Hartl: „Einer zieht immer die A-Karte“

Verkehrsplaner Helmuth Ammerl lüftete gestern die Ergebnisse seiner Verkehrsanalyse für Waakirchen, um Licht ins Dunkel der Frage ,Tunnel oder Umgehungstrasse‘ zu bringen. Bürgermeister Sepp Hartl hatte diesbezüglich „Überraschungen“ versprochen – und tatsächlich gibt es ein überraschendes Fazit.

Gestern Abend wurde die Verkehrsanalyse für Waakirchen endlich präsentiert / Quelle: Tina Hansch

Um die Verkehrsentlastung in Waakirchen durch verschiedene Umgehungsvarianten annähernd prognostizieren zu können, musste als Grundlage für die Berechnungen die aktuelle Verkehrsdichte gemessen werden. Dies erfolgte durch das Planungsbüro Obermeyer an sieben aufeinanderfolgenden Werktagen, jeweils 24 Stunden lang. Per Knotenpunkts- und Querschnittszählung mit Seitenradar und Videokameras wurde festgestellt, dass in Waakirchen der Freitag durch Verkehr am höchsten belastet ist. Er diente fortan als repräsentativer Werktag für die Verkehrsanalyse.

Insgesamt 42.700 Kraftfahrzeuge wälzen sich an solch einem Tag durch Waakirchen und Hauserdörfl. Davon sind 65% reiner Durchgangsverkehr (27.800 Fahrzeuge). Diplom-Ingenieur Ammerl wies darauf hin, dass dies im Vergleich zu anderen Ortschaften ein sehr hoher Wert sei. Allein Hauserdörfl muss einen Durchgangsverkehr von 50% am Gesamtaufkommen stemmen – ebenfalls laut Ammerl überdurchschnittlich viel.

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Doch das war nur der Auftakt, um dann anhand dieser Daten das errechnete Verkehrsaufkommen für die neun verschiedenen Umgehungsvarianten zu prognostizieren. Wobei Ammerl den Fokus auf die Südumgehung, den Tunnel und eine Tunnelkombination legte. Schon die Variante 1, die Südumfahrung mit Anschluss an die Staatsstrasse 2365 (Hauserdörfl), zeigt, dass die Dorfmitte erheblich entlastet wird, jedoch der Bereich ab Edeka Richtung Gmund nochmals zusätzlich belastet wird. Zirka 15.500 Fahrzeuge würden dann die Südumfahrung tatsächlich nutzen.

Die Südumfahrung besitzt eine hohe Attraktivität, wodurch eine allgemeine Verkehrszunahme entsteht – nur die Ortsmitte Waakirchen würde entlastet werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sämtliche Varianten, egal ob Tunnel oder Umgehungsstrassen, eine Zusatzbelastung für Hauserdörfl und/oder die Straße MB6 (Eybel) bewirken. Ammerl hatte jedoch noch einige Vorschläge parat. Zum einen die Südumfahrung, jedoch nicht oberirdisch, sondern in einer Kombination aus Tunnel, Trog (Tunnel ohne Decke) und wieder Tunnel, und Brücken über den bereits bestehenden Wegen.

Dies wäre eine geländeschonende Variante, mit geringerem Lärmpegel als bei einer rein oberirdischen Version. Kostenpunkt: 80 bis 85 Millionen Euro. Damit aber alle etwas davon haben, also komplette Verkehrsentlastung für Gesamt-Waakirchen, müsste von Gmund kommend vor Hauserdörfl eine Spange gebaut werden, die nach Norden zur B472 führt. “Alle neun Varianten haben den Nachteil, dass nur einzelne Ortsteile entlastet werden, aber nicht Gesamt-Waakirchen – das wird immer zu kontroversen Diskussionen führen.”

Die Waakirchner waren zahlreich in der Turnhalle erschienen / Quelle: Tina Hansch

Deshalb Ammerls Empfehlung: Eine komplette Entlastung des Gemeindegebietes Waakirchen kann nur durch die Kombinationsvariante der Südumfahrung zusammen MIT einer Spange vor Hauserdörfl erfolgen. Oder, sein abschliessendes Fazit:

Das „Nullfall“-Szenario – gar nichts machen

Denn: Falls die Südumfahrung in Holzkirchen verwirklicht wird, haben Berechnungen ergeben, dass dies Verkehr aus Waakirchen abziehen wird. Und dann könne man immer noch einfache, verkehrsoptimierende Lösungen in Waakirchen anstreben und ansonsten alles beim Alten belassen. Und das ist vielleicht nicht die schlechteste Idee, denn jeder Ausbau generiert noch mehr Verkehr, der letztendlich das gesamte Tegernseer Tal belastet.

Helmuth Ammerl und Hartl beantworten Fragen des Publikums / Quelle: Tina Hansch

In der anschließenden Fragerunde konnten sich die Bürger äußern. Es gab Fragen zur Lärmbelastung durch eine Südumgehung, die Problematik der sogenannten Ausgleichsflächen wurde angesprochen, außerdem wurde festgehalten, dass die betroffenen Grundbesitzer nichts von ihrem Grund für die Umgehungen abgeben werden.

Lars Hülsmann, Sprecher der Bürgerbewegung „Entlastung für die B472“, machte erneut auf das Landschaftsschutzgebiet in Waakirchens Süden aufmerksam, das beim Bau einer Südumgehung unwiderruflich zerstört würde, unabhängig von dem technischen Problem, in teilweise einem Moorgebiet zu bauen. Er stellte klar, dass das Straßenbauamt bzw. deren Verantwortliche kein Interesse am Wohlergehen der Bürger und ihrer Lebenssituation haben, sondern lediglich am optimalen Verkehrsfluss und gut ausgelasteten Straßen.

3.500 Waakirchner haben bereits per Unterschrift für den Tunnel abgestimmt

Wie Hülsmann sprach sich auch Balthasar Brandhofer (ABV) mit Bezug auf die vielen Unterschriften für die Tunnelvariante aus. Norbert Kerkel (FWG) warf hingegen noch einmal die sogenannte „Hagleitner“-Variante in den Raum, eine kurze Tunnellösung am westlichen Ortseingang von Waakirchen. Tatsache ist, dass eine Entscheidungsfindung sehr schwierig wird. Rathauschef Hartl stellte fest:

Egal welche Variante favorisiert wird, letzten Endes findet nur eine Verlagerung des Verkehrs von A nach B statt – einer zieht immer die A.-Karte, in dem Fall Hauserdörfl.

Er plädiert für eine Großlösung, also ein landkreisweites Verkehrskonzept, auch bezüglich des Schwerlastverkehrs, der seiner Meinung nach reduziert werden musste. Die wichtigste Frage war: Wie geht es weiter? Noch in diesem Monat wird der Gemeinderat während einer Klausurtagung die Analyseergebnisse überarbeiten und einen Fragenkatalog für die Bürger erstellen. Die Waakirchner sollen mehrere Wahloptionen bekommen. Anhand dieser Ergebnisse wird dann im Januar 2020 vom Gemeinderat eine Entscheidung gefällt, welche Lösung umgesetzt werden soll.

Die Ergebnisse der hier besprochenen Verkehrsanalyse werden für interessierte Bürger und Bürgerinnen auf die Homepage der Gemeinde Waakirchen gestellt.

Die beste Lösung laut Verkehrsplaner: Kombinationsvariante Südumfahrung mit Spange vor Hauserdörfl / Quelle: Tina Hansch

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