Viele Köpfe, viele Ideen. Ein spannender Gedankenaustausch hatte in der letzten Woche in den Kommentaren unter einem Artikel zu zukünftigen Trends der Autonutzung stattgefunden.
Die Meinungen waren dabei zwar verschieden. Aber eines hat die Diskussion bewiesen: die Lokalpolitik hätte durch das “Netz” die Chance gemeinsam mit allen Interessierten an Ideen und Lösungen zu arbeiten.
Zugegeben: im Internet wird sich viel echauffiert. In den letzten drei Jahren hat sich die massenhafte Empörung über fragwürdige politische Entscheidungen in den sozialen Netzwerken fast schon zum Volkssport entwickelt. Kritikwürdige Meldegesetze, windige Bundespräsidenten, Netzsperren oder lokale Bauprojekte.
Gegen den Sturm der Entrüstung kann kaum ein Politiker mehr Entscheidungen treffen. Das ist gut so, geht doch die Macht vom Volke aus. Doch wäre es noch besser, da produktiver, würde der Protest und die öffentliche Erregung von Alternativen und Lösungsvorschlägen, statt von Kritik und Aufgeregtheit begleitet werden.
Nicht motzen, sondern Lösungen diskutieren
Dass das funktionieren kann, haben einige Kommentatoren unter dem Artikel zum Verkehr im Tal bewiesen. Knapp 30 Kommentare haben sich in den letzten Tagen dort gesammelt. Kein motzen über den Status quo, sondern eine spannende Diskussion über neue Ideen und Lösungsansätze ist dort entstanden:
Ein Radl-Verleih gegen den wachsenden Verkehr im Tal. Ein besser organisierter ÖPNV. Dauerhafte Unterstellmöglichkeiten für die Fahrräder von touristischen Wochenend-/Stammgästen. Es wurde über die Einbindung der Seenschifffahrt in den Nahverkehr nachgedacht und über die Möglichkeiten, die eine bessere Nahversorgung im Tal auch verkehrsseitig bieten könnte.
Gedanken, die nicht untergehen sollten. Ein Kommentator hat es sehr passend auf den Punkt gebracht:
(…) intelligente Diskussion von “Sportler” und “Thomas”, gefällt mir alles sehr gut. Gute Denkansätze, mit machbaren Lösungen.
Diese Diskussion sollten sich mal die GR’s (Gemeinderäte) und Bgm’s (Bürgermeister) aller Talgemeinden bzw. Städte genau betrachten und ansehen wie Lösungen aussehen könnten.
Kompliment die Herren… weiter so!
Dass das derzeit leider nur allzuoft Wunschdenken ist, ist allerdings auch klar. Ergebnisse, die sich in öffentlichen Diskussionen ergeben, verpuffen nicht selten. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Onlinediskussionen von der Politik meistens als Einmischung einer anonymen Masse, anstatt als Hilfeleistung engagierter Bürger verstanden werden.
So ist es mittlerweile zwei Jahre her, dass sich beispielsweise der Tegernseer Bürgermeister weigerte gesammelte Ideen und Leserkommentare zur Zukunft Tegernsees überhaupt zu lesen, geschweige denn darauf zu antworten.
Das ist schade. Nicht nur, weil bei vielen Menschen dadurch vollkommen zu Recht eine Politikverdrossenheit entsteht. Schlimmer ist fast, dass wirklich gute Denkansätze dabei verloren gehen. Dabei wird von unseren gewählten Volksvertretern meistens übersehen, dass online eben nicht nur gemosert wird, sondern dass sich viele Bürger in Fachbereichen oft besser auskennen, als die Gemeinderäte und Bürgermeister selbst. Dieses Wissen sollte genutzt und nicht verteufelt werden.
Chancen begreifen, gemeinsam lernen
Die politischen Chancen der nächsten Jahre bestehen, vor allem im lokalen Bereich, auch darin auf entstehende Diskussionen zu reagieren, sich in aktuelle Debatten einzuschalten, mitzureden, zu lernen und so gemeinsam mit interessierten Bürgern zu neuen Lösungsansätzen für die sich ergebenenden Herausforderungen zu kommen.
Moderne Politik braucht Mittel, um den Ideenreichtum, der auch im Tegernseer Tal tagein, tagaus im Internet gesammelt wird, zu nutzen und weiterzuentwickeln. Bürgerbefragungen, wie jetzt in Bad Wiessee, sind dabei ein richtiger Weg. Gleichzeitig aber auch nur ein erster Schritt.
Wird heute von Transparenz und Teilhabe als neuem Politikstil gesprochen, ist damit allzuoft gemeint, dass man die eigenen Bürger in Umfragen zu Wort kommen lässt. Transparenz wird lediglich als Lösung gegen das Problem der “Wutbürger und Bürgerproteste” gesehen. Auch wenn es kaum ein Bürgermeister zugeben wird: Bürgerwerkstätten dienen nur selten dazu, wirklich Ideen zu sammeln. Vielmehr erhofft man sich dadurch, dass der nachfolgende Protest bei kritischen Projekten geringer ausfällt. Damit verkommt Beteiligung zum politischen Beruhigungsmittel.
Das kann aber nicht das Ziel sein. Vielmehr sollten von den Verantwortlichen Wege gefunden werden, wie Teilhabe im Alltag strukturiert und gebündelt werden kann. Wie die Ideen und Gedanken auch wirklich dort ankommen, wo sie geprüft und umgesetzt werden können.
Die Chance im ständigen und transparenten Austausch mit der Bürgerschaft, besteht darin, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Dass man versucht vom gegenseitigen Wissen zu profitieren, sich von Ideen inspirieren zu lassen.
An Lösungen arbeiten
Bei uns im Lokalen gibt es eigentlich kaum Gründe dafür, dass sich Politik und Bürger teils misstrauisch gegenüberstehen. Jedem Einzelnen, egal ob hier als Kommentator oder als Gemeinderat in einem der Rathäuser rund um den See, geht es wohl um die bestmögliche Entwicklung seiner Heimat.
Warum also nicht die drei, vier Leuten, die sich zu einem Thema bereits gute Gedanken gemacht haben, mal zum Kaffee ins Rathaus einladen. Warum sich nicht mal anhören, was andere für Ideen und Gedanken haben und schauen, ob man gemeinsam vielleicht weiter kommt?
Vielleicht sollte man sich in den Gemeinderäten in den nächsten Jahren einfach öfter mal zusammensetzen und überlegen, wie man auch die eigene Arbeitsweise optimieren kann. Wie man es schafft das Wissen und die Lust der eigenen Einwohner in die Entscheidungsfindung zu integrieren. Dabei ist das Netz ein optimales Medium, um Menschen zu aktivieren. Wenn das klappt hat Beteiligung auch eine echte Chance Lösungen zu produzieren. Miteinander, vernetzt und nah dran.
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