“Gewerbeauskunft-Zentrale“ treibt auch im Tegernseer Tal ihr Unwesen

Wie einige Gewerbetreibende im Tegernseer Tal derzeit am eigenen Leib erfahren müssen, treibt eine Düsseldorfer Firma unter dem Namen „Gewerbeauskunft-Zentrale“ (GAZ) am Tegernsee ihr Unwesen.

Das Vorgehen ist dabei immer gleich. Die Firma verschickt Schreiben per Post oder Fax, die auf den ersten Blick an Dokumente von Finanz- oder Gewerbeämtern erinnern. Empfänger sind Firmen und Geschäftsleute aus allen Branchen.

In einem Brief, der uns zugeschickt wurde, wird der Empfänger aufgefordert, die im offiziell-anmutenden Dokument angegebenen Daten zur “Erfassung gewerblicher Einträge“ zu ergänzen.

Die Daten, die es zu korrigieren oder zu ergänzen gilt, sind: Betriebsname, Adresse, Telefon. Hinzugefügt werden können noch Branche, E-Mail und Internetseite. Es folgt die Bitte, die Daten des Angebots nochmals auf die Richtigkeit zu kontrollieren und dann versehen mit Datum und Unterschrift – gebührenfrei! – per Fax zurückzusenden.

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Jeden Monat 39,85 Euro – zwei Jahre lang

Das offiziell gehalten Schreiben an einen Kreuther Betrieb.

Die Gefahren liegen dabei im Kleingedruckten und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der „Gewerbeauskunft-Zentrale“.

Bereits der Eintrag von Name, Adresse und Telefonnummer in das Online-Branchenbuch kostet 39,85 Euro pro Monat zuzüglich der Umsatzsteuer.

Der mittels des Schreibens abgeschlossene Vertrag hat zudem eine Laufzeit von zwei Jahren. Dieser kommt wirksam zustande, wenn er nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Schreibens schriftlich per Einschreiben gekündigt wird.

Die durchaus dreiste Masche ist auch den deutschen Behörden nicht verborgen geblieben und so hat das Landgericht Düsseldorf bereits im April 2011 gegen die Betreiber der GAZ geurteilt.

DSW reicht Klage ein

Da massenhaft Gewerbetreibende durch die Angebotsformulare der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH getäuscht wurden, hatte der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V. (DSW) vor einigen Jahren Klage beim Landgericht Düsseldorf eingereicht.

Dieses bestätigte mit Urteil vom 15. April 2011 die Auffassung des DSW, wonach die Angebotsformulare sowohl irreführend im Hinblick auf die Herkunft, als auch intransparent in Bezug auf die Kostenbelastung der Betroffenen sind. Das Landgericht verbietet demnach die weitere Verbreitung des Schreibens, da vor allem aufgrund der Gestaltung des Formulars eine Verwechslung mit dem Gewerberegister in Kauf genommen werde.

Die Kunden würden somit “bewusst getäuscht in die Irre geführt” wie es in der Urteilsbegründung weiter heißt.

“Formular irreführend und bewusst auf Täuschung ausgelegt”

Gegen dieses Urteil hatte die Firmen jedoch Revision eingelegt. Und so kam es am 14. Februar im Rahmen des vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf geführten Berufungsverfahrens zur mündlichen Verhandlung. Der Vorsitzende Richter wies dabei nochmal daraufhin, dass das Gericht keine Geschäftsmodelle billigen werde, die auf einen unaufmerksamen Adressaten spekulierten, egal, wieviele Betroffene tatsächlich irregeführt worden seien.

Der Richter stellte klar, dass er diejenigen Rechtssätze anwenden werden, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem älteren Verfahren und der Bundesgerichtshof in seiner letzten einschlägigen Entscheidung.

Bereits im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündete das Oberlandesgericht Düsseldorf das Urteil, mit dem die Berufung der betrügerisch handelnden Firma zurückgewiesen wurde.

Der Vorsitzende wies bei der Verkündung ausdrücklich darauf hin, dass das Geschäftsmodell der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH nach Auffassung des Gerichts dazu diene, „Dinge dunkel zu halten“. Eine weitere Revision gegen diese Entscheidung wurde nicht zugelassen.

Peter Solf, Mitglied der Geschäftsführung des DSW zeigte sich im Rahmen einer offiziellen Stellungnahme zufrieden:

Wir freuen uns, dass das Oberlandesgericht auf seiner bisherigen Linie geblieben ist. Im Interesse der unzähligen Betroffenen in Deutschland, die bis dato immer noch mit derartigen Formularen und den hierzu gehörigen Mahnungen konfrontiert wurden, tritt jetzt endlich Rechtssicherheit ein.

Auch zahlreiche Firmen im Tegernseer Tal betroffen

Dass die Firma, trotz rechtskräftigem Urteil, ihren Machenschaften weiter nachgeht, ist derzeit am Tegernseer Tal zu beobachten. Zahlreiche Geschäftsleute sind ganz aktuell von der Betrugsmasche betroffen.

Einige von Ihnen bestätigten dies auf Nachfrage der Tegernseer Stimmme. Und die Erfahrungen dabei sind ähnlich zu denen, die uns eine betroffene Geschäftsfrau aus Tegernsee schildert, die namentlich nicht genannt werden möchte:

Als mir klar wurde, dass ich Betrügern aufgesessen bin, habe ich auf der Stelle und fristgemäß schriftlich gekündigt. Trotzdem hatte ich bereits nach einer Woche die erste Mahnung mit einer sofortigen Zahlungsaufforderung im Briefkasten.

Daraufhin habe ich die Sache meinem Anwalt übergeben. Seitdem habe ich von der Firma nichts mehr gehört.

Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt die Übersichtseite auf der Homepage der Gewerbeauskunft-Zentrale. Waren vor etwa vier Wochen nur schätzungsweise zehn Firmen aus den Talgemeinden gelistet. Bis zum 10. April sind die Eintragungen auf 123 angestiegen.

Im Fall der Tegernseer Geschäftsfrau ist der Versuch – bis auf die Kosten des eigenen Anwaltes – nochmal gut ausgegangen. Wer sich nicht sicher ist, ob er auch von dem beschriebenen Betrug betroffen ist, kann dies auf der Homepage der Gewerbeauskunftzentrale.de nachprüfen. Findet man dort einen Eintrag seiner Firma, ist es wahrscheinlich, dass man auch selbst betroffen ist.

Anspruch auf Erstattung der Kosten

Die Rechtslage ist indes klar. Der Geschädigte hat laut dem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf einen Anspruch auf die Erstattung der Kosten.

Nähere Auskunft über den gegenwärtigen Stand des Verfahrens erhalten Betroffene beim Deutschen Schutzverband für Wirtschaftskriminalität unter www.dsw-schutzverband.de.

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