Gemeinsam erfolgreich im Tal

Das Weihnachtsgeschäft hat es wieder einmal gezeigt: der Onlinehandel läuft vielen lokalen Händlern den Rang ab. Rund ein Zehntel des gesamten Einzelhandelsumsatzes wurde 2013 online getätigt. In den letzten sechs Wochen war es deutlich mehr. Fragwürdige Boykottaktionen waren die Folge.

Und auch im Tal hatten Paketfahrer zur Weihnachtszeit viel zu tun. Wie sollen Händler auf die Entwicklung reagieren? Einige Denkansätze.

Die Flaniermeile im Tal - die erleuchtet Seestraße in Rottach-Egern / Foto: Wolf
Die Flaniermeile im Tal – die erleuchtete Seestraße in Rottach-Egern / Foto: Felix Wolf

Für große Aufmerksamkeit in den Medien sorgte zur Weihnachtszeit eine Protestaktion Hamburger Einzelhändler: in einem Viertel verbarrikadierten die Händler ihre Läden gegen Paketboten. Die Schaufenster verklebten sie mit braunem Packpapier. Sie setzten sich gegen Pakete von Onlinehändlern zur Wehr, die tagtäglich in ihren Läden dutzendfach abgegeben werden. Für Onlinekunden aus der Nachbarschaft, die tagsüber nicht anzutreffen sind.

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Der Einzelhandel fühlt sich zunehmend degradiert zum Handlanger der Konkurrenz. Gerade noch gut genug, um Pakete für andere zu lagern. Nur einkaufen will bei ihnen kaum noch einer. Die Boykottaktion ist aus dieser Sichtweise heraus nachvollziehbar. Ob sie langfristig sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. In einen Krieg zu ziehen, den man nicht gewinnen kann, hat noch nie zum Erfolg geführt.

Dem Kunden mehr Service bieten

Nicht um den Kampf um Pakete, sondern um die positive Stärkung der regionalen Verbundenheit geht es bei Kaufhausmitte.de aus Thüringen. Dort probiert sich die örtliche Zeitung daran, einen Onlineshop nur für Produkte aus dem Gebiet ihrer eigenen Berichterstattung aufzubauen. Regionale Produzenten und Händler sind dort mit ihren Waren und kleinen Porträts zur Geschichte des Unternehmens vertreten. Das Ziel ist nicht zuletzt, zu zeigen, welche Angebote es überhaupt im eigenen Umfeld gibt:

Es gibt in Mitteldeutschland viele Produzenten, die Waren in sehr guter Qualität zu vernünftigen Preisen anbieten. Unternehmen, die so produzieren, sind häufig überregional nicht bekannt. Wir möchten diese Händler und Produzenten in der Region und darüber hinaus bekannt machen. Und gleichzeitig Verbrauchern die Möglichkeit geben, dort bequem und sicher online einzukaufen.

Eine der Chancen besteht sicherlich darin, mit Emotionalität und Service zu punkten. Neben dem Gefühl, das lokale Umfeld zu stärken, können Einzelhändler mehr bieten als der Onlinehandel, wenn es darum geht, Einkaufen zum Erlebnis zu machen. Die lokale Nähe kann auch im Onlineshopping Gütesiegel werden, ähnlich wie Bio und Nachhaltigkeit. Dafür braucht es aber Konzepte und ein gemeinsames Auftreten.

Im Kaufhaus Mitte können ausschließlich Produkte aus einer Region gekauft werden.
Im Kaufhaus Mitte können ausschließlich Produkte aus einer Region gekauft werden.

Auch am Tegernsee gibt es viele einmalige Produzenten und regionale Angebote. Es gibt auch schon erste Anbieter, die versuchen, diese Leistungen zu bündeln. Tegernseer Geschenke ist einer davon. Den Fokus legt der Shop dabei nicht auf Produkte des täglichen Bedarfs, sondern auf Geschenkkörbe mit regionalem Hintergrund.

Schulterschluss mit der Konkurrenz

Neben der Vermarktung regionaler Produkte besteht für den Einzelhandel aber vielleicht auch eine ganz andere Chance im Schulterschluss mit der Konkurrenz aus dem Internet. Anstatt die Annahme der Pakete zu verweigern, wie es die Hamburger tun, könnte man auch gezielt darum werben und dem Kunden gegenüber als neuer Dienstleister auftreten. Paketannahme gegen eine kleine Gebühr oder im Tausch gegen Aufmerksamkeit. Immerhin bringt auch jedes Paket einen potenziellen Kunden in den Laden und damit die Chance, diesem etwas zu verkaufen.

Gerade im ländlichen Umfeld wie am Tegernsee gibt es manchmal wenig Möglichkeiten, gesuchte, oft spezielle Produkte vor Ort zu kaufen. Dazu gehören unter anderem Computerbedarf, Elektrogeräte, Ersatzteile oder andere Spezialprodukte. Bleibt die Alternative weiter Fahrstrecken oder eben der Einkauf im Internet. Für den Händler vor Ort muss das aber nicht zwangsweise zum Nachteil werden. Gezielt könnte man Kunden die Abwicklung der Bestellungen anbieten und mit den jeweiligen Onlineshops Provisionen aushandeln.

Beratung und Abwicklung bei Onlinebestellungen

Im Onlinehandel selbst sind solche Provisionsmodelle seit Langem gang und gäbe. Zwischen fünf und zehn Prozent auf den Warenwert bezahlt beispielsweise Amazon jedem, der online auf ihre Produkte verweist und es dadurch zu einem Verkauf kommt. Affilliate-Marketing nennt die Branche das. Dies bieten fast alle großen Händler an – von Otto bis Zalando.

Anstatt Kunden wegzuschicken und langfristig zu verlieren, weil man ihnen nicht das Gesuchte bieten kann, könnten Einzelhändler stattdessen auch bei der Onlinesuche mit Beratung und Service punkten. Ein ganz neuer Hut ist das alles auch nicht. Die Apotheken machen das schon seit Jahrzehnten vor: was nicht verfügbar ist, kann kurze Zeit später abgeholt werden. Durch die Apothekenpflicht ist der Service zwar nicht 1:1 vergleichbar, da dem Kunden keine Alternative bleibt, aber er wäre auch für andere Händler denkbar.

Eines zeigen die Beispiele jetzt schon: weiterzumachen wie bisher, wird nicht zum zukünftigen Erfolg führen. In den kommenden Jahren werden Ideen und Konzepte entstehen, die den lokalen Handel sich neu sortieren und aufstellen lassen. Auch bei uns im Tegernseer Tal dürften Veränderungen anstehen. Wir werden als TS die daraus resultierenden Diskussionen und Entwicklungen in Zukunft intensiver verfolgen und aufbereiten. Vor allem weil die Händler vor Ort ein wichtiger Fixpunkt im gemeinsamen Zusammenleben sind.

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