde.
Wenn es dann aber soweit ist, werde ich so eine Entscheidung als Schulleiter nicht alleine treffen. In die Diskussion werden die Lehrkräfte, Eltern und auch die Schüler miteinbezogen.
Derzeit sei aber noch alles offen. „Wir haben die Informationen auch nur aus den Zeitungen, vom Kultusministerium wissen wir bisher nichts“, erklärt Oberholzner weiter. Es gebe daher viele Fragezeichen: „Ich kann Eltern im Moment nicht sagen, ob ihr Kind dann acht oder neun Jahre auf unserer Schule sein wird.“ Er selbst steht dem Ganzen aufgeschlossen gegenüber:
Das G8 beinhaltete manche Verbesserungen, aber auch einige Nachteile gegenüber dem G9. Ich will deshalb sicher nicht ausschließen, dass das Gymnasium Tegernsee wieder neunjährig werden könnte. Es ist alles offen.
Allerdings weiß Oberholzner von seinen Münchner Kollegen, dass das nicht überall der Fall ist. Gerade in den Innenstädten platzen Schulen aus allen Nähten. „Sollte das G9 wieder eingeführt werden, gäbe es durchschnittlich elf Prozent mehr Schüler – viele Gymnasien haben aber nicht genug Platz.“ In Tegernsee sei das allerdings kein Problem. „Es wird spannend bleiben und ich hoffe, dass letztlich alle zufrieden sind“, so der Schulleiter abschließend.
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