Geisterhaus am Leeberg

Wochenlang wurde um einen Neubau im Heuweg gestritten. Die Stadt lehnte das Baugesuch der Tegernseer Grund GmbH ab, das Landratsamt will das Haus dennoch bewilligen. Doch am Dienstag gab es eine überraschende Wendung. Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn wurde mitgeteilt, dass die Immobilien-Firma kein Mandat für eine Veränderung des Hauses hat.

Das Geisterhaus am Leeberg
Das Geisterhaus am Leeberg

Was war also das Ganze, eine Nullnummer, eine Seifenblase, wie es Kreisbaumeister Pawlowsky nannte, oder ein Geisterschiff, so Hagn? Bei genauerem Hinsehen entpuppt es sich immer mehr als ein skandalöses Feilschen um die Filetgrundstücke im Tegernseer Tal. Dieser Schluss liegt nach einem Gespräch mit Anwalt Christian Slota auf der Hand. Er vertritt die Eigentümer Siegfried und Eva S., die in den USA leben. Beide hatten das Haus nach Kenntnis Slotas in den 80er- oder 90er-Jahren von der Tegernseer Grund erworben.

Slota: „Meine Mandanten hatten Beziehungen zur Capital-Forum AG, die an gleicher Adresse sich personell mit der Tegernseer Grund GmbH überschneidet. Beide Firmen sind personenidentisch.“ Richtig sei, dass sich seine Mandanten in der Tat überlegt hätten, zu verkaufen.

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Verräterische Details

„Im Herbst 2014 gab es eine Korrespondenz zu der Immobilie am Heuweg. Uns wurde von der Tegernseer Grund GmbH mitgeteilt, dass es einen Interessenten gebe. Dass das Ganze mit einem Bauantrag verbunden war, das war völlig unklar. Wir haben den bisher auch nie gesehen. Hier hat man ohne Wissen unserer Mandanten gearbeitet“, so der Kölner Jurist Slota. Denn es habe auch Kaufinteressenten gegeben, „die das Haus definitiv zum gleichen Preis erwerben und nicht umbauen wollten. Die wurden unseren Mandanten von der Tegernseer Grund erst gar nicht benannt.“

Rainer Leidecker, Vorstand der Capital-Forum AG, war wohl „höchstpersönlich“ mit einem Interessenten bei einem Besichtigungstermin im September in der Immobilie. Anwalt Slota hält es für möglich, dass die Tegernseer Grund ein größeres Interesse habe, an jemanden zu verkaufen, der dann mit der Firma auch noch groß umbauen würde. „Ich will nicht ausschließen, dass die da sehr eigennützig gehandelt haben“, glaubt Slota.

Immobilienfirma handelt eigenmächtig

„Über viele Jahre bestanden wohl Beziehungen zu Herrn Dieter Robl von der Capital-Forum AG. Doch diese wurden am 14. November ausdrücklich wegen der Immobilie beendet. Alles, was geschehen ist, passierte ohne Deckung der Eigentümer.“ So ähnlich lautete auch sein Schreiben an Robl, das der Tegernseer Stimme vorliegt:

„Die gewünschte Bohrgenehmigung wird nicht erteilt. Der Verkauf des Hauses hat derzeit keine Priorität und soll bis auf Weiteres nicht erfolgen. Wir weisen darauf hin, dass Sie nicht beauftragt sind, einen Käufer für die Immobilie zu suchen oder sonst die Interessen der Eigentümer wahrzunehmen. Sollten Sie der Meinung sein, in der Vergangenheit einen solchen Auftrag erhalten zu haben, wird dieser hiermit vorsorglich gekündigt.“

Doch als hätte es diesen Entzug des Auftrags nicht gegeben, machte die Tegernseer Grund unbeirrt weiter. Keine zwei Wochen später erreichte den Bauausschuss Anfang Dezember die Anfrage der Immobilienfirma, ob man das alte Häuschen abreißen und ein größeres Gebäude in den Steilhang bauen dürfe. Mit 6:1 Stimmen erteilten die Stadträte dem Vorhaben eine Absage, weil das neue Haus wesentlich größer wäre als die Häuser in der Nachbarschaft.

So wurde das Haus im Heuweg ursprünglich geplant
So wurde das Haus im Heuweg ursprünglich geplant.

Anders sah dies das Landratsamt. Es findet nach wie vor, dass sich das geplante Haus gut in die Bebauung am Leeberg einfügen würde. Der Stadtrat aber blieb bei seiner ablehnenden Haltung. „Einer fängt an mit einem größeren Haus, und dann setzt sich das so fort“, so Johannes Hagn (CSU) damals.

Kein Neubau, kein Geschäft

Doch am Dienstag platzte dann die „Seifenblase“. In das Büro von Bürgermeister Hagn flatterte ein Fax der Kölner Anwaltskanzlei. „Namens unserer Mandanten dürfen wir mitteilen, dass diese derzeit keine Absicht haben, das genannte Grundstück zu bebauen. Ebenso wenig beabsichtigen sie, das Grundstück an die Tegernseer Grund Immobilien GmbH zu veräußern“, hieß es dort. Es gebe auch keinerlei Auftrag an diese Gesellschaft, die diese zu einer Bauvoranfrage oder gar Beantragung einer Baugenehmigung berechtigen würde.

Beim Ortstermin am Heuweg vor dem Haus entstand dann am Nachmittag eine paradoxe Gemengelage: Der Bauantrag war null und nichtig, doch von Kreisbaumeister Werner Pawlowsky könnte er so genehmigt werden, „denn der First würde sogar um zwei Meter niedriger werden“.

Und Rainer Leidecker von der Tegernseer Grund wird zitiert, dass man nicht im „luftleeren Raum arbeiten“ würde. Dennoch habe er kein Problem, den Antrag zurückzuziehen. Ob dies auch wirklich geschieht, ist noch fraglich. Leidecker war auf Anfrage zu keiner Stellungnahme bereit.

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