Wiessees Vorreiterrolle war bereits in der Juni Sitzung beschlossene Sache. Damals wurde Geschäftsleiter Hilmar Danzinger beauftragt, eine Jahreskarte zur Förderung des ÖPNV zu entwickeln. Sie sollte ganzjährig kostenlose Fahrten im Geltungsbereich des RVO ermöglichen, analog der für die Urlauber kostenlosen GästeCard. Gültig sollte sie für die 1.700 Senioren in Bad Wiessee zum Jahresbeginn werden.
Bei den Verhandlungen mit dem RVO zeigte sich, dass auf die ursprünglich gedachte Ausweitung auf Schüler verzichtet werden konnte, da das Landratsamt ab 01. Oktober 2019 ein entsprechendes Angebot im Landkreis anbietet. Mit der RVO wurde ein Vertrag verhandelt, der folgenden Maßgaben enthält: Berechtigt sind alle Personen, die am 01.01.2020 das Alter von 65 Jahren erreicht haben oder älter sind. Das Seniorenticket berechtigt zu kostenlosen Fahrten im Tarifgebiet „Oberland“ des RVO, das bis Garmisch reichen würde. Ausgenommen ist die Linie 9551 von und nach München. Hier würde ein Gratisticket zu „Konkurrenzkonflikten mit der BOB“ führen.
Anträge können bereits gestellt werden
Die jährlichen Kosten für die Gemeinde konnte Danzinger von ursprünglich 70.000 Euro pro Jahr auf 40.000 Euro deckeln. (Beifall am Ratstisch) „Der RVO übernimmt somit jeden Betrag der Fahrtkostenabrechnungen, die die jährliche Höhe von 40.000 Euro überschreitet“. Die Seniorenkarte sei auch gemeinsam mit der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) entwickelt worden, die für die technische Umsetzung sorge. Schließlich handelt es sich laut Danzinger bei der Plastikkarte mit Chip um ein „professionelles Produkt“, als „Silber-Ager-Card“ apostrophiert. 1.000 Karten werden zunächst von der TTT bestellt. Das Einwohnermeldeamt nehme ab sofort die Anträge entgegen. Ausgegeben werden die personalisierten Seniorenkarten dann ab Spätherbst.
Nach der 3. Quartalsabrechnung, voraussichtlich in der Novembersitzung 2020, sei dann der Gemeinderat darüber zu informieren, wie sich Angebot und Kosten entwickelt haben. Dann soll entschieden werden, „ob oder in welcher Form dieses Angebot beibehalten oder ergänzt werden wird“, so der einstimmig gefasste Beschluss des Gremiums.
Andere Talgemeinden wollen noch abwarten
„Wir führen hier eine neue Sache ein“, lobte Sitzungsleiter Robert Huber (SPD) die „komplexe Verhandlungen“ mit dem RVO. „Sehr gut und sehr mutig“, fand Beate Meister (parteilos) als Seniorenbeauftragte diesen Schritt. „Das ist ein schöner Tag für Wiessee“, freute sich Florian Sareiter (CSU). „Mit der Seniorenkarte haben wir etwas mit einem überschaubaren Betrag für eine Testphase, was andere Talgemeinden nicht haben“. Ob die Seniorenkarte über die Parkplatzgebühren finanziert werde, wollte Rolf Neresheimer (ranBW) wissen. Ein entschiedenes „Nein“ schallte ihm auch vom Kämmerer Franz Ströbel entgegen. Die Kosten schlagen bei den Gemeindefinanzen auf, ergänzte Danzinger.
Klaudia Martini (SPD) lobte die hervorragende Leistung bei den Verhandlungen mit dem RVO. Der Gemeinderat habe „klug und weitsichtig“ gehandelt, dass er diesen Beschluss im Juni gefasst habe. Die Seniorenkarte sei nun ein „wichtiger Meilenstein im Gesamtkonzept“ hin zum ökologischen Nahverkehr. „Das ist wirklich ein guter Tag für Bad Wiessee“.
Ob ähnlich gute Tage auch andere Talgemeinden erleben dürfen, bleibt fraglich. Zunächst wurde Huber beauftragt, das Thema bei einer Dienstbesprechung der Bürgermeister auf die Tagesordnung zu bringen, um eine Seniorenkarte für das ganze Tal zu erreichen. Laut Danzinger sei zwar ein Interesse vorhanden, „aber man wartet wohl erst einmal ab, wie es Wiessee damit ergeht“.
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