Gutachten sorgt für Diskussionen

Anfang der Woche hatten wir von den Ergebnissen der CIMA-Studie zum Geschäftsklima in Tegernsee berichtet. In diesem war die Beratungsfirma schonungslos auf die Defizite der Stadt eingegangen. „Wenn sich nichts ändert, verkommt Tegernsee zur Schlafstadt“, so ein mögliches Szenario der Experten.

Wir haben bei einigen Tegernseer Geschäftsinhabern nachgefragt, was sie von dem Gutachten und den dort enthaltenen Maßnahmen halten.

hauptstraße tegernsee

Leerstehende Geschäfte, ausbaufähige Schaufensterdekoration, optisch wenig ansprechende Fassaden und ein gewisser Mangel an qualitativ hochwertigen Produkten. Das sind nur einige Punkte, die die Unternehmensberatung CIMA in ihrem Bericht über den Tegernseer Einzelhandel aufgezeigt hat.

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Nun haben die Ladenbesitzer und die Vertreter der Stadt Tegernsee schwarz auf weiß, was schon länger offensichtlich war: Es gibt einige Gründe, warum der Aufschwung in der Tegernseer Geschäftswelt auf sich warten lässt. Doch gleichzeitig ging der Abschlussbericht auch auf viele Maßnahmen ein, die das Geschäftsleben wieder auf Vordermann bringen könnten.

„Wir haben mehr erwartet“

Doch die Ergebnisse sind nicht unumstritten, wie die Diskussion gezeigt hat. Und auch in unseren Gesprächen in den vergangenen Tagen zeichnete sich ein diffuses Bild: während einige der Geschäftsbetreiber die Analyse nach eigener Aussage bislang noch nicht gelesen haben, äußerten andere Kritik an den Ergebnissen.

„Dieses Gutachten bringt wenig neue Erkenntnisse. Einiges davon hat der Bund der Selbstständigen bereits in den ersten Treffen mit der CIMA angemerkt. So hätte man sich das Ganze sparen können“, erklärt Walter Ginhart vom gleichnamigen Tegernseer Auktionshaus. Eine Meinung, die so oder so ähnlich auch viele weitere Befragte vertreten. Peter Friedrich Sieben, Mitinitiator der Tegernseer Gschäftsleit, findet es zwar grundsätzlich gut, dass nun ein Gutachten externer Experten vorliegt. Doch hätte auch er sich mehr davon erwartet.

„Ich hoffe, die Vertreter der Stadt Tegernsee lassen sich durch diese Expertenmeinung endlich dazu bewegen, in wichtigen Punkten tätig zu werden. Da sind wir in der Vergangenheit oft auf taube Ohren gestoßen.“

Damit meint Sieben vor allem das geforderte Parkleitsystem, eine Beschilderung, wo sich die Geschäfte befinden und eine geschäftsfreundliche Parkgebührenregelung. „Wir sind gerade dabei, einen Einkaufsführer mit den Geschäften im Ort zu entwerfen, und fühlen uns durch die Meinung der CIMA darin nun noch mehr bestätigt“, so Sieben weiter.

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Über den Vorwurf der mangelnden Qualität des Angebots gingen die Meinungen unterdessen auseinander: Von „das kann ich so nicht nachvollziehen“ bis „da ist schon was dran“ war alles vertreten.

Verlängerung der Öffnungszeiten wird diskutiert

Die Experten der CIMA merkten zudem an, dass auch eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Samstagen in Erwägung gezogen werden soll. Ein Thema, das auch Leonhard Scheitzach in einem Kommentar als kritischen Punkt einwarf:

„Auch über die Öffnungszeiten sollte man mal nachdenken. Wenn man als potenzieller Kunde am Samstag schon ab 12 Uhr vor verschlossener Ladentür steht, geht man halt nächstes Mal nicht mehr hin.“

Die meisten Tagesausflügler, so Scheitzach weiter, kämen ohnehin zum Wochenende erst am Nachmittag. Und auch Doris Gollee vom Hutgeschäft Schätz äußerte sich in den Kommentaren zum ersten Artikel. Dort gibt sie allerdings zu bedenken, „dass eine Umsetzung der längeren Öffnungszeiten vor allem in einem Fachgeschäft mit guter Beratungsqualität gar nicht so leicht und nur über die zusätzliche Beschäftigung von 400-Euro-Jobbern zu bewerkstelligen“ sei.

Der Betreiber der Hof Apotheke Andreas Obermüller bringt auf Nachfrage zudem noch einen weiteren Aspekt vor: „In jeder Branche gibt es unterschiedliche sinnvolle Öffnungszeiten, eine Wäscherei, eine Apotheke, ein Auktionshaus oder ein Hutgeschäft machen zu ganz unterschiedlichen Zeiten ihre Umsätze.“ Nichtsdestotrotz waren sich alle Befragten einig, dass es bei aller Individualität im Großen und Ganzen einheitliche Geschäftszeiten in Tegernsee geben müsse, da der Kunde ansonsten nicht weiß, ob er vor verschlossener Tür steht oder nicht.

Zu wenig Unterstützung von der Stadt?

Einige der befragten Ladenbetreiber wünschen sich aber auch mehr Unterstützung von der Stadt. So sei vor allem das Parkgebührensystem zu unflexibel, und die zu kurze kostenfreie Parkdauer halte potenzielle Kunden vom Einkaufen in Tegernsee ab. Da müsse es vonseiten der Stadt Anpassungen geben, so die Meinung diverser Geschäftsinhaber.

Und Walter Ginhardt, Betreiber des Auktionshauses am Steinmetzplatz, ärgert sich ein wenig über die mangelnde Beachtung, die dem Geschäftsleben vonseiten der Stadt zuteil wird.

„Als ich meinen Laden in Tegernsee eröffnet habe, hat es kein Vertreter der Stadt für nötig befunden, bei der Eröffnung zu erscheinen. Niemand von ihnen hat etwas hören lassen. Das war damals in Raubling ganz anders“, so Ginhart im Gespräch.

Walter Ginhart betreibt das Auktionshaus am Steinmetzplatz

Bürgermeister Peter Janssen wollte sich auf Nachfrage zu den genannten Punkten nicht äußern und betonte, dass man zunächst einmal mit den Geschäftsleuten über die Ergebnisse des CIMA-Gutachtens sprechen wolle.

Stadtrat Andreas Obermüller von den Freien Wählern begrüßte das Gutachten der CIMA, stellte jedoch klar, dass es nun darauf ankomme, was die Stadt und die Geschäftsbetreiber daraus machen.

Tegernsee hat in seinen Leitsätzen von 2004 bereits festgestellt, dass der Trend zur Schlafstadt beendet wurde. Die Prognose der CIMA spricht da leider einer andere Sprache.

Sowohl der Stadt als auch den Betreibern der Läden ist allerdings klar, dass Anstrengungen von beiden Seiten nötig sind, um das Geschäfsklima in Tegernsee in Schwung zu bringen und den Straßen wieder neues Leben einzuhauchen.

Ein Gutachten, neue Initiativen und vor allem die vielen Ideen sind dabei ein erster wichtiger Schritt. Inwieweit man sich dabei an den Vorschlägen der CIMA orientiert, ist möglicherweise gar nicht so entscheidend. Wichtiger ist, dass die Notwendigkeit neuer Ideen erkannt wurde.

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