Besuch bei der Spenglerei Michael Mayr
Grüne Perspektiven? Emily Büning im Dialog mit Handwerk und Tal-Politik

Ein Spengler, ein grüner Schal und eine Bastelstunde oder warum der Beruf des Spenglers am Aussterben ist. Ein Blick hinter die Kulissen einer engagierten Dorfgemeinschaft.

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Werkeln fleißig: Tal-Grüne und Politische Geschäftsführerin Emily Büning. Foto: Redaktion

Emily Büning nimmt sich Zeit für die Grünen im Landkreis Miesbach und allen, die der Einladung von Spengler, Michael Mayr, gefolgt sind. Der hat seine Werkbank nach draußen gehievt, direkt vor seine kleine Spenglerei: 35 Quadratmeter groß und “zu klein, um hier ernsthaft Leute auszubilden, da braucht es schon 100 für drei bis vier Leute”, erklärt Mayr, der schnell als Beispiel für alle Fragen rund um die Handwerkerei und ihr Überleben herhalten will und muss.

Bastelstunde und Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Auf der Werkbank liegen Bastelutensilien: Ein roter Zimmermannsbleistift, ein Spenglerhammer und jede Menge Kupferblech. Die Gruppe aus Mitgliedern vom Orts- und Kreisverband der Grünen aus dem Tegernseer Tal hat sichtlich Spaß daran, sich für ein Stündchen der Schmuck-Spenglerei zu widmen: Kupfer-Herzen stehen auf dem Programm.

Emily Büning ist gut gelaunt. Sie plaudert mit allen. Ein Herz für die Rückreise nach Berlin hat sie schon fertig. Sie trägt Brille, die langen braunen Haare offen, um den Hals einen grünen Schal. Ein Markenzeichen?

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Mayr hat den Betrieb von seinem Vater übernommen, sogar sechs Lehrlinge hat er ausgebildet, doch das ist Vergangenheit. Warum? Das interessiert Emily Büning und auch, ob er Geflüchtete einstellen würde. Würde er, ist aber nicht ganz einfach, murmelt Mayr. Dabei sind die Grünen doch stolz, dazu ein Gesetz durch den Bundestag gebracht zu haben: „Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtert die Anwerbung und die Beschäftigung von Mitarbeitenden aus dem Ausland“, erklärt Büning und, “dafür braucht es aber auch eine Willkommenskultur.“ 

Sabine Tomaschek, die den Helferkreis in Rottach-Egern leitet, erzählt, dass die meisten in Hilfsjobs arbeiten würden, etwa beim Bäcker, oder beim Aldi oder in der Kinderbetreuung für Hotels; unabhängig von der fachlichen Qualifizierung.

Auch wie es im Tal mit der Kinderbetreuung aussieht, interessiert die Bundespolitikerin. Schließlich fehlen gut qualifizierte Frauen auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie mittags das Kind von der Schule oder dem Kindergarten abholen müssen. Die Frauen am Tisch haben da eine klare Haltung, eher mäßig sei die Kinderbetreuung im Tal. Dann versiegt das Thema recht schnell.

Auf’s Dach und darüber hinaus

In seinem Brot- und Lohnjob macht Mayr keine Herzen. Da repariert Mayr Dachrinnen, verkleidet Kamine, baut Regenrinnen und Blechdächer. Er wird auch gerufen, wenn eine PV-Anlage durch den Hagel Schaden nimmt. “Da kann ich aber auch nur ein Stück Folie draufkleben”; als wäre das nicht der Rede wer.

Wer durch Rottach-Egern mit einem Spengler-Blick läuft, nimmt zahlreiche rotschimmernde Blechkonstruktionen auf den heimischen Dächern wahr. Dennoch ist sein Beruf am Aussterben. Dabei sei die Auftragslage gut. Früher sei das anders gewesen, erzählt Mayr und, dass es jahrelang ein schwieriges Geschäft war. Mayr bezeichnet sich als letzten Spengler in Rottach-Egern, nur noch ein weiterer Spengler ist auf Google-Maps zu finden. Da geht aber keiner mehr ans Telefon.

Auf verschlungenen Pfaden

Dann wandert eine kleine Gruppe auf verschlungenem Pfade am Salitererhof vorbei zum alten Rathaus. Mayr hat mit 18 Jahren den Zwiebelturm mit seinem Vater gespenglert. Drei Wochen haben sie dafür gebraucht.

Das Rathaus Rottach-Egern ist ebenfalls Geschichte. Hier wird ein Neubau entstehen, nachdem Bürgerentscheid im Februar.

Vor zwei Wochen hat hier die Feuerwehr eine Abrissparty gefeiert. Die Spuren sieht man heute noch. In einem Fenster hängt ein großflächiger Aufkleber mit dem aufmunternden, wie klar formulierten Imperativ “Ficken”; hinter dem Rathaus türmt sich ein kleiner Berg Sand. “Der war für den Strand”, erzählen die Grünen der gebürtigen Hamburgerin und man hört, dass sie ein wenig stolz sind, dass Rottach-Egern auch Party kann.

Die Stimmung in der Dorfgemeinschaft sei “super”, erzählt Mayr und auch, dass er jetzt als Grüner akzeptiert werde im Gemeinderat. Dann geht es noch auf ein Getränk ins Max Joseph Café an der Hauptstraße von Rottach-Egern.

Gefühle, Fakten, Unwahrheiten

Dass die Grünen nicht so hammermäßig im Tal ankommen, überspielen sie ein wenig. Dass es sie beschäftigt, merkt man. Dass es vor den Landtagswahlen eine “Anti-Stimmung” gab, erzählen sie und, dass die noch heftiger mit den Bauernprotesten Anfang des Jahres wurde. “Obwohl wir hier gar nicht so viele Bauern haben”, gibt Marcus Staudacher zu bedenken. Er sitzt für die Grünen im Stadtrat Tegernsee.

“Jetzt muss man eintreten, um die Demokratie zu stärken”, sagt Büning; immerhin über 10.000 Menschen sind ihrem Credo bereits gefolgt und den Grünen seit Anfang des Jahres beigetreten.

Dann geht es um die Europawahl 2024. Das Thema EU zieht am Cafétisch nur mäßig, auch wenn Büning Tipps für den “Haustürwahlkampf” oder auch “Gartentürwahlkampf” gibt. Für die Land-Grünen ist das Neuland.

Auf das Tal bezogen herrscht die Sorge, dass die meisten die EU-Wahlen nur mit der “Gurken-Richtlinie” in Zusammenhang bringen, obwohl die seit 2009 abgeschafft sei, macht Büning klar und dass die EU ganz konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen habe: vom einheitlichen Ladekabel für Handys, über das Recht auf Reparatur und natürlich mit dem Green Deal richtigen Fortschritt für den Klimaschutz. “Viele wissen gar nicht, was sie der EU zu verdanken haben”. 

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